Karma

Bericht zum Thema Religion

von  Graeculus

Hin und wieder habe ich mit Schülern „Karma“ gespielt, etwa in den berühmten letzten Stunden vor den Ferien. Dabei handelt es sich um ein altes tibetisches Spiel zur Einführung in den Vajrayana-Buddhismus und seine Sicht der Welt.


Alle Spieler beginnen auf einem Feld, wobei das gesamte Spielfeld (ein Ausschnitt: Anhang) aus 104 Feldern besteht, die den sechs karmischen Bereichen zugeordnet sind: Höllen, Tiere, Geister, Dämonen, Götter, Menschen.


Jeder Spieler würfelt und rückt dann, je nach seiner Zahl von 1 bis 6, auf ein entsprechendes Spielfeld vor, das auf dem Brett angegeben ist. Zu jedem Spielfeld gibt es eine spirituelle Interpretation, die im Begleitbuch steht. Sobald der Spieler wieder an der Reihe ist, würfelt er erneut usw.


Ein geradliniges Vorrücken gibt es nicht, sondern man springt gleichsam über das Spielfeld. So kommt man beispielweise vom Startfeld (Nummer 24: Große Himmlische Straße) mit einer 1 auf Feld 27 (Himmel der Vier Großen Könige), mit einer 3 auf Feld 15 (Bereich der Gegengötter: Asuras) und mit einer 6 auf Feld 6 (Wiederbelebende Hölle). Vom dort aus geht es dann weiter nach oben oder nach unten.


Das Ziel des Spiels ist Feld 104 (Nirvana). Daß man es je erreicht, dafür gibt es keine Garantie; vielmehr sieht der normale Spielverlauf so aus, daß man immer wieder einmal hochsteigt, manchmal bis zu den buddhistischen Existenzformen, aber auch immer wieder mal zu einem Tier wird oder einem Hungergeist oder gar in eine der acht Höllen abstürzt. Wie bei den Wiedergeburten halt. Man kann es, hinreichende Kondition vorausgesetzt, tagelang spielen.


Einmal, ich erinnere mich gut, geriet ein Schüler – sei es durch unglücklichen Wurf, sei es durch Karma – auf das Feld 4 (Klagehölle und Große Klagehölle). Ich trug den dazugehörigen Kommentar vor, in dem es u.a. heißt: „Die Vergehen, die dich in diese beiden Höllen führen, beinhalten einen Mißbrauch des Mundes.“


Der Schüler wurde knallrot. Kaum von einer Tomate zu unterscheiden.
Die Diskretion hinderte uns an einer Nachfrage.


Ich selbst hatte bei diesem Spiel immer einen ziemlich stabilen Stammplatz in einer der Höllen.


9k=



Anmerkung von Graeculus:

Mark Tatz / Jody Kent: Reise ins Nirvana. Das tibetische Orakelspiel von Karma und Wiedergeburt. München 1993

Hinweis: Der Verfasser wünscht generell keine Kommentare von Verlo.

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Kommentare zu diesem Text

Paul Gauguin (176)
(23.02.24, 16:45)
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 Graeculus meinte dazu am 23.02.24 um 19:40:
Texte über Spiele? Das müßte man mal überlegen. Wenn's denn auf Interesse stößt ... Spiele kommen selbstverständlich auch in der Literatur vor.

Ich erinnere mich daran, daß Philip K. Dick seinen berühmten (und als Amazon-Serie verfilmten) Roman "The Man in the High Castle" (Das Orakel vom Berge) nach I Ging-Würfen geschrieben hat. Kaum zu glauben, daß das literarisch funktioniert.

 Agnetia (07.03.24, 19:54)
:D

 Regina (22.03.24, 01:17)
Ein echter Esoteriker glaubt dann daran, dass dieses Spiel eine orakelhafte Bedeutung hat.

 Graeculus antwortete darauf am 22.03.24 um 13:54:
Es wird (wurde), soweit ich weiß, in Tibet nicht nur als Orakelspiel, sondern auch als Lehrmittel zur Einführung in die Weltsicht des Vajrayana-Buddhismus eingesetzt.

Das Problem für mich besteht darin, einen Zusammenhang zwischen Würfeln und Schicksal anzunehmen.

 Regina schrieb daraufhin am 22.03.24 um 18:07:
Alle diese divinatorischen Systeme, Karten ziehen, IGing-Stäbchen abzählen, würfeln oder was auch immer gehen davon aus, dass das Unterbewusstsein so funktioniert, dass ein Ergebnis zustande kommt.
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