Das andere Berlin

Gedicht zum Thema Denken und Fühlen

von  Fuchsiberlin

Diese Stadt bescherte mir,
so wie vielen anderen, ein Kindheitstrauma.

An vielen Plätzen in dieser Stadt
lebt noch heute die Hölle.

Sinngemäßer Ratschlag eines Psychologen
vor langer Zeit, und dies direkt an meine Wenigkeit:

"Verlassen sie diese Stadt,
ziehen sie um, in eine andere Stadt."

Ein Rat, der auch seelisch erschlägt,
dies ist doch mein Geburtsort,
und dennoch wars auch meine Hölle.

Steine, die zu Mahnmalen wurden,
Menschen die zu Monstern mutierten,
meine Sehnsucht, die missbraucht wurde,
in dieser Stadt namens Berlin.

Arme Kinder,
verlassene und vernachlässigte Kinder,
finden in dieser Stadt oftmals mehr das Elend
als den Sonnenschein.

"Arm aber sexy",
ein Ausspruch des Bürgermeisters
dieser bundesdeutschen Hauptstadt.
Was weiß er um
das Kinder- und Erwachsenenleid in dieser Stadt?

Die Stadt lebt mit einem überproportionalen
hohen Anteil an älteren Mitbürgern,
doch wer hört ihnen wirklich zu?
Dabei haben sie doch so viel zu erzählen.

Zahnlos versucht die Stadt
die Geburt des Fortschritts einzuleiten,
und in der Arche erhalten Kinder aus armen Familien
eine warme Mahlzeit und eine Freizeitbetreuung.

Für Touristen wird die Stadt in eine Maske gepackt,
schöner als schön, lebendiger als lebendig,
und das Elend wird von den Marketingexperten wegretouschiert.

Was hält mich an dieser
gefräßigen und anonymen Stadt?

Der alte Bär, das Wahrzeichen dieser Stadt,
ist müde und lahm
doch die Elite lacht und feiert,
während vor den Konsumpalästen
die Armut bettelt.

Der Bär wird gestützt und neu aufpoliert,
Eisbär "Knut" lässt grüßen,
und nebenan sterben Menschen.

Diese Stadt bräuchte ein Antibiotika,
denn der Virus der Armut vermehrt sich,
und die Regierenden und ihre Marketingexperten
reden vom gesunden Berliner Flair.

Das Panoptikum zeigt die High-Society
und das Nebenan,
und die Leblosigkeit tanzt
auf dem roten Teppich der Promiwelt.

Neben diesem
Teppich des "Ich-bin-wer" schreien unsichtbare Kinder,
doch die Kamera schwenkt zur Glitzerwelt.

Euroreichtum und Leid sind hier die Nachbarn,
Haß und Liebe pflegen ihre Gärten,
Neid und Selbstbeweihräucherung
trinken an der Berlin-Bar.

Zwischen Wahrheit, Lüge und Betrug
zwingen die Marketingexperten der Stadt
die Einsamkeit des Elends
in die Unterwelt des Abwassers.

Was hält mich noch in dieser Stadt...?

Wenn ich eines Tages diese Stadt verlasse,
so wäre dies kein Umzug in eine andere Stadt,
sondern es würde einen Wegzug von Berlin bedeuten...

Jörg

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Kommentare zu diesem Text

Dolphilia (48)
(24.08.10)
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 24.08.10:
Nöö, liebe Dolphi, um den rein medizinischen Aspekt gings mir nicht.

Aaah, eine sehr gute Idee von Dir, und ich werde den Text dementsprechend umstrukturieren.

Ganz liebe Dankesgrüße
Jörg
SigrunAl-Badri (50)
(24.08.10)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Fuchsiberlin antwortete darauf am 24.08.10:
Liebe Sigrun,

dies ist eine mehr als berechtigte Frage.

Dennoch denke ich, macht auf Dauer gesehen, für mich persönlich, ein Wegzug Sinn.

Ganz liebe Dankesgrüße
Jörg
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