andi(e)stirnschlag

Kleinlichkeiten


Eine archivierte Kolumne von  AndreasG

Mittwoch, 09. Januar 2008, 17:53
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sperrt sie weg!

Kaum werden im Fernsehen die Bilder von Jugendlichen gezeigt, die einen Rentner verprügeln, schon ist sie wieder da, die übliche Diskussion. „Was,“ streiten sich die Experten, „ist der Grund für solche Gewalttaten? Warum sind die “jungen Männer von heute“ so?“
Dabei stehen sich – wieder einmal – die gleichen Seiten gegenüber. Die eine, die von den biologischen Wurzeln redet und das Problem auf das Testosteron schiebt; die zweite, die die Grundlagen in der Erziehung und Prägung sieht; die dritte, die die fehlende Ehrfurcht vor Gott anführt; die vierte, die dem Feminismus die Schuld gibt, da die “armen Jungs“ in der Pubertät so untergebuttert würden; die fünfte ...
Indizien finden sich leicht: es sind vorwiegend männliche Jugendliche, der Häufung des Migrationshintergrunds ist unübersehbar, die Zahl der Gewalttaten steigt unbestreitbar, die (Aus-) Bildungs- und Beschäftigungssituation scheinen im direkten Zusammenhang mit der Gewaltbereitschaft zu stehen … und vor allem: die Biographien der “Täter“ ähneln sich frappierend!
Da müsste doch eigentlich …
Doch es bleibt eine verfahrene Sache. Nur angepasst an die Ursachen könnte ein Gegenprogramm Erfolg bringen, die falsche Methode läuft natürlich in die Leere und verpulvert Geld.
Ist es etwa das Testosteron alleine, so wächst sich das auf dem natürlichen Weg des Älterwerdens aus und für die gebeutelten Jungens muss eine entsprechende Förderung her. Vielleicht könnte sogar eine Hormontherapie helfen; zumindest bei denen, die in der Testosteronflut zu ertrinken drohen.
Ist es aber die gesellschaftliche Prägung … Oha! – Was dann? – Schulreform? Kinderkrippenpflicht? Verbote von Computerspielen und Gewaltfilmen? Verstärkter Einsatz von Streetworkern, Sozialpädagogen und anderen “Erziehern“? Förderung der Religiosität? Erziehungslager?

Es wird weiter gestritten, selbst unter denen, die die gleichen Ursachen ausgemacht haben. Wo in der Biographie der schlagenden Jungs kann (oder sollte) eingegriffen werden? Schon vor der ersten “Tat“? Bei Auffälligkeiten? Nach einer Wiederholung? Bei einer Häufung? – Und: wie?

Zum Glück gibt es in unserer Demokratie den Wahlkampf, der solche Fragen immer auf den Punkt bringt. So geschieht es auch jetzt wieder, wenn sehr wählerwirksam das “Wie?“ mit der Verschärfung des Jugendstrafrechts beantwortet wird. Damit wird auch das “Wo in der Biographie?“ geklärt; nämlich: wir fügen einen weiteren Baustein in die schon jetzt so ähnlichen Biographien hinzu. Das hat auch den Vorteil, dass die bösen Jungs mehr Zeit zum Lernen haben – von den anderen.

Bleibt das Grundproblem, das bisher jede der Ideen torpediert hat: das liebe Geld. So viel hätte schon versucht werden können, so viel wurde schon gemacht, aus dem ein flexibles Programm entwickelt werden könnte. Letztlich will es aber keiner bezahlen.
In diesem Fall ist das ein Hoffnungsschimmer. Schon zur letzten Wahl kochte das Thema hoch und die gleichen Lösungsvorschläge kamen hoch: mehr Polizeieinsatz, höhere Strafen, mehr Gefängnisse … Nach der Wahl stand dann nur noch das Sparen im Vordergrund und bei der Polizei wurden Stellen gestrichen.
Manchmal ist es auch gut, dass kein Geld da ist.

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag

wupperzeit (58)
(10.01.08)
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