Am Totenbett versprochen

Groteske zum Thema Abgrenzung

von  LotharAtzert

Aufgrund der gestrigen Ereignisse des Bashings im Forum fiel mir im Nachgang wieder eine Begebenheit ein:

Bevor ich hier zu kV kam, war ich unter anderem auf einem österreichischen Litforum mit Sitz in Wien, das jedoch weniger frequentiert wurde, auch nicht so viele features bot und postete da dieses und jenes. Unter anderem veröffentlichte auch ein in Wien ansässiger Astronom (was ich zum damaligen Zeitpunkt noch nicht wusste), hauptsächlich Schüttelreime. Und weil mir das Geschüttel relativ leicht fiel, beteiligte ich mich so je und je daran und wir brachten gemeinsam so manchen Lacher aus der Leserschaft und uns selbst heraus.

 

Nun muß ich vorausschicken, daß ich solcherart Dichtung nur hin und wieder fröne, da sie zum einen viel kostbare Zeit verschlingt, ihr Wert, nun ja, grenz-wertig bleibt und ich auch eigentlich eher dem ernsteren Genre verpflichtet bin, Essays, Gedanken usw.

Dann, damals wahrscheinlich noch von Babette angestiftet, rutschte mir "versehentlich" was Astrologisches heraus, da lief der betagte Georg zur Hochform auf und schleuderte mir Schmähreden entgegen, die meinerseits dasselbe in seine Richtung zur Folge hatten. So flogen die Argumente, oder besser Schimpftiraden hin und her und her und hin, bis wir uns auf einer in der Welt höchstlich bekannten Pattsituation wiederfanden, wie in Schopenhauers Igelgleichnis uns schrittweise wieder annäherten und Georg eines Tages gestand, daß er viele Jahrzehnte Astronom mit Lehrauftrag gewesen sei und seinem Mentor damals auf dem Totenbett versprechen musste, sich niemals! niemals!! mit Astrologen einzulassen und – er sich weiter daran gebunden sehe.

So sind sie, die Offiziellen. Als Inoffizieller erspare ich mir da jedes weitere Urteil.

OM AIM SARASVATI NAMAHA OM



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Kommentare zu diesem Text


 AZU20 (16.12.23, 11:46)
Ja, so sind sie. LG

 LotharAtzert meinte dazu am 16.12.23 um 23:22:
Ja gell, so sind sie. Und unsereins hat keine Lobby.

Danke, Gruß
Lothar

 Teichhüpfer (16.12.23, 16:19)
Es gibt so Dinge, da ist der eine akzeptiert, und der andere nicht. Da hilft auch kein Latein.

 LotharAtzert antwortete darauf am 16.12.23 um 23:25:
Nee, nicht mal Hessisch, Jens. Aber es kommen auch wieder andere Zeiten.

 Teichhüpfer schrieb daraufhin am 17.12.23 um 04:54:
Wir können hier auch noch mit einander reden, Lothar. Auf meinem Profil geht es darum, daß ich von vorn herein gegen Gewalt bin, aber das Umfeld stetig attackiert.

 Graeculus (16.12.23, 23:41)
Schopenhauers Igel sind in Wahrheit Stachelschweine:

Eine Gesellschaft Stachelschweine drängte sich, an einem kalten Wintertage, recht nahe zusammen, um, durch die gegenseitige Wärme, sich vor dem Erfrieren zu schützen. Jedoch bald empfanden sie die gegenseitigen Stacheln; welches sie dann wieder voneinander entfernte. Wann nun das Bedürfnis der Erwärmung sie wieder näher zusammen brachte, wiederholte sich jenes zweite Uebel; so daß sie zwischen beiden Leiden hin und hergeworfen wurden, bis sie eine mäßige Entfernung von einander herausgefunden hatten, in der sie es am besten aushalten konnten. -
So treibt das Bedürfniß der Gesellschaft, aus der Leere und Monotonie des eigenen Innern entsprungen, die Menschen zu einander; aber ihre vielen widerwärtigen Eigenschaften und unerträglichen Fehler stoßen sie wieder von einander ab. Die mittlere Entfernung, die sie endlich herausfinden, und bei welcher ein Beisammenseyn bestehn kann, ist die Höflichkeit und feine Sitte. Dem, der sich nicht in dieser Entfernung hält, ruft man in England zu: keep your distance! - Vermöge derselben wird zwar das Bedürfniß gegenseitiger Erwärmung nur unvollkommen befriedigt, dafür aber der Stich der Stacheln nicht empfunden. -
Wer jedoch viel eigene, innere Wärme hat bleibt lieber aus der Gesellschaft weg, um keine Beschwerde zu geben, noch zu empfangen.

(Parerga und Paralipomena II § 396)

Solche Fehler stören mich immer. Aber falls ich sie nicht mehr korrigieren soll, gib mir Bescheid. Wir wollen ja das "keep your distance!" beachten, wir alten Stachelschweine.

 LotharAtzert äußerte darauf am 17.12.23 um 00:11:
Nein nein, ist schon ok. Das Wort Stachelschwein war mir im Moment der Niederschrift entfallen. Auch daß das Totenbett dich inhaltlich nicht gestört hat, wundert mich, denn es muß natürlich Sterbebett heißen, da der Mentor auf dem Totenbett nicht mehr den Georg zum Versprechen genötugt haben kann.

Daß solche Praktiken unter Geisteswissenschaften gepflegt werden, scheint dich dagegen kalt zu lassen. War es die Krähe, die der anderen kein Auge aushackt, oder der Rabe - bin schon wieder ganz verunsichert ...

 Graeculus ergänzte dazu am 17.12.23 um 00:23:
Gut.
Die Astronomie ist keine Geistes-, sondern eine Naturwissenschaft. Unter den Naturwissenschaftlern gibt meines Wissens in der Tat einen ziemlichen Druck zum Konsens. Schon ein religiöser Bezug gilt als Privatmeinung und wissenschaftlich irrelevant.
Bei Geisteswissenschaftlern ist das nicht so streng, und die Philosophie ist eine Geisteswissenschaft. Wir haben unseren Imre Lakatos und Paul Feyerabend, d.h. erklärte Kritiker der gängigen Naturwissenschaften. Aber: Wenn es eine Wissenschaft sein soll, dann müssen überprüfbare und intersubjektiv gültige Aussagen her. D.h. Feyerabend argumentiert gegen die Naturwissenschaften.
Eine bloße Versicherung "so ist es, ich weiß es", das reicht auch mir nicht. Davon gibt es zu viele in der Welt, von den Haruspices (Opferbeschauern) bis zu den Zeugen Jehovas.
Sie sollen von mir aus ihr Ding machen, aber ich bleibe auf Distanz, bis ich ein Argument höre.

 LotharAtzert meinte dazu am 18.12.23 um 22:18:
Du bleibst dir treu, dh. bei der Logik. Aber ziehe es bitte wenigstens in Betracht, daß aus tiefstem Schweigen Inspirationen von wo auch immer herkommen, die "nicht von dieser Welt" sind und ohnenhin schwer in Worte zu fassen.
Es gibt den Begriff des luciden Träumens. Das meine ich hier zwar nicht, geht aber in die Richtung. Es setzt voraus, daß Geistesruhe erlangt wird, nicht Argumente vorgetragen werden, das kommt erst später, und wenn ich darüber reden will, ist keiner hier auf kV. Ich spüre immer das eisige Schweigen. Da hast du es vergleichsweise einfacher. Bitte bedenke das nur einfach, das würde mir schon genügen, denn dann könntest du mich vielleicht besser verstehen. Mit Babette ist mir der letzte Mensch abhanden gekommen, ich bin - ohne allen Pathos - schlicht allein.

 Graeculus meinte dazu am 18.12.23 um 22:52:
Ich bedenke. Und denke mir, daß Argumentieren bzw. Diskutieren etwas ist, was man miteinander macht, während das, was man in der Meditation erlebt bzw. erfährt, etwas auf das Subjekt Beschränktes und kaum zu Vermittelndes ist.
Von daher war ich immer auf Gespräch gepolt.

Hingegen daß wir beide an für die Welt Toten hängen (Du Döbereiner, ich die Antike), das scheint mir kein gar so großer Unterschied zu sein.

Es ist schwierig, und nicht ohne Grund spricht Sophokles vom "freundlosen Alter".

 LotharAtzert meinte dazu am 19.12.23 um 10:24:
Ein versöhnlicher Schlußkommentar, der dann beim zweiten Lesen doch wieder eine Antwort … generiert hätt ich fast gesagt, furchtbar.
Du sprichst vom Subjektiven des Erfahrenen. Das sind die beiden Quadranten 1 und 2, zugleich die untere Hälfte und damit das Irdische, das mit der Vernunft der Jungfrau endet. Die himmlische Hälfte beginnt mit dem als zum Objektiven führenden  3., gefolgt vom finalen 4. Quadranten, den wir auf 0° Steibock als Tor in die- und aus der Zeit führend bezeichnen, je nach dem, woher wir kommen.
Nun haben wir beide unsere Sonnen in eben dem 4. Quadranten. Vielleicht ist es das, was uns so ähnlich erscheinen läßt. Jetzt kommt aber dein Merkur-Pluto. Der Merkur herrscht eindeutig in der subjektiven Sphäre, der Pluto über den 3. Quadranten, den objektiven Formgeist. Da reißt es dich dann hin und her, denn der Pluto verlangt Objektivität (Beweise) und der Merkur kann sie nicht erbringen, außer funktional und regelnd.
 
Anders bei mir, ich habe eine weitläufige Saturn-Pluto Konstellation (im Löwe -„muß jeden Spaß zerlegen“ hat mal ein Astrologe dazu gesagt. Löwe ist Ausdruck des Empfundenen), wo also das Objektive, seine Idee, mit dem Finalen verbunden werden will. Das ist natürlich nicht machbar, führt jedoch dazu, daß ich Halt im Daseinsprinzip des 4. Quadranten suche, eben auf die verbissene Pluto-Art, was uns wieder zu Objektivität und Beweislast bringt.
 
Hübsch ist unsere gemeinsame Uranus-Jupiter Opposition. Das führt (Uranus unten im 4. Haus) zu großen Entwürfe und krachendem Scheitern durch permanente Reizüberflutung. Das 4. Haus ist mundan das Haus des Wohnens, wo man tiefe Empfindungen und Heimatverbundenheit spüren sollte, entsprechend Krebs/Mond. (Krebse: Ekki, Verlo, Uwesch, Lluvigata ua.) Jetzt aber mit Uranus im Zwilling wird da statt dessen originell gedacht, gedacht, gedacht, gehüpft, gesprungen – du willst Beweise und ich das Prinzipielle in allem. Da haben wir das ähnliche Dilemma, aber nicht ganz das selbe, denn auf der irdischen Ebene ist beides nicht verwirklichbar.
Döbereiner hatte auch Jupiter-Uranus – als Konjunktion, da fügten sich die Dinge während eines Fingerschnippens, da war ich zugegebenermaßen etwas neidisch manchmal. Aber jeder kriegt letztlich, was er sich verdient hat.
Es ist 10: 11 Uhr. Ich bin zu müde zum Weiterschreiben, hab nur 3,5 Stunden geschlafen, - unter mir wohnt der polternde Uranus und oben Kerberos.
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