andi(e)stirnschlag

Kleinlichkeiten


Eine archivierte Kolumne von  AndreasG

Donnerstag, 27. November 2008, 03:58
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Hündisches

Zur Zeit wird in Deutschland ja praktisch Alles miteinander verglichen. Möchtegernsänger treten gegeneinander an, Schulen konkurrieren, Städte versuchen gegeneinander zu punkten und Hänsel nimmt es mit Gretel auf.
Besonders bei den Städten sind Dutzende von Listen um Umlauf, um die Besten (oder Schlechtesten) herauszufinden: Unfallhäufigkeit, Fahrradfreundlichkeit, Hundehaufendichte, Kinderfreundlichkeit, Grünflächengröße, Taxifahrerfreundlichkeit oder was auch immer.
So kann zum Beispiel nachgelesen werden, in welcher Stadt die meisten Hunde pro Quadratkilometer (angemeldet) sind. Ist daraus eine Ranking-Liste der Hundefreundlichkeit herauszulesen?

Ich prüfe es (eher unfreiwillig) am Ruhrgebiet. Zuerst Dortmund, die Stadt, die bei den deutschen Städten auf Platz 12 liegt (mit 85 Hunden pro km²) und somit als hundefreundlich gelten müsste. Hier als Hundebesitzer eine Wohnung zu finden gestaltet sich schwierig, seit die Kampfhunddebatte durch die Medien ging. Und ansonsten?
Gestern stieg ich wieder einmal in einen Linienbus ein, mit meinem Boxer Paul. Das ist in Dortmund ein recht einfaches Unterfangen, da kaum mal jemand im Weg steht. Ein kurzes Herauskramen des Fahrscheins, ein schrilles: „Nehmen Sie das Tier weg!“ und danach ein freier Weg durch den Bus. Zumindest ein Meter Abstand zu den Mitfahrenden wurde mir – wie jedes Mal – zugestanden. Diesmal gab es als Zugabe auch noch den einen oder anderen Quietscher aus einem Kindermund.
Das Wechseln in den Zug war ähnlich leicht. Schon der Weg durch den Hauptbahnhof ähnelte das Durchwandern einer Gasse, wobei es sehr half, dass noch ein anderer Hund in Sicht kam und Paul an der Leine zerrte.
Im Zug selber wurde es dann durchwachsen, da nicht unbedingt nur Dortmunder aus der Stadt heraus wollen. Gestern erntete Paul immerhin drei freundliche Blicke bis zum Bochumer Hauptbahnhof (Bochum steht mit 94 Hunden pro km² auf Platz 6).
In Wattenscheid (gehört angeblich zu Bochum) wurde Paul schon auf dem Bahnsteig zweimal angesprochen, im voll besetzten Bus Richtung Gelsenkirchen hieß es: „Ach, ist der süß!“ (dreimal) und: „Darf ich den streicheln?“ (viermal). Dazu gab es nur einen sehr engen Stehplatz … zwischen Kindern eingequetscht ... und einige Streichler von Leuten, die gar nicht erst fragten.
An der Gelsenkirchener Stadtgrenze war dann wieder Ruhe. So kenne ich das seit Jahren aus dieser Stadt, wo es eine große Fraktion derjenigen gibt, denen Hunde schlichtweg egal sind. Ansonsten halten sich Hundeliebhaber, Hundehasser und Ängstliche die Waage, was immerhin ausgeglichen ist (Gelsenkirchen steht auf Platz 5 mit 96 Hunden pro km²).

Und wie lässt sich die vermeintlich logische Interpretation der “blanken“ Zahlen mit der Erfahrung abgleichen?
Zuerst muss ich natürlich die Dortmunder Nordstadt herausrechnen, da es hier einen hohen Ausländeranteil gibt und eine Menge verängstigter Menschen. Doch im übrigen Stadtgebiet sieht es nicht so viel anders aus (zugegeben: ich bin noch nicht durch jeden Stadtteil gelaufen). Gerade in der Innenstadt haben Hundebesitzer viel Platz.
Ähnlich sehen meine Erfahrungen mit der Stadt Essen aus (Platz 4 mit 100 Hunden pro km²), wo auch ein großer Bogen um Hunde gemacht wird und nur Hundebesitzer freundlich reagieren. In Berlin (Platz 2 mit 113 Hunden pro km²) herrschte vor einigen Jahren ein ziemlich ruppiger Ton vor und das Verhältnis von freundlichem Ansprechen zu unfreundlichem Geblaffe lag bei 50:50. Ähnlich sieht das Verhältnis in Gelsenkirchen aus, auch wenn die Stimmung grundsätzlich freundlicher ist. Nur aus Bochum kenne ich eine überwiegend positive Reaktion.

Nun ja … was jetzt? – Ich muss natürlich noch die Stadt auf Herz und Lunge prüfen, die auf Platz 1 der Rangliste deutscher Städte steht (mit 136 Hunden pro km²). Erst dann kann ich beurteilen, ob die Hundedichte etwas über die Hundefreundlichkeit einer Stadt aussagt.
Und ich kann endlich nachprüfen, ob an den berühmten Liedern zu dieser Weltstadt etwas dran ist …
 der Mond von Wanne-Eickel
 das Herne Lied


Quelle:  Die Städte mit der höchsten Hunde-Dichte

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 Isaban (27.11.08)
Sie haben einfach Vorurteile gegen Boxer, Andi. Immer sobald ein Hund nicht klein, hundefutterwerbungssüß und sehr wuschelig ist und eher selten in Soap-Operas oder auf Promi-Armen auftaucht.

Versuch mal mit einem flusigen, bissigen, verhaltensgestörten Chihuahua oder anderen Diät- oder Modehündchen ungestreichelt durch die City zu wandern. Und das können wirklich gemeine, kleine, laute und absolut nicht zahnlose Viecherl sein(von wegen: Hunde die bellen beißen nicht!).
Aus Paketzustellererfahrungen im engsten Bekanntenkreis ist zu berichten, dass (zumindest in der Platz-5-Stadt) die Uniformierten mit den Päckchen (ebenso jene, die das Briefgeheimnis tragen) überwiegend von Yorkies, Rauhaardackeln, Westies, Zwergpudeln und Jack Russelchen angefallen werden.

Typischer Hundebesitzersatz: Nun stellen Sie sich mal nicht so an, der Kleine will dich bloß spielen!

Vor einer menschenlieben leidenschaftlich hocherfreuten Bulldogge haben sie Angst (Typischer Fragesatz: "Ach Gottchen, sind die hässlich, die gucken schon so grimmig, das sind doch auf jeden Fall Kampfhunde, ne?" Typische Antwort: "Keine Sorge, die lutschen vor dem Beißen ne halbe Stunde enthusiastisch an einem herum, um zu testen, ob ihnen jemand schmeckt. Ihnen bleibt also immer noch genug Zeit, um wegzurennen.") , aber diese Minis, die in der Hundefutterwerbung so fürchterlich niedlich aussehen, die wollen alle angrabbeln. TZ!

 Aranae (27.11.08)
Tja, ich denke du kennst meinen Wadenbeißer, und meine bellende Alarmanlage, bei der einen heißt es immer, Mann ist die süß (Nein, nicht streicheln, die pinkelt) und meine große, die einfach nur Schmusen will, die will keiner Streicheln.... .

Reaktionen auf Hunde in Bus usw kenne ich nicht, aber mit meinen frettels ist das ähnlich, die haben doch alle keine Ahnung wie lieb die meisten tiere sind, wenn der besitzer auch lieb ist ;)

aber ich kann ja mal mittesten gehen, ich nehm den Dackel ;)

Gute Nacht
Steffi
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