Zwischen Schlachthof und Soldatenfriedhof

Kurzprosa zum Thema Jugend

von  Gabyi

An der Strandpromenade am nördlichen Ende des Kurparks mitten in der kleinen Hafenstadt lag der Schlachthof.

An Tagen, wenn dort geschlachtet wurde, rann das Blut direkt in die Ostsee hinein. Dann war das Wasser rot gefärbt und die Kurgäste wunderten sich. Eine Dusche gab es damals noch nicht.
Weiter nördlich, nur einige Meter entfernt, lag der Soldatenfriedhof. Hierher ging der Vater mit den Kindern, um Ostereier zu verstecken. Am Volkstrauertag, Heldengedenktag, Totensonntag und Buß-und-Bettag wurden im November hier Kränze niedergelegt.
Über der Stadt lastete eine bräunliche Rauchglocke aus dem Rauch der Fischräuchereien. "Rökerien" sagte Tante Martha immer dazu - in ihrem unverwechselbaren, regionalen Plattdütsch. Mit gerolltem "R".
Zwischen Schlachthof und Soldatenfriedhof befand sich eine öffentliche Bedürfnisanstalt. Hierher gingen die Kinder, um ihre Notdurft zu verrichten. In die Ostsee zu pinkeln, war verpönt. Es könnten ja die Quallen sterben. Oder die Fische.



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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (01.05.23, 01:20)
Der Text lässt mich verstört und beklommen zurück. Wenn du das wolltest, ist er gelungen.

LG
Ekki

 Dieter_Rotmund (01.05.23, 08:48)
Könnte gerne etwas ausführlicher sein.

 Gabyi meinte dazu am 01.05.23 um 13:52:
@Ekki, natürlich wollte ich weder Verstörung noch Beklommenheit erzeugen. Es war halt nur so in der Wirklichkeit, Zeitdokument sozusagen. Tut mir leid, wenn das so wirkte. Trotzdem danke für die Anteilnahme.
LG, Gabyi

@Dieter: ausführlicher wäre dann noch 
die Story, in der mein Vater mich verprügelt. Das willst du vielleicht gar nicht wissen. Seltsam, der eine findet es verstörend, der andere will mehr davon. Danke fürs Lesen.
LG, Gabyi

 Redux antwortete darauf am 01.05.23 um 18:37:
Der Text gefällt, weil er so bildreich ist und viele Sinne anspricht

 Dieter_Rotmund (01.05.23, 18:42)

@Dieter: ausführlicher wäre dann noch 
die Story, in der mein Vater mich verprügelt. Das willst du vielleicht gar nicht wissen. Seltsam, der eine findet es verstörend, der andere will mehr davon. Danke fürs Lesen.
LG, Gabyi
Neeee, das passt tatsächlich so gar nicht zum bisherigen Text. Ich würde mich vom Autobiographischen ganz lösen, das steht einem nur im Wege und tut einer rund erzählten Geschichte nicht gut.

 FrankReich (01.05.23, 19:20)
Interessante Skizze, sie hat etwas vom Flair der Danziger Novelle "Katz und Maus" von Grass, sicherlich wäre es lohnenswert, sie zu einer Nachkriegsnovelle auszubauen, wenn mich nicht alles täuscht, handelt es sich bei dem Hafenstädtchen um Norden/Norddeich und ich könnte mir vorstellen, dass Tante Martha auch noch so manche Anekdote auf der Pfanne hatte, besonders bei dem Umfeld hätte mich da längst das Recherchefieber gepackt. 👋😉

Ciao, Frank

 Gabyi schrieb daraufhin am 02.05.23 um 18:18:
@Redux: danke für die Empfehlung und fürs Gefallen :)

@Dieter: ist authentisch und eine zeitdokumentarische Zeit/Ort Beschreibung. Autobiographisch nur am Rande..

@Ralf: Katz und Maus, das kenne ich auch. Hast du richtig erkannt: spielt an der Ostsee. Name der Stadt kann ich nicht nennen, die würden mich vielleicht verklagen. Wegen Beschmutzung des guten Rufes. ;)
Mit Tante Martha hast du das schon gut erkannt. Es existieren sogar schon Audio-Aufnahmen.
Danke für die positive Bewertung und die Empfehlung :)

LG, Gabyi
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