Christkinder und so

Gedankengedicht zum Thema Abschied

von  Isaban

Einen Helden trug ich heut zu Grabe.
Ich gebe ihm gedankliches Geleit.
Er starb zu früh, ich war noch nicht bereit
und das, was ich verloren habe,
greift viel zu lange rückwärts in die Zeit.

Als Outlaw sah ich ihn, als weißen Ritter,
egal, obs sommert, regnet oder schneit,
zum ehrenhaften Kampfe stets bereit;
die Stimme hob er tosend, wie Gewitter.
Kulissen wankten. Jetzt tut es mir leid,

dass ich erkannte, was dahinter war.
Es ist, wie einst in frühen Kindertagen:
Man hatte kurz vor Weihnacht tausend Fragen,
nahm doch als Wunder hin, was dann geschah,
bis man die Eltern Lügen lächeln sah.

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Kommentare zu diesem Text

janna (66)
(22.10.11)
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 Isaban meinte dazu am 23.10.11:
Ja, ich weiß.

Tröstlich ist, dass man auch ohne seine Helden bestehen kann, auch wenn die Welt ein bisschen Glanz verlor. Aber das ist schließlich etwas, das wir von frühster Kindheit an lernen, nicht wahr? ;)

Herzlichen Dank, liebe Janna und
allerbeste Grüße,

Sabine

 Bergmann (22.10.11)
Der weiße Ritter - das ist Prinz Eisenherz, der in meiner Kindheit sehr wichtig war. Was das Lügen der Eltern angeht: Damals war es die entsetzlich Starrheit, mit der viele Eltern ihre Autorität behaupteten. Heute stört mich die political correctness, in deren Geist Kinder heute aufgezogen werden wie moralische Uhren.

Aber so ganz verstehe ich dein Gedicht nicht. Was für ein Held starb da? Verliert da ein junges oder schon älteres Ich endgültig seine Kindheit und findet ins Leben?

LG, Uli

 Songline antwortete darauf am 22.10.11:
Meiner Ansicht nach kommt es nicht darauf an, wie alt das Ich ist, dessen Illusion vom Held sich auflöste. Schmerzhaft und zugleich erkenntnisreich ist es in jedem Alter.

 Isaban schrieb daraufhin am 23.10.11:
Hallo Uli,

danke für deine Rückmeldung. Natürlich hat der Verlust von Helden und Idolen auch immer etwas mit dem Erwachsenwerden zu tun. Erwachsene wissen, dass ihre Lehrer nicht alles wussten und dass alle Helden auch menschliche Schwächen haben. Helden und große Vorbilder aber hat man nicht nur im Kinder- und Jugendalter, die können einen, wenn man Glück hat, ein Leben lang begleiten, enttäuscht wird man nur, wenn sie gar nicht sind, was sie zu sein vorgeben oder was man in ihnen sehen wollte. Mit dem "ins Leben finden" hat das nur bedingt zu tun; allein und selbstverantwortlich kann man auch unter tausend Helden sein.
Ob die Schuld am veränderten Blickwinkel beim Exhelden oder beim LI liegt, ist dabei völlig nebensächlich, ebenso nebensächlich ist es, ob der Held seiner Rolle bewusst war oder nicht, noch nebensächlicher, wie alt man dabei ist: Fakt ist, dass es wehtut, wenn man seiner Helden verlustig geht.

Liebe Grüße,

Sabine



Hallo Song,
ich stimme dir ohne Einschränkung zu.
Hab vielen Dank für deine Rückmeldung.

Liebe Grüße,

Sabine
holzköpfchen. (30)
(22.10.11)
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 Isaban äußerte darauf am 23.10.11:
Hallo Holzköpfchen,

den einsamen Trochäus hast du wundervoll erklärt, besser hätte ich es auf keinen Fall hingekriegt. Beim Rückwärtsgriff in die Geschichte sieht es ähnlich aus. Freut mich immer wieder, wenn meine Stilmittel so ankommen, wie ich gehofft hatte. :)
Zu deinem PS: Warum sollte es auch gegen den Helden gehen, es geht hier nicht um Abrechnung und Schuldzuweisung oder eine dramatische Abschiedsszene; es ist ja kein Dialog, sondern eine eher stille, gedankliche Verabschiedung von einer liebgewordenen Sichtweise, die verloren ging. Ganz gleich, welches Alter man dem LI unterstellt, es ist immer wertvoll, wenn man noch Helden hat, zu denen man aufblicken kann. Aufrechte Helden, an denen man sich ein Beispiel nehmen und mit denen man sich mitivieren kann.
So ganz legt man die Suche nach den heldenhaften Figuren wohl nie ab, sonst hätten sich Film- und Comic-Industrie nicht so lange gehalten. Schmerzhaft wirds immer, wenn der Held von nebenan den Glanz verlor und einfach nur noch wie Herr Kawuppke aussieht, oder wie Kollege Schulte-Kaiser aus der Buchhaltung, dessen Hinterhaupt sich langsam, aber sicher lichtet.

Freut mich sehr, dass du dich so intensiv mit dem Text auseinandersetzen mochtest. Ich danke dir für deine Rückmeldung.

Liebe Grüße,

Sabine

 AZU20 (22.10.11)
Es ist immer schmerzlich, wenn man Helden begraben muss, auch wenn sie das vielleicht njur in der eigenen Biografie oder in der des LyrIch waren. Ichz denke mal, die Eltern früher meinten es zumindest in diesem Punkte gut und wollten die kindliche Welt nicht zu früh zerstören. LG

 Isaban ergänzte dazu am 23.10.11:
Vielleicht tun sie ja genau das, mit dieser (vielleicht) ersten, wohlmeinenden (aber auf jeden Fall sehr leicht aufdeckbaren) Täuschung, lieber Armin. Wer einmal lügt ...

Hab vielen Dank für deine Rückmeldung.
Liebe Grüße,

Sabine
(Antwort korrigiert am 23.10.2011)
KoKa (43)
(22.10.11)
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 Isaban meinte dazu am 23.10.11:
Ist doch eine gute Interpretation, KoKa, was soll ich da verzeihen?
Freut mich, dass du dich mit dem Text beschäftigen mochtest.
Hab vielen Dank für deine Rückmeldung.

Liebe Grüße,

Sabine

 Irma (22.10.11)
Auch als ich schon längst wusste, wer der Weihnachtsmann ist, habe ich dieses Spielchen noch liebend gern mitgespielt. Und nie habe ich mich mehr über mich geärgert als an jenem Weihnachtsfest, wo ich (nachdem ich tags zuvor bereits alle Weihnachtsgeschenke im Kleiderschrank meiner Eltern ausgespäht hatte) ziemlich entäuscht auf all die tollen Sachen blickte, weil sie nichts Überraschendes mehr an sich hatten.

Wir lieben das Verwundert- und Verzaubert-Sein in unserem Leben. Nichts ist desillusionierender als ein Zauberer, der hinterher alle seine Kunststückchen erklärt. Und die moderne Wissenschaft, die alles bis ins kleinste Detail erklären kann, ist faszinierend und ernüchternd zugleich.

Natürlich lässt sich die Zeugung biologisch erklären. Und dennoch ist die Entstehung von Leben für mich immer wieder ein Wunder. Wenn es uns trotz allen Wissens gelingt, etwas von der kindlichen Naivität, von dem Glauben an Wunder, in unserem Leben zu erhalten, dann ist das in meinen Augen etwas ganz Wunderbares!

Tolles Gedicht, Sabine! LG BirmchenIrmchen

 Isaban meinte dazu am 23.10.11:
Danke, Irmchen!
Und ja, man ist jedesmal um einiges ärmer, wenn sich ein Wunder in Wissen auflöst. Und leider lässt sich so ein zu scharfes Hinsehen nicht mehr rückgängig machen, man kann nicht einfach in den Schrank packen, was man weiß. Die Frucht des verbotenen Baumes - ein kleiner Bissen und schon liegt alles nackt und bloß, was vorher magisch schien und wenn man schon zu oft hinter irgendwelche Kulissen geschaut hat, dann sieht man sie überall und Wasser schmeckt auf einmal nur noch nach H2O.

Liebe Grüße,

Sabine
(Antwort korrigiert am 23.10.2011)
Wortfetzen (74)
(22.10.11)
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 Isaban meinte dazu am 23.10.11:
Ist es nicht beides, Wortfetzen, lieb gemeint und doch aufgrund der bald entdeckten offensichtlichen Lüge der Grundstein zum Verlust des Urvertrauens? ;)

Freut mich sehr, dass dir das Gedicht gefällt. Hab vielen Dank für deine Rückmeldung und die Beschäftigung mit dem Text.

Liebe Grüße,

Sabine
baerin (53)
(22.10.11)
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 Isaban meinte dazu am 23.10.11:
Nicht unbedingt, Chris. Wenn jemand außerhalb der Gesetze steht, bedeutet das zwar, dass er sich nicht an bestehendes Gesetz hält, sagt aber nichts darüber aus, ob diese Gesetze wirklich Recht sprechen, oder ob sie nur der(Geld- und) Machtgier und dem Wunsch nach Machterhalt der Mächtigen oder aber der Unwissenheit des Volkes (die Erde ist eine Scheibe) entspringen. Rebellion gegen bestehende Missstände und falsch gelenkte Judikative hat eine lange Geschichte.

Liebe Grüße,
Sabine
baerin (53) meinte dazu am 23.10.11:
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 Isaban meinte dazu am 23.10.11:
Auf jeden Fall ist das auch eine sehr schöne Interpretation, liebe Chris.
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