andi(e)stirnschlag

Kleinlichkeiten


Eine archivierte Kolumne von  AndreasG

Donnerstag, 14. April 2005, 00:32
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Meine Geliebte versteht mich nicht

„Meine Geliebte versteht mich nicht,“ sagt er gleich nach der Begrüßung. Ich zucke kurz zusammen und lache dann. Ja, ja, - so ist er. Immer diese Wortspiele. Der Mann, der zu seinem Auto “Pferd“ sagt, mit sehr betontem “pf“. Sagt, wohlgemerkt, geschieben nennt er es gerne seinen motorisierten Sarg. Sieht auch so aus, der eckige Combi.
Fragt man ihn, warum er “Pferd“ sagt, dann meint er: „Weil es fährt.“ Was für ein abgegriffener Kalauer. Bei der “Geliebten“ ist es garantiert genauso. Ich höre schon: „Weil ich sie liebe.“

„Natürlich versteht sie Dich nicht!“ möchte ich ins Telefon brüllen. „Sie hört Dir ja auch nicht zu!“ Mensch, wie ich diese Frau verabscheue. Seit vielen Jahren tyrannisiert sie ihn. ‚Mach dies, mach jenes, das gehört sich nicht, das ist nicht fein, zieh Dich anständig an...‘ – Immer lässt sie heraushängen, dass sie aus einer “besseren“ Familie stammt und er nur Handwerker ist. Selbständig, okay, darunter würde sie es auch nicht machen. Wie sähe ihr SLK auch in der Dortmunder Nordstadt aus?
Und dann die fehlende Liebe, ich erzählte es hier schon. Keine Zärtlichkeit, kein freundliches Wort, - außer es wird über die Viecher gesprochen. – Ach ja – und die vielen Jahre ohne “Es“.
„Ich verstehe nicht, dass Du sie liebst.“ Auch diese Antwort verkneife ich mir. Er kennt meine Meinung, versteht sie aber nicht. Den alten Spruch: “Für Dich sind Frauen entweder Huren oder Heilige“ hat er auch nicht verstanden. Für seine heilige Freundin kam Schmuddelkram eh nie in Frage. Nichts mit primitiver Lüsternheit, - darum ist sie ja auch so auf einen Trainer abgefahren.
Nach drei Monaten kam sie zurück und er hat ihr alles verziehen.

„Das kommt in Beziehungen schon mal vor...“ bleibe ich so allgemein, dass ich vor Scham rot werde. Ein Glück, dass wir telefonieren.
„Sie kann meine Gefühle nicht nachempfinden,“ geht es bei ihm weiter.
„Na. - Dann erkläre sie ihr doch.“ Mehr fällt mir dazu noch immer nicht ein. Es ist ja nicht so, dass ich seine Freundin besonders gut leiden könnte.
„Habe ich ja,“ kommt es sofort zurück. „Aber sie sagt, dass sie meine Liebe nicht will.“
Jetzt werde ich hellhörig. Kriselt es etwa in dieser kaputten Beziehung? Vor lauter Freude kann ich mir eine gewisse Bissigkeit nicht verkneifen. Ich hole den mentalen Salzstreuer für seine noch immer offene Wunde heraus...
„Sie will halt eine Bruder-Schwester-Beziehung,“ sage ich so ernsthaft, wie es eben geht.
„Quatsch!“ Mir klingelt es laut in den Ohren. „Ich rede von meiner Geliebten, verdammt. Nicht von IHR. – Oh, ich muss Schluss machen, SIE kommt gerade.“
Bevor die Leitung unterbrochen wird, höre ich die Stimme seiner Freundin, die schrill und laut durch das Treppenhaus hallt. Es hört sich vorwurfsvoll an...
Puh. - Über dieses Pärchen werde ich bestimmt noch viel erzählen können.

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 ViolaKunterbunt (14.04.05)
Du Armer! - Was musst Du doch leiden... Deine Überschrift hat mich ja zuerst etwas verwirrt! Schließlich liest Brigitte hier auch mit. - Aber natürlich schreibst Du mal wieder über den Kondom-Beschenkten.
Witzig! Bin gespannt, wie es mit den beiden (oder mit den Dreien) so weitergeht. Kunterbunte Grüße!
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