grenzuebergang

Text

von  Zeder

ich stehe im grellen licht nahe der bar im hinterraum. an der theke sitzen nur maenner, weil wir uns an einem spaeten abend in einer portugiesischen raststaette befinden. hier sammeln sich truckdriver, um mitternacht wird die kellnerin mit einem kellner wechseln. wir versuchten zu schlafen, abseits von beleuchtung und laerm hatten wir unser zelt aufgeschlagen, zwischen symmetrisch gepflanzten baeumen. es scheint noch wie ein traum wie wir aufschreckten, als zu nahe eine verrueckte melodie erklang, my bonnie is over the ocean, wie ein karussellied, man glaubt schnell an geister, auf reisen traegt man manchmal sein messer nah am herzen. lieber fluechteten wir zurueck ins neonlicht. wir kapitulierten.
die dame am schalter im glaskasten spricht portugiesisch und franzoesisch. ich spreche gebrochen mit ihr, muss noch lernen was in diesem land danke heisst. wir legen unsere koepfe auf den tisch. die truckdriver wirken einsam. manche in gruppen, manche vereinzelt. sie schauen alle mal wieder zu uns rueber, sie schauen sich kaum gegenseitig an. nach dem bier stapfen sie ueber asphalt und ihre stufen hinauf. sie geben ihren wagen einen namen, er riecht nach ihnen. ich verurteile sie, weil ich sie pornos auf dem parkplatz schauen sah, ueberdacht von der plane eines wagens, die sie mit stoeckern zur seite spannten, um den regen abzulenken. das war kurz vor sonnenuntergang, als ich den schoensten regenbogen meines lebens sah. er war so nah, dass ich kurz in die richtung des fusses lief, in dem willen im licht zu versinken.
nun warte ich auf den aufgang, stuetze meinen kopf wie balast auf meine haende, er wiegt aber nichts. ich spuere naechtliche leere. das radioraunen macht mich noch leerer, die theke lichtet sich, der kellner wirkt gewohnt. er kennt die bewegungen, die er vollzieht, er kennt die begegnungen, er bezieht geld dafuer. vielleicht denkt er an den morgen, so wie viele menschen an den augenblick denken, an dem sie etwas beenden. ich denke an nichts, was kommt, weil ich es mit nicht vorstellen kann. der kellner verdeutlicht mir mit portugiesischen haenden, dass er das licht ueber uns ausschalten kann, damit wir einschlafen koennen. er sagt das mit lieben augen.
sophie schlaeft schon lang und schreckt nur dann und wann mit aufgerissenen augen hoch. ich sehe ihr beim traeumen zu und lege mir etwas zurecht, wie wir es immer ueberall machen. leben ist phantasie.
irgendwann trete ich aus dem neonlicht in die dunkelheit hinaus und staune ueber den sternenhimmel, den die wolken freigegeben haben. da ist mehr als die milchstrasse. ich bin nun eine kleine existenz zwischen den baeumen, die melodie, die jetzt ertoent, kommt aus meinem herzen.
ich sehe zwei sternschnuppen in dieser nacht, wie balast, der auf wunderschoene weise faellt.

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Kommentare zu diesem Text

lake26 (46)
(18.11.10)
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 Ingmar (18.12.10)
ein gedicht für sich, poesie im lärm der welt, wo überall pornos auf dem parkplatz geschaut werden, ist das:

"ich bin nun eine kleine existenz zwischen den baeumen, die melodie, die jetzt ertoent, kommt aus meinem herzen."

wundervoll, diese melodie.

grüsse,
ingmar
tausendschön (33)
(03.01.11)
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paris (30)
(14.01.11)
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 Janoschkus (26.01.11)
schön geschrieben.
gruß janosch

 Vessel (19.05.11)
Das ist wirklich ganz großartig. Sehr gefühlvoll, ein bisschen melancholisch. Von deinen tollen Texten beeindruckt mich dieser am meisten!

lg,
Markus

 Zeder meinte dazu am 20.05.11:
danke!
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