Die Favoriten von tigujo

Er klagt sein liebes langes Leben darüber, was er nicht erreicht. Doch weil das Heut' im Gestern gründet und er nur Zeit zum Klagen findet, bleibt auch sein Morgen klagenreich.

Als Kurzgedicht bleibt dieses schlicht, und schließt auf "-icht" für den Verzicht.

Man hat hier des Abends schon Wölfe gehört, genau weiß man nicht, sind es drei, die schleichen im Wald wild und frei herum und jetzt ist unser Frieden gestört. Man munkelt, es waren auch Fremde im Land, sie strömen klammheimlich herbei, man...

Ein Krug aus Ton, gefüllt mit jener Schwere, an der, wer nippte, stets zu Boden ging, halb Angst, halb Mensch (das nennt man wohl Schimäre), ein Fabeltier an einem Nasenring, ein Krebsgetüm, im Innern rote Leere, bin ich geworden, krudes...

Wir lachten und tranken den Morgen so grün, die Zehen im Moos und den Kopf wolkennah, im oberen Blau sah man Zugvögel ziehn, die schienen beinahe nicht wahr. Da dachten wir Sachen, die waren so klar, die machten für uns so viel Sinn, die waren...

Ex nihilo nihil fit, so sprach schon der gebildete Römer, der seinen Aristoteles kannte. Dass aus dem Nichts nichts entstehen kann, beruht auf einer streng physikalischen Betrachtung. Aus strukturierter Materie sind wir Menschen und alles...

Est scelus immensum, si dives fallit egentem (aus dem Mittelalter; Quelle unbekannt). Es ist ein gewaltiges Verbrechen, wenn der Reiche den Armen täuscht. Was im Mittelalter angeprangert wurde, genau das geschah in der weltweiten Finanzkrise...

Der Kurt ist fort. Er ist davongelaufen. Jetzt kann die Mutter keifen, Vater saufen, sein Bruder kann mit sich alleine raufen, den Kurt stört’s nicht. Er ist davongelaufen. Er läuft davon. Die Straße zieht sich Ewigkeiten. Der blöde Richard...

Ungern halten sie mit ihrer Meinung hinterm Berg. Parken lieber auf Gemeinplätzen, wo viel Blech zusammenkommt.

Du siehst mich durch den Boden deiner Flasche. Der Alltag brennt sich Bahn in deinem Hals. In müden Augen glimmt ein „Weißt du, falls…“, dabei steckt deine Hand in deiner Tasche. Am Grund bist du und niemals angekommen. Du ahnst...

Qui autem civium rationem dicunt habendam, externorum negant, ii dirimunt communem humani generis societatem (Cicero, 106 bis 43 v. Chr.; De officiis). Wer aber behauptet, man müsse nur auf die (Mit-)bürger Rücksicht nehmen, und...

Quinta essentia (Macrobius [Ambrosius Theodosius], ~388 n. Chr. bis ~435 n. Chr.; Commentarium in Somnium Scipionis). Das fünfte Sein. Oder: Die fünfte Wesenheit. Ob siebter Sinn oder fünftes Sein: Sehr undurchsichtig, beides....

Sie denkt im Grund gering von sich, kreist stets um eine innre Leere. Und wünscht sich einzig nur dass der, dem sie an Wert verleiht, sie ehre.

die weiße wand trank meine welt jetzt ist sie mir verloren in meinem blick nur blankes feld entleibt und neugeboren mir fehlt das alte wohlbekannte das gestern das ich um mich webte die strecke die ich letztlich rannte das oft beweinte...

Sacht wiegt sich in kohlschwarzen Bäumen das Jahr, statt Muttermilch dräut nur der Wind, und nichts ist mehr so, wie es gestern noch war; wir werden nie die, die wir sind. Mein Himmel speit Schnee und der schmilzt in der Hand,...

Scribimus indocti doctique poemata passim (Horaz, 65 v. Chr. bis 8 v. Chr.; Epistulae). Wir schreiben, Gebildete wie Ungebildete (oder: Berufene wie Unberufene), gleichermaßen Gedichte. Horaz sieht dabei Schreib- und Malkunst als ein...

Kannst Du Dir vorstellen,... ... Texte zu lesen, ohne darin Anspielungen auf Dich zu suchen? ... einen Text zu schreiben, ohne beim letzten Buchstaben zu denken "Jetzt hab ich's denen da aber wieder mal gegeben!" ... einen Tag zu...

Die Nadel im Heuhaufen ist einsame Spitze.

Wir wissen längst, dass Zipfelmützen das Haupt und nicht den Zipfel schützen. Und schützen Heckenschützen Hecken? Der Rundfunk tönt in allen Ecken. Ein Regenschirm ist nie aus Regen, die Nervensäge will nicht...

Vigilat iustitiae oculus sempiternus (keine Fundstelle; vermutlich Mittelalter). Das immerwährende Auge des Gesetzes wacht. Diese uralte Floskel ist immer noch im Schwange, verleiht der irdischen Justiz etwas Überirdisches,...

Mancher ließ die Kirche nicht im Dorf, weil er über den eigenen Kirchturm nicht hinausschauen konnte.

Eines Abends schaltete er wiedermal den Fernseher aus, nur um dann in seine biedere Küche zu gehen. Auf dem Esstisch stand sein alter Bierkrug. Er setzte sich hin, und schüttete sich eine Flasche Bier ein, bis das der Krug randvoll...

Jetzt ist es warm. Der Winter ging vorbei, wie jedes Jahr. Du hörst die Vogelschar und frierst nicht mehr und bleibst doch seltsam starr. Ein Spatzenzank, ein weher Taubenschrei, vielleicht bricht ein Geschirrstück dir entzwei, dann...

Urzig gnurzen unsichtbare Unken aus der Ufernähe. Milde nicken wilde Wicken wegentlang und ich erspähe einen kecken Eichelhäher und er mich. Er keckert schuftig. In den blauen Prachtlupinen sitzen summend dicke Bienen. Laue,...

Aus Sucht und Leiden ist dein Werk entsprungen. Sibirien konnte deine Kraft nicht rauben, gestützt auf deinen unbeirrten Glauben, ist „Schuld und Sühne“ grandios gelungen. Ein Panorama großer Charaktere und Weltensichten in der Zarenzeit,...

Protinus ad censum, de moribus ultima fit quaestio (Juvenal, ~60 n. Chr. bis ~135 n. Chr.; Saturae). Zu Anfang wird man die Frage nach seinem Vermögen stellen, zuletzt erst nach seiner Moral. Ein uralter Gedanke. Ähnlich auch schon bei...

Du warst ein genialer Tausendsassa, Romantik-Nacht belebt die Fantasie mit Dichtung, Bildern, Tönen wie noch nie. Du machtest dennoch niemals richtig Kassa. Beim Trunk in Weinlokalen ganz allein entfesselst du Dämonen aus den Wänden, und die...

ich weiß nicht was noch in den händen lies was bleibt mir im rücken lies von einem plan es pfeift steht da zieht weiter bis nach innen sagt endlich sagt abfahrt der prellbock rostet in rot am bahnsteig dampft atem dazwischen mein...

Der Sommerflieder zieht sich von den Gleisen bis zu den gelben Häuserreihen hin. Am Bahnsteig musste morgens einer speien, fürs Taubenvolk ein wahrer Hauptgewinn. Der Bolzplatz vor der Hausfront ist ein Marsfeld, acht Schmuddeljungen...

Es schien, als wollt mich irgendwer bestrafen. Die Lichter gingen aus, ich kam zur Ruh, sehr müde war ich, wollte endlich schlafen, doch da - ein Schrei! Dann wieder. Immerzu. Beim ersten Ton, stand ich verwirrt im Bette, obwohl ich eben noch so...

Timeo lectorem unius libri (Quelle: Augustinus). Ich fürchte den Leser eines einzigen Buches. Welcher Sinngehalt? Die Sentenz strahlt einen Reiz aus, vor allem weil sie unterschiedliche Interpretationen zulässt. Im Internet wurden schon...

Ein Strahlen geht durch Häuserreihen, löst kurz das Grau aus Mittwochsfarben. Am Bordstein weiden blaue Raben, der eine schien was auszuspeien. Ein Strahlen flitzt durch Häuserreihen. Ums erste Frühstück balgen sich zwei...

Sie machten manchmal Worte, doch hörte man sie nicht - nur das Pianoforte. Im trüben Rampenlicht bekam dann ein Konsorte schlawinerhaft und schlicht die fette Sahnetorte mit Volldampf ins Gesicht.

Das reine Licht fällt aus den Fenstern, die leicht geöffnet Sommer singen, anbei: zwei Häuflein Nachbarn, die, versiert in beinah allen Dingen, vorm Haus einTuschelständchen bringen und in die gelben Räume staunen. Ein...

Im Dunkel seiner Kleidung streckt sich weiß und achtsam dieser immerwache Greif, ganz Blut und Hatz, sein Puls schlägt rasch und heiß, wann immer er das Jagdrevier durchstreift. Die Sinne sind geschärft und sein Instinkt ist...

Ganz still lag sie für viele Stunden. Er quälte sie mit harten Hieben. Die Hände waren ihr gebunden. Ihr Körper schmerzte so zerschunden. Nachher hat er ihn eingerieben. Ganz still lag sie für viele Stunden. Am liebsten...

Quid novi ex Africa? So fragte einstmals Aristoteles, natürlich in seiner Muttersprache. Was gibt es Neues aus Afrika? Tatsächlich fragte er: Was gibt es Neues aus Libyen - als pars pro toto. Antwort: Libyen bringt immer etwas Neues....

Opernende. Die Neun bitte. In der Manteltasche der Schlüssel. Der Porsche bringt ihn fort, bevor man merkt, dass er die Sechs abgegeben hat.

Die Schatten der Erinnerung wogen Steinen, die der stete Strom wusch und rundete. Nun, da du zurückkehrtest, um mir aus ihnen ein Haus zu bauen, haben sie die Wellen fortgespült.

Er würde gern was hinterlassen, wenn er aus diesem Dasein tritt. Etwas, das ihn mal überdauert. Er hinterlässt, woran er litt.

Der Eindruck, den er hinterließ, war flüchtig und verschwand im Nu. Er hatte nur auf Sand gebaut und machte noch viel Wind dazu.

Noch eben war der Himmel blau, doch dann, verflixt und zugenäht, hat sich ein Nordwind wüst und rau, rasant und stürmisch aufgebläht, und Wolken mitgebracht, so grau, dass jedermann im Regen steht. „Das Wetter ist wie eine...

Omnium rerum homo mensura est. So lautet die lateinische Fassung der Ãœberschrift. Im Original (altgr.): Ἄνθρωπος, μέτρον άπάντων; nach...

thalidomid ich gehe durch das grüne thal mit hände auf dem rücken mama nahm es nur das eine mal sie wollt nur kurz entrücken ich gehe durch das grüne thal mit hände auf dem rücken arme die sind viel zu klein...

Quid est miserius, cui beneficia excidunt, haerent iniuriae (Seneca, um die Zeitenwende bis 65 n. Chr.; Epistulae morales). Was ist elendiger als ein Mensch, dem Wohltaten (in der Erinnerung) entfallen und Ungerechtigkeiten (im Gedächtnis)...

mit dem regen kam das dunkle es überfiel den steinernen wall das einsame herz am tisch es schrieb dämme brachen die wangen glühten verblühten im nass asche ist anders

Er schwindet hin, von Tag zu Tag; rapide nimmt er ab. Das Leuchten, das sonst um ihn lag, erlischt zu fahlem Hautausschlag und Ahnung um sein dunkles Grab: Er schwindet hin, von Tag zu Tag. Ich lege ihn in mein Gedicht; ins Blaue geht sein Blick....

War Aktivist der allerersten Stunde, Als Adolf Hitler ihn ins Elend zwang. Las wenig Theorie von Marx´schem Rang. Tabus? Nuja, sie machten stets die Runde. Er konnte sächsisch leicht im Wind sich biegen, Roch jederzeit Gefahren dieses...

für die einen bleibt die welt beschränkt, weil sie nur mit den augen wahrnehmen; für die anderen bleibt die welt beschränkt, weil sie nur mit den augen wahrgenommen werden !

Honores mutant mores (Zenobius von Florenz, 337 n. Chr. bis ~415 n. Chr.). Ruhm und Ehre verändern die Sitten. Oder: Ämter verändern den Charakter. Vielleicht ahnt der Leser, warum dieser berühmte erste Bischof von Florenz bis...