andi(e)stirnschlag

Kleinlichkeiten


Eine archivierte Kolumne von  AndreasG

Mittwoch, 26. Juli 2006, 21:35
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Was sollen denn die Nachbarn sagen?

In den 80‘er Jahren gab es eine große Diskussion über den Sinn und Zweck der Bundeswehr. Damals gab es Überlegungen, ob diese Einrichtung in angemessener Art und Weise in Deutschland integriert sei. Dabei stellte sich auch die Frage, in wie weit die Bundeswehr verpflichtet sei, sich an allen Werten und Entwicklungen im zivilen Bereich zu orientieren.
Heute scheint die Antwort eindeutig zu sein:

Der Auftrag der Bundeswehr ist eingebettet in die gesamtstaatliche Vorsorgepflicht für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes und unseres Wertesystems sowie für die Wahrung unserer Interessen im europäischen und transatlantischen Zusammenhang.
(aus:  http://www.bundeswehr.de Stichwort: Auftrag)

Was aber, wenn ein Soldat auf einer Dienstreise seinen Wagen nicht direkt am Hotel parken kann und auf dem Weg dorthin an “einschlägigen Lokalitäten“ vorbei muss? – Diese Frage warf nun das Verteidigungsministerium auf und beantwortete sie auch gleich (“... Den Soldaten kann keine Unterbringung in einem Viertel zugemutet werden, das der homosexuellen Szene mit "einschlägigen Lokalen" zuzuordnen ist. ...“ / Quelle: Stern, 23. Juli 2006). Daraufhin wurde das Hotel in der Kölner Innenstadt aus dem Unterbringungsverzeichnis für Dienstreisen gestrichen.
Die Begründung wurde gleich mitgeliefert: es handele sich um einen Einzelfall und habe nichts mit einem Eingriff in die sexuelle Orientierung zu tun. Es habe allerdings Beschwerden gegeben, da es einigen Bundeswehrangehörigen unangenehm gewesen wäre ... – Von der vorherigen Begründung “... Dritten vermittelt sich dadurch die Präsenz von Angehörigen der Bundeswehr ...“ (Quelle: SPIEGEL Nr. 30, 24.7.2006, Seite 17) ruderte das Verteidigungsministerium inzwischen zurück. Trotzdem blitzt auch jetzt noch diese Idee durch.
Nehmen wir nun an, dass es mehreren Bundeswehrangehörigen “unangenehm“ sein könnte, wenn sie durch ein Viertel türkischer Mitbürger müssen oder durch ein heterosexuell geprägtes Amüsierviertel. Streicht das Verteidigungsministerium – nach entsprechenden Beschwerden – auch die Hotels in so einem Umfeld aus dem Unterbringungsverzeichnis? Finden dann Dienstreisen der Bundeswehr nur noch in “ordentliche“ Kleinstädte statt?
Köln müsste dann natürlich komplett gestrichen werden und da sich bestimmt bei jedem Veranstaltungsort einige Leute finden werden, denen es dort unangenehm ist, werden wohl die Dienstreisen in Zukunft von einer Kaserne zur nächsten gehen (oder ist es dort auch unangenehm?).
Sollten vielleicht doch Gründe hinter dieser Verfügung stehen, die nicht in das Wertesystem der Bundesrepublik eingebettet sind? Oder spiegelt diese Entscheidung doch das allgemeine Wertesystem wieder, das trotz “Schwulenehe“ und Antidiskriminierungsgesetzen noch immer keine Anerkennung und Akzeptanz kennt?

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag

Sektfrühstück (41)
(27.07.06)
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 AlmaMarieSchneider (28.07.06)
Meinethalben können die Schwulenlokale bleiben aber die Bundeswehr könnte man abschaffen. Ich plätiere in Merkels Staat für ausreichend Suppenküchen, sozusagen als zukünftige Wahrnehmung der Fürsorgepflicht . Also, wenn man so will " Panzer in die Suppen"!
Ropa (33)
(01.08.06)
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