andi(e)stirnschlag

Kleinlichkeiten


Eine archivierte Kolumne von  AndreasG

Donnerstag, 04. Januar 2007, 04:41
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Schweinkram

Da das neue Jahr noch nicht gar so alt ist, sind die Erinnerungen an Sylvester noch sehr frisch. Das war aber auch eine Knallerei …
Raketen, Knaller, Bleigießen und andere mystischen Besonderheiten bietet nicht erst der letzte Tag des Jahres. Der gesamte Bereich davor ist schon vollgestopft mit den seltsamsten Traditionen, Ritualen und Verhaltensrichtlinien („Hänge nie Deine Wäsche zwischen den Tagen auf …“); - eine sehr religiö … nein: abergläubische Zeit. Zahlenmagie, Horoskope, Weissagungen … besonders in dieser Zeit boomt der esoterische Sektor.
Dabei fragen die Leute nie, wieso sie sich auf diesen einen Tag einschießen, warum sie dem Übergang vom 31. Dezember zum 1. Januar eine magische Komponente verleihen. Es ist einfach so. Punkt.
Auf eine dahin gehende Frage bekam ich einmal die Antwort, dass der Mensch die natürlichen Zyklen erkennen könne und die damit verbundene Magie. Der Kreislauf des Lebens würde (sozusagen) eingefangen und genau vermessen, damit wir die Energien nutzen können, die an bestimmten Tagen freigesetzt werden.
Nun ja … beim Thema Tageslänge konnte ich das nachvollziehen, irgendwie. Meine Energie wechselt zyklisch im Laufe des Tages (besonders nach einer Mahlzeit geht sie in den Keller: sehr vorhersehbar und geradezu zyklisch). Die Sieben-Tage-Woche erschien mir nicht so logisch, auch nicht die magische Wirkung der Sieben oder eine Regelmäßigkeit, die sich alle sieben Tage wiederholt (bei manchen Bakterienstämmen gibt es das allerdings; genauso wie einen Fünf-Tage-Zyklus und so weiter …). Und die vor Zauber prickelnde Zwölf erklärt mir vielleicht die Anzahl, nicht aber die unterschiedliche Länge der Monate.
Am schlimmsten eierte ich allerdings bei dem Jahresübergang herum: Die Sonnenwende ist früher, die Mitte des Winters (wenn messbar) später und das Ende des Winters erst im März. Warum lassen wir nicht das Jahr an einem astronomisch feststellbaren Tag beginnen? Frühlingsanfang hört sich doch gut an!

Natürlich steckt Magie dahinter, klar, menschengemachte Magie: der Zauber des Glaubens. Wir schaffen uns die Altäre selber, vor denen wir auf die Knie fallen. Man denke nur an das Millenium! – Da gingen die Diskussionen hoch, ob jetzt der 1. Januar 2000 oder erst der 1. Januar 2001 der erste Tag des dritten Jahrtausend sei. Jemand fragte noch, ob die Rechnung korrekt sei. An anderer Stelle kam zaghaft die Frage hoch, ob denn die Geburt Jesu als Zählanfang in Ordnung sei. Aber niemand merkte an, dass der Kalender erst im sechsten Jahrhundert erfunden wurde (so wird vermutet) und sich nicht vor dem Frankenreich (8. Jahrhundert) allgemein eingebürgert hatte. Können wir zwei Jahrtausende auf 1200 Jahre zusammenstauchen? – Ja, wir können! Es sind ja alle tot und begraben, die etwas dagegen vorbringen könnten.
Sind nicht auch Eier zu Ostern und geschmückte Nadelbäume zu Weihnachten christlich?

Bei den Horoskopen klappt es auch gut. Niemand stört sich daran, dass plötzlich ein Planet weniger unser Leben bestimmt (oder sind es zwei Planeten mehr?). Niemand stört sich an den schwammigen Aussagen, die passend für garantiert jeden Menschen sind. Das ist der Trick des Orakels: etwas so unverständlich und mehrdeutig zu sagen, dass es erst im Nachhinein verständlich wird (egal, welcher Fall eingetreten ist). – Und schwupps: Recht gehabt!
Was kann denn dann noch bei Jahreshoroskopen schief gehen?
Selbst seriös auftretende Unternehmenszweige präsentieren plötzlich neue Erkenntnisse im Bereich Astrologie. Nehmen wir etwa “Insurancehotline.com“, ein Versicherungsanbieter aus Kanada, der pünktlich zum Jahresende eine statistische Auswertung zum Thema “gute und schlechte Autofahrer“ veröffentlichte. Hier wird eindeutig klar gestellt, welche Tierkreiszeichenträger eine Gefahr für den Straßenverkehr darstellen und welche nicht. Zwei Kriterien wurden untersucht: Strafmandat- und Unfallhäufigkeit. Daraus wurde dann der beste und schlechteste Autofahrer unter den Sternzeichen gekürt (wollen wir nur hoffen, dass das nicht Einzug in die Versichertenkosten nimmt … „Welches Sternzeichen haben sie? – Ah, also 5 % mehr …“)
Gehen wir mal weg von den Einzelpunkten (Fische holen sich angeblich die meisten Strafmandate und Waagen bauen die meisten Unfälle – Du bist dabei? Sorry) und kommen gleich zum Endergebnis (mit Begründung). Der schlechteste Autofahrer / die schlechteste Autofahrerin ist:
Die Waage (sie kann keine schnellen Entscheidungen treffen …),
dann kommt der Wassermann (weil er Regeln ignoriert …),
gefolgt vom Widder (er mag Wettrennen und Kräftemessen …),
den Fischen (sie sind unaufmerksam, schauen nicht auf die Geschwindigkeit …),
dem Skorpion (ist leicht provozierbar …),
dem Stier (streitet gerne und setzt gern die Vorfahrt durch …),
dem Schützen (er legt sich mit Autoritäten an und redet gerne – am Telefon etwa …),
dem Steinbock (ist nur auf das Ziel fixiert …)
und der Jungfrau (interessiert sich mehr für Nebensächliches …).

Nun aber die drei Sieger in der Kategorie “In-Zukunft-wird-die-Autoversicherung-billiger“:
Platz 3: der Krebs (weil er alle Menschen zu seiner Familie zählt …).
Platz 2: die Zwillinge (weil sie so sehr nach Abwechslung suchen, dass sie sehr aufmerksam sind …).
Platz 1: der Löwe (weil er für sein perfektes Fahren bewundert werden will …).

Ob das auch für das gesamte Jahr gilt? – Wer durch einen Löwen (eine Löwin) durchs Jahr geleitet wird … Wäre doch praktisch, nicht? Suchen wir uns einen Krebs, Zwilling oder Löwen und schon wird es ein sicheres Jahr; ohne Unfälle, Streitereien und so. Das scheint sehr praktisch zu sein …

Am 18. Februar beginnt übrigens das neue Jahr nach chinesischer Zählweise. Vielleicht sagt uns das auch etwas über die Autofahreigenschaften oder den Verlauf des Jahres. Immerhin ist jetzt das Jahr des Feuer-Hundes … heiß, bissig, vor die Hunde gegangen … (nein, nein, - natürlich sieht das chinesische Horoskop das ganz anders!). Da kann es doch nur besser werden, nicht?

Das nächste Jahr ist das des Feuer-Schweins. – Prost Mahlzeit.


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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 AlmaMarieSchneider (04.01.07)
Ja, was will man dazu noch sagen. Ein gutes neues Jahr!
Ropa (33)
(04.01.07)
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 SimpleSteffi (04.01.07)
Gelungene Kolumne. Gehöre ja auch zu den Esoterik-Ignoranten. Aber jetzt würd´s mich ja doch interessieren: Wenn ich das jetzt meinem Versicherungsmenschen vorlege- mit wieviel Rabatt kann ich da als stoze Löwin wohl rechnen?! Oder schicken die mich doch gleich wegen "akuter geistiger Umnachtung" in die Geschlossene?
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