Film & Fußball

Eine cineastische Mannschafts-Kolumne


Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"

Mittwoch, 19. April 2023, 07:27
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Alice in den Städten - Untertagekino

von  Dieter_Rotmund


Bevor ich zu Alice in den Städten komme, muss ich erst etwas anderes loswerden, nämlich von meinem ersten Untertage-Kinoerlebnis erzählen!
Ostern 2023. Ein paar Tage weg vom Alltagstrott hatte ich auf der schwäbischen Alb mit meiner Liebsten zusammen nichts ahnend eine Führung in einem Bergwerk gebucht. Als wir dann mit Helm und Bähnchen  "eingefahren" waren, konnte ich zu meiner großen Überraschung feststellen, dass dort, tief im Berg es eine große Projektionsleinwand und Stuhlreihen davor gab! 
Nun gut, wir sahen dort nur zwei kürzere Info-Filmchen, aber in Gedanken schwelgte ich schon im Untertage-Kinoglück und wähnte grandiose Spielfilme auf dieser Leinwand. Was man dort wohl spielen könnte? Bitte nicht den kitschigen Fernseh-Zweiteiler das Wunder von Lengende von 2002, eher den Untage-Begriff metaphorisch auffassen und vielleicht Lost Highway (1997), oder zeigen.
Glück auf!

In einer meiner Lieblingskino wurde Alice in den Städten (D 1974) gezeigt, ein Film, der immer wieder als Referenz genannt, aber leider kaum in den Kino gezeigt wird. Also nichts wie hin und Karten gelöst, die ins Kinoglück führen!

Alice in den Städten (D 1974) ist eigentlich ein Abgesang auf die amerikanische Alltagskultur. Philipp Winter (Rüdiger Vogler, der  kürzlich einen 90-Jährigen im Ludwigshafener Tatort spielte) ist von seinem Trip entlang der US-amerikanischen Ostküste so enttäuscht, dass er halbdepressiv nach New York zurückkehrt, um von dort aus zurück in die Heimat nach Deutschland zu fliegen.

Alice in den Städten wird vielerorts als Road Movie beschrieben, aber ist er das wirklich? Die Protagonisten begeben sich eher widerwillig ins Auto, es ist nur Mittel zum Zweck. Sie fühlen sich nicht frei in diesen Fahrzeugen, denn dort wird ihnen ihr Ziellosigkeit bewusst - tatsächlich und im Kopf. Sie suchen Geborgenheit, aber im Auto finden sie diese nicht.
Viel entspannter hingegen sind die Figuren des Films als Passagiere im Flugzeug und in der Eisenbahn. Das ist für ihr Begriff von Freiheit: Etwas führt mich zu einen klar definierter Ort und ich habe den Kopf frei für die wesentlichen Dinge.

Hat hier jemand an Ostern den Tatort-Zweiteiler gesehen?
Nächstes Mal berichte ich hier von einem Filmfestival mit Filmen aus der unabhängigen Filmszene.


 Alice: Fliegst Du gerne?
 Philip 'Phil' Winter: Nein.
 Alice: Ich mag das Essen. Es ist so schön verpackt.

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Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag


 FrankReich (20.04.23, 09:13)
Was soll "Alice in den Städten" sonst sein, wenn kein Road-Movie? Auch Wim Wenders selbst bezeichnet den Film als solches.

Ciao, Frank

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 20.04.23 um 15:27:
Ich schätze die Meinung von Herrn Wenders, aber er besitzt nicht die alleinige Deutungshoheit über seine Werke.

Wie ist deine Meinung zu Alice in den Städten? Welcher Gesichtspunkt ist dir am wichtigsten?

Antwort geändert am 20.04.2023 um 15:34 Uhr

 FrankReich antwortete darauf am 20.04.23 um 16:02:
Für mich erfüllt der Film die Anforderungen deshalb, weil Roadtrips keine Metaphern für Geborgenheit, Freiheit, Selbstfindung, etc. darstellen, sondern für die Suche danach, insofern ist die Kategorisierung auch der anderen beiden Filme der Trilogie durch ihren Regisseur vollkommen korrekt.

Ciao, Frank

 Dieter_Rotmund schrieb daraufhin am 21.04.23 um 12:22:
Nun ja, Genrebegriffe soll man meines Erachtens nicht überbewerten, aber dein Einwand ist berechtigt.
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