Kindischer Terror

Text

von  Mondscheinsonate

Vor dem Frisör denke ich, dass es tatsächlich ein Drogen- oder Alkoholproblem gibt, wenn jemand es nötig hat, einen alten Mann zu quälen, denn das machen im Normalfall nur Kinder, deren Moralempfinden noch nicht ganz ausgeprägt ist. - Wer frei von Schuld ist, der werfe den ersten Stein ...


Wir läuteten früher auch immer bei einem an, wo wir wussten, das war ein Choleriker, der vom Fenster aus auf Tauben schoß. Die Nachbarn beschwerten sich ständig bei der Hausverwaltung, es nützte nichts, denn er war der Hausbesitzer, bis er uns auflauerte, mit dem Gewehr mit scharfer Munition in der Hand und als wir wegliefen, kreischend, wie es Kinder im Schreck tun, schoß er uns nach, die Anzeige brachte ihn dann endgültig in die Psychiatrie, Verwandte sahen ein, dass er geistig nicht mehr ganz da war. 

Aber, das war uns eine Lehre, so lernten wir Respekt vor den Alten auf drastische Art und Weise. Nun, es ist nichts passiert, sonst könnte ich jetzt nicht schreiben. In der Wohnung fanden die Beamten Nazizeug an Wänden und in jedem Winkel. Er beschädigte auch durch diese Aktion zwei Autos und einen Baum, was zusätzlich eine Verwaltungsstrafe brachte. Die Anklage war auch versuchter Mord an Minderjährigen, das war mein erster Prozess als Zeugin, die Eltern waren Nebenkläger, verlangten Schadenersatz, und es gab unzählige ZeugInnen. Für uns war das dann sehr aufregend, wir sprudelten, das wurde gar nicht ernst genommen, die erwachsenen ZeugInnen allerdings schon. Natürlich war alles sehr kurz gehalten, der Alte zeigte durch sein Verhalten im Gerichtssaal die Verwirrtheit und schrie dauernd, dass so eine Rotzbande vergast gehört. Also nichts mit: "Nerven kurz verloren", was die Verteidigungsstrategie gewesen war, das erzählte mir alles der Papa letztens, denn wir hatten das alles weder verstanden, noch heute noch im Kopf. 

Die Aufregung allerdings schon, das bleibt in der Erinnerung. Natürlich hagelte es auch nach der Erleichterung, dass den Kindern nichts passiert war, Ohrfeigen, schlussendlich brachte uns "der hämische Spaß" auch uns und allen Beteiligten mächtigen Ärger ein. Jedoch, wagte es einmal einer, über die Kinder ein böses Wort zu sagen, fuhren die Elten wie Furien über Münder. Andere Nachbarn, die in dem Haus wohnten, brachten Schokolade, denn sie waren den, wie sie sagten, "Verrückten endlich los!". 

So kehrte Ruhe ein und die Nazizeit endete im Judentextilviertel, wie es hieß, erst 1986 und kehrte nie wieder. 

Beendet durch einen widerlichen Streich mit Folgen. Nun, hatte auch etwas Gutes, so gesehen. 


Es kann natürlich auch Verblödung im Spiel sein oder eine Mischung aus allem, das denke ich, aber in Wahrheit tippe ich auf Bösartigkeit. Auf jeden Fall nichts Normales, denn kein normaler Mensch läutet permanent als Erwachsener bei einem Alten an und bleibt dann auch noch hämisch stehen. Na ja, was soll man, nämlich viele, dazu noch sagen, außer: "Die Welt ist außerhalb der Irrenhäuser nicht minder drollig als drinnen." (Hermann Hesse)


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Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (29.03.24, 12:30)
Das Hesse-Zitat (gibt es eine Fundstelle?) bestätigt sich beinahe täglich ... wobei ich sagen muß, daß die Kinder noch relativ vernünftig sind, im Vergleich zu Erwachsenen. Allerdings gibt es bei kV gar keine Kinder. Vielleicht auch dies ein Zeichen ihrer Vernünftigkeit.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 29.03.24 um 12:44:
Du, ich habe es aus der Lektüre für Minuten von Hesse, da sind wiederum Zitate gesammelt. Ich kann dir aber heute nachsehen, ich kann es auswendig.

 Graeculus antwortete darauf am 29.03.24 um 17:58:
Bei Gelegenheit mal, da ich "Lektüre für Minuten" nicht habe; aber es eilt damit nicht.
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