Irgendwann wird alles besser.

Kurzgeschichte zum Thema Zuversicht

von  Judas

„Irgendwann wird alles besser.“, hat mal jemand zu mir gesagt. Ich weiß gar nicht mehr so genau, ob es meine Großmutter war, mein Mathelehrer oder ein Typ im Fernsehen. Bei genauem Nachdenken bin ich mir aber sicher, dass es nicht mein Mathelehrer war.
Irgendwann wird alles besser – das Problem bei dem Satz ist, wann ist eigentlich dieses Irgendwann? Ich habe mir den Kopf darüber zerbrochen. Es ist auf jeden Fall zeitlich gesehen weiter weg als „gleich“ oder „nachher“, aber bestimmt näher dran als „in einer Ewigkeit“.
In Mathe jedenfalls wurde ich nicht irgendwann besser, da wurde ich nur schlechter und das auch nicht irgendwann sondern ziemlich zeitnah.

Zum Glück liegt das jetzt hinter mir. Wie vieles andere auch.

Ich hab ja noch gedacht, dass recht bald alles besser wird, aber nicht so wie jetzt, sondern anders. Wenn Frau Merkel ihren Monatsgehalt von 16.000 auf 17.000 € anheben kann, muss ja irgendwas besser werden. Mal zum Vergleich, so nebenbei: ein Müllmann, der unsere Straßen sauber macht, kriegt so zwischen 1.800 und 2.200 Öcken. Aber gut, ich kann das der Merkel nicht übel nehmen. Etwas dreckig zu machen und so zu tun, als ob's sauber wäre, ist schließlich viel schwieriger, als einfach nur etwas, was jemand anders dreckig gemacht hat, sauber zu machen. Noch schwieriger ist es natürlich, Fußball zu spielen, aber fangen wir mal bei den Geldern gar nicht an. Ach und wussten Sie, dass der Papst über seinen ganzen Besitz frei verfügen kann, also er ihn auch spenden könnte? Oder... konnte. Weil ist ja jetzt auch egal. Wie vieles andere auch.

Wissen Sie, ich habe auch schon oft gedacht, dass nichts besser wird. Zumindest nicht alles. Sicher, irgendwas wird immer mal wieder besser oder wenigstens gut, aber im selben Moment wird was anderes wieder schlechter und deshalb wird niemals alles besser. Das dachte ich so auch 'ne kurze Zeit lang. Hab mich mächtig geirrt, was? Sagen Sie, hören Sie mir überhaupt noch zu? Hallo?“

Der Rabe, mit dem ich geredet hatte, flog fort.
Jetzt hocke ich hier wieder allein. Ich und der Angekaute zu meiner Füßen. Ich seufze kurz, breche mir einen Finger von seiner Hand ab und nage daran. Mein Seufzen hat sich eher nach einem gutturalem Gluckern angehört, genauso wie der ganze Mist über früher, mit dem ich den Raben vollgesabbelt habe.

Der Blick meiner milchig-glasigen Augen gleitet über die Straße. Es ist relativ still, man hört nur das monotone Stöhnen und Schlurfen der anderen Zombies. Wir sind jetzt alle Freunde, es gibt keinen Streit mehr, nicht mal ums Essen. Ich muss mir keine Sorgen mehr ums andere Geschlecht machen oder um mein Studium. Auch lohnt es sich nicht, den Kopf über andere Länder und Armut oder die Abholzung des Regendwaldes zu zerbrechen. Den Meeren und der Ozonschicht geht's mittlerweile auch wieder echt gut.

Katastrophen sind sowieso nur eine Frage der Betrachtung.

Irgendwann wurde eben wirklich alles besser.

Hinweis: Der Verfasser wünscht generell keine Kommentare von Verlo.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 RomanTikker (03.10.12)
Hey Judy! Ich finde den zweiten Teil wesentlich stärker als den ersten. Würde da noch mal mit dem Rasiermesser ansetzen (muss ja nicht gleich das von Ockham sein). Ab "der Rabe, mit dem ich ..." wird es interessant. Über Merkels Gehalt und sowas haben schon andere geredet, "alles wird besser" ist eine Plattitüde (was nicht heißt, dass sie unangebracht ist, verstehe schon, wie du sie benutzt, aber in der Kürze liegt die Würze ...) - Zombies, die mit Raben sprechen, sind Judas-exklusiv. Das so als einigermaßen konstruktiver zweiter Eindruck. Und: hast du mal an Hörtexte gedacht? In fand deine Vorträge in Rh. ziemlich gelungen. :°)
Herzlichste!
R

 Judas meinte dazu am 03.10.12:
Hey Rommy!
Ja, da hast du Recht. Ich hab sogar - der Text liegt ausgedruckt bei mir - schon was verändert, aber ich hab's hier auf kV noch nicht aktualisiert. Im Prinzip geht es ja auch irgendwie nur um den letzten Absatz, alles andere davor ist seichtes Geblubber :)
Hörtexte... hm... ich mag meine Stimme nicht. Ist keine Vorleserstimme!

 Untergänger antwortete darauf am 11.10.12:
Ich mag Rasiermesser...

aber ich weiß nicht ob es hier angebracht ist.
Das Motiv ist eben "irgendwann wird alles besser" und damit das Ende funktioniert, muss der Leser erstmal akzeptieren, dass der Satz nicht zutrifft.
Außer eben in der (für die meisten) schlimmsten aller möglichen Zukunftsvisionen.

Mag den Inhalt mehr als den Text.

mömmel,
Alfons

 Untergänger schrieb daraufhin am 11.10.12:
Ich mag Rasiermesser...

aber ich weiß nicht ob es hier angebracht ist.
Das Motiv ist eben "irgendwann wird alles besser" und damit das Ende funktioniert, muss der Leser erstmal akzeptieren, dass der Satz nicht zutrifft.
Außer eben in der (für die meisten) schlimmsten aller möglichen Zukunftsvisionen.

Mag den Inhalt mehr als den Text.

mömmel,
Alfons

 Judas äußerte darauf am 12.10.12:
Ein Hoch auf den Inhalt!
KoKa (44)
(20.11.12)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Judas ergänzte dazu am 21.11.12:
Freut mich ^^ Ja rausnehmen könnte ich sicher einiger, aber vielleicht ist dann nicht mehr genug Blablabla im Text und das Blablabla ist irgendwie auch wichtig für den ganzen Text an sich. Und die Pointe. :)
KoKa (44) meinte dazu am 21.11.12:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram