end-spannung

Gedicht zum Thema Leben

von  Tula

ich schaue dem auslaufenden Schiff hinterher
damals fuhr es noch nach Papeete oder Valparaiso
die Mannschaft bekam jeden Tag Sauerkaut, der Koch
hatte ein Holzbein und der Alte stets schlechte Laune

das Leben an Land ist aufregender, so blieb ich zurück
und fahre im Schritttempo zur Arbeit, immerhin Mittelklasse
in der Kantine bekomme ich alles, außer Sauerkraut, mein
Kollege hat ein Brett vorm Kopf und mein Chef stets schlechte Laune

ich grabe meine Füße in den Sand und suche Halt
die Kühle tut gut, ich schließe die Augen und stelle mir
einen Sturm vor. Brüllende See! Gischt peitscht mir ins Gesicht
der Kollege kotzt gegen den Wind und mein Chef geht über Bord

eine Rahe stürzt mir direkt auf die Füße, ein höllischer Schmerz!
aber ich halte tapfer das Steuerrad, bis auch der Rest der Takelage (?)
wir starren uns beide entsetzt an: ich und der blöde Kerl, der
seinen Windschutz zehn Zentimeter vor mir in den Sand bohrt …

ich bekomme schlechte Laune


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Kommentare zu diesem Text

klausKuckuck (71)
(06.07.22, 00:44)
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 Tula meinte dazu am 06.07.22 um 00:52:
Hallo Kläuschen
Ich wollte doch nur was modernes schreiben  :D

Ich verspreche dir, nächstes Wochenende kommt wieder ein Reimgedicht   8-)

Grüße durch die Nacht
Tula
klausKuckuck (71) antwortete darauf am 06.07.22 um 01:01:
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 AchterZwerg (06.07.22, 07:24)
Lieber Tula,
beim Lesen des Kuckuckkommentars bekomme ich auch gleich schlechte Laune.
Es gibt - den Göttern seis gedankt - keine Vorschriften für das Verfassen von Lyrik.
Wer einmal das Frankfurter Literaturhaus besucht hat, weiß, dass dein Gedicht absolut zeitgemäß einhertänzelt. Mit sorgfältigen Endungen und gutem Klang.

Wir leben nicht mehr im 19. Jahrhundert!

Herzlichst
der8.

 Tula schrieb daraufhin am 06.07.22 um 08:31:
Moin 8er
Keine Sorge, Debatte unter Dichterfreunden;  ich und Klaus verstehen uns wunderbar und teilen die Liebe zum Reim. 

Mit den dichterischen Träumen verhält es sich wohl ähnlich wie mit denen der Seefahrt: früher fuhren die Schiffe nach Valparaiso  8-) 

Sonnige Grüße
Tula

 FrankReich äußerte darauf am 06.07.22 um 08:38:
Liebes 8lchen,

einmal abgesehen davon, dass Du ganz schön biestig werden kannst, wenn jemand z. B. die Prosodie Deines heißgeliebten Limericks oder ihn selbst erweitert, bzw. verändert, merkt kK lediglich an, dass er sich das Gedicht in Reimen besser vorstellen könnte. Wenn Du allerdings darauf hinaus möchtest, dass der Ton unangemessen ist, gebe ich Dir recht, solange ich ihn nicht mit der Art einiger anderer kV-Kommentatoren vergleiche.
👋🙂

Ciao, Frank
klausKuckuck (71) ergänzte dazu am 06.07.22 um 10:37:
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 Quoth meinte dazu am 06.07.22 um 11:06:
Reime sind ein gutes Mittel, um auch gedanklich und sprachlich schwache Texte zu supern, reimloser Lyrik fehlt dieser Ablenkungsfaktor, sie braucht sprachliche und gedankliche Wucht. Die vermisse ich hier, der Text würde, ohne Zeilenumbrüche in Prosaform geschrieben, kaum etwas verlieren, ja, vielleicht sogar gewinnen. Meint Quoth

 AchterZwerg meinte dazu am 06.07.22 um 17:53:
Das Dogmatische liegt mir nicht so, ihr Lieben.
Solche Diskussionen sind schon tausendfach geführt worden - und, gottlob, - nicht nur hier.

Es gibt leider nur wenige, die sich in beiden "Disziplinen" gleich gut ausdrücken.
Tula ist auf dem besten Wege hierzu.

Antwort geändert am 06.07.2022 um 17:55 Uhr

 DyrkSchreiber meinte dazu am 06.07.22 um 19:39:
Wer gut schreibt, macht sich über derlei Wertungsvergleiche keine Gedanken, eben, weil er gut schreibt!
Tula ist ein famoser Autor, dem beides gelingt!

Und damit erst mal

hallo, lieber Tula!
Lange nicht gelesen :D ! Freut mich, Dich hier zu treffen! Und wen man sonst noch hier findet ... all die Namen passten nicht unter eine Lupe!

end-spannung finde ich sehr vergnüglich zu lesen!

Schöne Grüße
Dyrk

 Tula meinte dazu am 06.07.22 um 22:44:
Hallo Dyrk
Die Welt ist immer wieder klein, auch die der Foren, schon weil das über 80 Millionen starke Volk der Dichter und Denker am Ende nur wenige hat, die sich tatsächlich in die Foren wagen  :ermm:

Freude auch meinerseits, man liest sich

Dankend lieben Gruß
Tula

 Tula meinte dazu am 06.07.22 um 23:00:
Hallo in die Runde
Streiten müssen wir uns zum Thema nicht, schon weil beides (gereimt, ungereimt) natürlich seine Berechtigung hat. 
Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ein gereimtes Gedicht keine ungereimte Variante haben, und umgekehrt. Am Anfang steht eine inhaltliche Idee, dann kommt die Frage der grundsätzlichen Kriterien der Gestaltung, und folgerichtig die Entscheidung: gereimt oder ungereimt. Von diesem Punkt an läuft der dichterische und hoffentlich auch kreative Schreibprozess seinen eigenen Weg, auch inhaltlich. Was zuletzt inhaltlich und sprachlich passt bzw. als originell genug von mir selbst als Autor angenommen wird, hängt selbstverständlich auch von möglichen Reimen (der Fähigkeit solche zu finden) ab. Es dürfte also schwerfallen, im Nachhinein zu wissen, wie gut der alternative Ansatz (gereimt oder ungereimt) wirklich ausgefallen wäre.
Genau genommen verhält es sich generell mit dem dichterischen Schöpfungsprozess wie mit dem Wasser, in das man nicht zweimal steigen kann. Dieselbe Idee, aber an einem anderen Tag angegangen, das Resultat ist mit Sicherheit ein anderes. Das ist ja das Aufregende am Schreiben, man weiß vorher nie, was eigentlich beim neuen Versuch herauskommen wird.

LG
Tula

 Tula meinte dazu am 06.07.22 um 23:23:
Hallo Quoth
Danke fürs ehrliche Feedback. Deinem Empfinden als Leser kann ich gewiss nichts entgegensetzen. Aber mit Hinsicht auf 'sprachliche und gedankliche Wucht' hätte ich doch einen Einwand. 
Zum einen habe ich bei manchen Gedichten den Eindruck, dass mich der Autor mit poetologischen Kapriolen (oder gar 'Verrenkungen') beeindrucken will. Wenn ich als Leser dann den Text auf Inhalt bzw. gedankliche Originalität abklopfe, kommt mitunter nicht viel dabei heraus. Ich sehe das ohnehin eher als Kriterium für jede Art von Gedicht.

Zweitens die Frage nach inhaltlicher Absicht und der dazu passenden sprachlichen Gestaltung. In meinem Gedicht geht es gewiss um jemanden, der an einem völlig überfüllten Urlaubsstrand an die unerfüllten Träume und Sehnsüchte seiner Jugend zurückdenkt. Sicherlich fuhren schon damals die meisten Schiffe am Horizont nicht nach Valparaiso. Mit all den Vergleichen zwischen Träumen und Realitäten eines 'normalen' Vertreters der beruflich aktiven Mittelklasse, liegt nicht sprachliche Wucht, sondern feine Ironie hinter der Absicht der sprachlichen Gestaltung.  Die Absicht nach sprachlicher 'Wucht' liegt mir hier fern. 'Nicht ironisch genug' wäre da für mich besorgniserregender.
Es bleibt dementsprechend lyrische Prosa. Ohne Enjambements, da stimme ich zu. Die Struktur ist dennoch so gewollt, schon weil diese selbst lose an die Abfolge der Vergleiche gebunden ist.

LG
Tula

Antwort geändert am 06.07.2022 um 23:25 Uhr

Antwort geändert am 06.07.2022 um 23:27 Uhr

 Quoth meinte dazu am 07.07.22 um 10:51:
Hallo Tula, vielen Dank für die ausführliche Antwort. Ja, für mich ist und bleibt der Meister der Langzeile Walt Whitman, und was bei dem völlig fehlt, ist Ironie. Die ist für mich in Prosa sehr gut untergebracht, und als Erzähltext mag ich den Deinen durchaus - allerdings wüsste ich gern früher, dass das Erzähl-Ich an einem völlig überfüllten Urlaubsstrand liegt! Gruß Quoth

 EkkehartMittelberg (07.07.22, 10:13)
Mir gefällt das Komische in diesem amüsanten Gedicht.

LG
Ekki

 Tula meinte dazu am 08.07.22 um 00:06:
Hallo Ekki
Auch dir dankend lieben Gruß
Tula
wa Bash (47)
(07.07.22, 18:07)
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 Tula meinte dazu am 08.07.22 um 00:10:
Hallo wa Bash
Ja, auch der sogenannte miese Fraß gehört irgendwie zur Seefahrtsromantik, unabhängig von der guten Absicht, die beim alten James Cook beim Sauerkraut dahinterlag. In modernen Kantinen hat das saure Zeug natürlich nur selten Platz. Immerhin sollen Beschäftigte den größeren Teil der Zeit am Arbeitsplatz verbringen und nicht auf dem Klo  :D

Dankend liebes Ahoi!
Tula
Agnete (66)
(08.07.22, 17:32)
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 Tula meinte dazu am 08.07.22 um 21:50:
Hallo Agnete
Auch witzig daran: ich sehe wirklich jeden Tag welche den Tejo rein und andere wieder raus und in Richtung Horizont fahren. Vielleicht ja doch das eine oder andere Richtung Südsee oder Chile. Wer weiß ...  8-)

Dankend lieben Gruß
Tula

 harzgebirgler (09.08.22, 17:01)
was doch so der klabautermann (?)
einem für streiche spielen kann... :O

toll geschrieben & gerne gelesen!

lg
harzgebirgler

 Tula meinte dazu am 12.08.22 um 00:55:
Hallo harzgebirgler
Tja, vielleicht nur Pech oder das unvermeidbare Ende eines Träumers 

Dankend lieben Gruß
Tula
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