Der unsichtbare Abschiedsbrief

Bild zum Thema Abschied

von  Fuchsiberlin

In einer Sommerwelt schreibt sie auf dem nachtkühlen Sandstrand einen Brief. Ein Abschied von Worten.

Das Herz pumpt anstatt Punkten, Steine an jedes Satzende. Die Traurigkeit gräbt sich zwischen den Zeilen ein. Eine Grube, tief genug, um den inneren Schrei nicht nach außen gelangen zu lassen. Antworten aus Eisen trägt der Schmerz gegen den Sturm der Fragezeichen zum Meer hinaus. Ihre Augen suchen einen Absatz, und setzen verzweifelt ein Plus-Minus-Zeichen. Schweren Worten droht der Untergang im leichten Sand. Offen zeigen sich Worte mit Sonnenbrand. Die Haut der Gedanken löst sich. Rote brennende Buchstaben suchen den Schatten.

Ein Handtuch als Orientierungshilfe der Ruhe liegt zerfetzt auf dem Sand. Eine Leerzeile leitet in der Phase des schweigenden Denkens das Rätsel der Buchstaben ein. Das Prozentzeichen definiert einen Entschluss. Rechtschreibfehler zeugen von Müdigkeit. Eine Fehlkonstruktion in der Grammatik vertreibt den Sinn.

Hinter dem Felsen sucht die Sonne den Beginn. Während der Strand auf das Ende wartet. Sandkörner voller Buchstaben blicken auf den nahenden Sturm.

Gefräßige Meereswellen verschlingen ihren Brief. Auf dem Felsen winkt die nun mehr Schweigende.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text

chichi† (80)
(05.03.14)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Fuchsiberlin meinte dazu am 06.03.14:
Hallio Gerda, die Schaurigkeit ist gewollt, denn es handelt sich um einen schaurigen und einsamen Abschied.

Ich danke Dir (auch für Dein Kompliment, über das ich mich sehr freue!).

LG
Jörg

 EkkehartMittelberg (06.03.14)
Du hast eine beeindruckende vom Sandstrand ausgelöste Metaphernkette gefädelt, Jörg.
LG
Ekki

 Fuchsiberlin antwortete darauf am 07.03.14:
Die Idee entstand durch zwei Sätze, die mir durch den Kopf gingen. Dann dachte ich an Strand, und schliesslich entstand dieser Text.

Ich danke Dir, Ekki.

LG
Jörg
Pocahontas (54)
(06.03.14)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Fuchsiberlin schrieb daraufhin am 07.03.14:
Liebe Sigrun,

ich danke Dir, dass Du diesen Text Dir dreimal durchgelesen hast. Ich kenne dies: Man liest einen Text zwei- bis dreimal, und kann diesen doch nicht einordnen, nicht genau interpretieren, oder es fehlen einem schlicht die Worte.

Der Text soll einen Abschied von Worten, der sich manchmal schlimmstenfalls zu einem Abschied vom Leben (Deshalb Methapher am Ende: ...nun mehr Schweigende auf dem Felsen) entwickeln kann, darstellen. Ein Abschiedsbrief, den keiner mehr lesen kann, oder liest, aber ihn nicht versteht, er somit eine gewisse Unsichtbarkeit erreicht. Eine Seele die verwirrt ist, aufgrund ihrer tiefgehenden Gefühle und Gedanken, und doch irgendwann einen Entschluß fasst: Zu Schweigen. Über eigene Emotionen und Gedanken. Entweder im Leben oder schlimmstenfalls durch den Tod. Manchmal ist ein Schweigen auch ein Schutzschild. Dieser Abschied von Worten kann auch gegenüber nur einer Person, oder vielen, oder dem gesamten Umfeld, mittels unischtbaren Abschiedsbriefs geschehen.

Liebe Grüße
Jörg
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram