Im Kindergarten

In meinem Kindergarten durfte ich niemals schaukeln. Dabei war Schaukeln für mich der Inbegriff des Wohlergehens, aber ich hatte keine Chance. Die Kinder ließen mich einfach nicht. Ich war zu schwach und zu klein mich zu wehren. Und die Kindergärtnerinnen kümmerte es nicht. Außerdem mochten sie mich nicht und sie trugen mich in der Adventszeit ins schwarze Buch ein und nicht in das goldene. Ich wusste aber nicht, was ich getan hatte, ich war keine vier bis fünf Jahre alt. Wenn ich mich übergeben musste, ließen sie mich das Erbrochene wieder aufessen. Tante Christel, so hieß die böse Tante, hatte blonde Schweinslocken und sie mochte mich überhaupt nicht. Warum das so war, wusste ich nicht. Jeder Tag im Kindergarten war für mich ein Martyrium. Ich hatte eine panische Toilettenangst und befürchtete ins Klo zu fallen, vielleicht weil es bei mir zu Hause nur ein Töpfchen für uns Kinder gab. Ich stellte mir die große Waage mit zwei Waagschalen aus meinem Memoryspiel vor, an der ich mich festhalten konnte.

Als ich dann älter war, kletterte ich über den Zaun des Kindergartens, um endlich schaukeln zu können. Tante Christel erwischte mich sofort nach gut erprobter Blitzmädelmanier und drohte mir, die Polizei zu holen.