andi(e)stirnschlag

Kleinlichkeiten


Eine archivierte Kolumne von  AndreasG

Donnerstag, 26. April 2007, 03:42
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haarsträubend

Die Gesundheit ist den Deutschen ein lieb gewordenes Thema, besonders wenn sie käuflich und hinzufügbar – oder besser noch: schon eingemischt – ist. Es gibt Pulver und Pillen, Dragees und Brausetabletten, Öle und “Wässerchen“, Kräutermischungen und Ergänzungsmittelchen … Vitamine, Mineralstoffe, “wertvolle“ Zutaten, heilende Düfte, Proteine … eine schier endlose Liste.
Kaum ein dauerhaftes Lebensmittel ist heute noch ohne diese Zusatzstoffe denkbar. Ob im Joghurt besondere Bakterien eingerührt oder in Säften “gesunde“ Vitamine gesteckt werden, immer steht es dick auf den Verpackungen und dient vor allem Einen: der Verkaufsförderung (also auch der Gesundheit: der Gesundheit der Firmen). Stehen hingegen keine künstlichen Zusätze auf der Packung, so werden mit Sicherheit die natürlichen Inhaltsstoffe erwähnt – oder zumindest die Träger dieser Gesundmacher, die, etwa als Obst, Gemüse oder Kraut, längst nicht mehr nur dem Geschmack dienen. Sie stehen als Synonym für Gesundheit.
So verwundert es nicht, dass die (angebliche?) Wirkung zum Programm oder gar Namen wird. Zaubertrank, Fastenzeit, Spätsommerliebe, Wilder Fußball, Heiß und Innig, Dschungelfeuer, Grüner Frühling … um nur ein paar Beispiele zum Tee zu nennen.
Für mich als Kaffeetrinker fällt die Entscheidung noch leicht, doch bald wird es bestimmt auch beim Kaffee viel Auswahl geben. Mir fallen sofort einige Namen ein … wie: “Muntermacher“, “Magenfreund“, “Herzliebe“, “Einfach Wach“, “Herzklabaster“ … da brauche ich nicht einmal meine Fantasie großartig anstrengen.

Neulich war ich einkaufen und stand plötzlich einem ziemlichen Problem gegenüber. Eine schier unüberschaubare Auswahl an Produkten, die mir alle ganz besondere Wirkungen offerierten und mir die Wahl sehr schwer machten.
Was sollte ich nehmen? – Mit Traube und Macadamianuss? Oder lieber mit Waldfrucht? Multivitamin? Granatapfel und Passionsblüten? Hibiskus, Ylang-Ylang und Vanille? Wildrosen? Jojoba und Aprikose? Kakao und Kokos? Brombeere, Avocado und Mango? Grüner Apfel und Kiwi?
Oder wie wär’s mit: Bier, blauer Lotus, Cognac, Teebaumöl, Meeresmineralien, Chrysantheme, Kümmel, Olive oder Bambusmilch?

Sehr verwirrend.

Wollte ich mit Mandarine, Lemongras und AloeVera Schwung bekommen?
Oder mit Kornblumen, Aloe Vera und Kirschbaumrinde Harmonie erreichen?
Oder doch lieber ein “Anti Hangover“, eine “Thai Massage“, einen “Pink Kiss“ oder “Kiss of Rose“ bekommen (beides ohne Zunge, denke ich), ins “Traumland“ driften, “Sunshine Reggae“ oder “Südseezauber“ genießen oder “snake peel“? … ähm …

Was meinen die überhaupt mit “snake peel“? – Schlangenhaut? – Bekommt man die vor dem Zeug oder ist die da reingemischt?
Letzteres erscheint vielleicht seltsam, aber wenn ich die absoluten Höhepunkte der Zutaten aufzähle … Reis- oder Sojaproteine hören sich schon komisch an, Seiden- oder Kaschmirproteine aber erst …
Perlen-Extrakt? – Als Pulver oder was? … Pferdemark? … ähm …

Pferdemark?

Nerzöl (aus dem Winterspeck von Nerzen gewonnen)?

Das Zeug würde ich doch nicht einmal mit der Kneifzange anfassen und dann soll ich es mir in die Haare schmieren?

Also wirklich …Selbst der Shampoo-Kauf ist schwierig geworden …


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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 Bellis (26.04.07)
Tja, in ist, was drin ist. Am besten Du wählst der Nase nach. ;o)
wortverdreher (36)
(26.04.07)
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