Notizbücher

Die Notizbücher sind noch da.

Gefüllt mit vielen Buchstaben & Wörtern. Aber die Sätze sind rar geworden, die Geschichten verschwunden. 

Es dreht sich um Abkürzungen, um Kennzahlen, um Sachen, die für mich und alle anderen existenziell sind. 

Sind sie das?

Die Handschrift wechselt mindestens alle zwei Seiten: Mal in aller Ruhe eine Zusammenfassung eines Fachartikels verschriftlicht, mal hektisch die wichtigsten Take-Aways des Meetings hingeschmiert. Die ich 

trotz Wichtigkeit:Hoch! 

in einer Woche nicht mehr entziffern kann. 

Für Geschichten und Fantasie und Gefühle ist in diesen Büchern kein Platz mehr. 

Kein Platz für Hoffnung aufs Zauberland,

Rio hatte recht - ist abgebrannt

kein Platz für Wut aufs System,

Junge, ich war offiziell systemrelevant!

kein Platz für Zweifel. Weder an mir noch am Job. 

Just do it, do it real good. 

Corporate hat mich voll und ganz umfangen 

als gute Macht, die es ist

und gibt mir dafür Benefits & Identity. Somit auch das richtige Wording,

jeden Tag wieder herausfordernd

damit ich klar und effizient Goal & Gainings benennen, aber keine Geschichten mehr erzählen kann. 

Der Kopf bleibt voll mit Ungesagtem und wiegt nach Jahren bedeutungsschwer. 

Die Notizbücher hingegen warten geduldig, dass das Herz sich traut und heimlich, zwischen Aktionsplänen & Revenue-Ergebnissen, wieder Echtes 

Existenzielles 

versteckt.