What a beautiful wedding.

Kurzgeschichte zum Thema Maske

von  Erdbeerkeks

Langsam dreht sie sich herum, wirft einen Blick in den Spiegel. Es ist kein skeptischerBlick, kein zufriedener Blick. Es ist ein Blick, so voller Leere.
Gleichgültig ist es ihr letztendlich. Wie sie heute aussieht ist nicht wichtig, schließlich ist es nicht ihre Hochzeit. Nicht ihr glücklichster Moment.
Nicht einmal ein Seufzen des Bedauerns entfährt ihr, obwohl sie allen Grund dazu gehabt hätte.
Sie steht einfach da, hübsch verpackt wie eine Porzellanpuppe, mit netten Schuhen, die beim Laufen so vornehm klappern. Die Haare kunstvoll auf ihrem Kopf aufgetürmt, festgesteckt zu einer eleganten Frisur.
Sie ist nie besonders gewesen, nie speziell oder auffallend schön. Aber er hat ihr immer das Gefühl gegeben, dass sie es war. Vielleicht ist es ja das, was ihn so wichtig macht.
Ausdruckslos kniet sie sich auf den Boden, hebt eine kleine Tasche auf. Abgestimmt auf ihr Kleid, doch auch dieses Accessoire ist nicht ihre Wahl. Genauso wenig wie die glänzende Perlenkette, die um ihren zierlichen Hals geschlungen ist. Wenn jemand daran zöge, würde sie bestimmt reißen.

Sie bekämpft die Tränen. Ihr Mund ist zu einem Lächeln verzogen, kaum jemanden mag es auffallen, wie unwahrscheinlich schmerzlich es ist. Aber genau das soll es ja auch nicht.
Sie sieht sehr leichtfüßig aus, wie sie über den Hof schwebt, sich ihren kleinen Weg durch die Menge von sich zuprostenden Menschen bahnt. Sie ist nicht auf der Suche. Nicht nach ihm, erst recht nicht nach ihr. Wahrscheinlich würde es ihre Maske brechen lassen. Vielleicht nicht auf einmal, aber in so einer makellosen Maske sieht man selbst den kleinsten Riss sehr deutlich.
Sie passt nicht auf.
Ihr Kopf ist schwer, ihre Handflächen tun weh. Jemand zieht sie am Arm hoch, bürstet den nicht vorhandenen Schmutz von ihrem Kleid.
Es täte ihm leid, sagt er.
Ihm soll noch so viel mehr leid tun, als das. Denn was ist ein Sturz gegen eine bittere Enttäuschung eines geliebten Menschen?
Ihre Fassade bröckelt. Sie sollte nicht darüber nachdenken. Einen Moment lang schweigt sie, beißt sich auf die Lippe und schmeckt Blut. Leckt sich kurz darüber, es ist nicht viel. Es fällt ihm nicht auf.
Dann lächelt sie ihn an. Versucht es mit dem schönsten Strahlen, das sie aufbringen kann.
Und es gelingt, es funktioniert. Selbst ihn kann sie täuschen.
Sie freue sich für ihn, sagt sie. Er habe es sich verdient, so eine wundervolle Hochzeit.
Und so eine wundervolle Braut, wie er ergänzt.
Sie nickt bedächtig, schluckt.

In der Kapelle sitzt sie nun, eingeengt zwischen vielen anderen Menschen, die sie nicht einmal annähernd kennt. Ein bitterer Geschmack liegt auf ihrer Zunge, er stammt nicht von dem Blut. Das Gefühl der Gewissheit erstickt sie.
Warum sitzt sie hier?
Da kommt die Braut ja.
Ooooh, Aaah. Die Menge raunt, seufzt verzückt.
Schön ist sie in ihrem weißen Kleid, mit ihrem transparenten Schleier, der pompösen Schleppe, getragen von einem kleinen Mädchen mit Engelslocken.
Und sie sieht das Leuchten in seinen Augen, sieht seine Gefühle. Er war schon immer durchschaubar.
Und sie sieht den Triumph in ihren Augen, sieht Gewinn. Sie war schon immer im Vorteil.
Die Braut stolziert vorwärts, den Brautstrauß in ihrer Hand. Rote Rosen. Liebe.
Wie perfekt sie nebeneinander aussehen. Wie füreinander geschaffen, geboren, um sich zu begleiten.
Und sie steht auf, achtet nicht auf die Gäste der traumhaften Feier. Sie macht einige Schritte, obwohl ihre Beine schwach sind und drohen, unter ihr zusammen zu brechen.
Würdevoll. Sie versucht es, ob es ihr gelingt, ist eine andere Frage.
Er sieht ihr nach. Sie verschwindet.

Sie hat nicht auf die Uhr gesehen. Nicht die Minuten und Stunden gezählt. Sie saß bloß da, schweigend und lauschend.
Die Tore fliegen auf, heraus kommen Braut und Bräutigam. Freudestrahlend, lachend.
Ja. Was für eine schöne Hochzeit.
Nur für einen Moment blickt sie in das dunkle grün seiner Augen. Sie sieht die Fragen darin und er sieht die Antwort in ihren Augen. Denn sie schimmern ein bisschen, die Spiegel ihrer Seele.
Und wie lange sitzt sie da, winkt dem lange verschwundenen Brautpaar nach.
Dem Liebenden.
Der Täuschenden.
Sie macht sich auf den Weg, nach Hause, zurück. Und es schmerz bei jedem Schritt.
Masken verdecken die Augen nicht.

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Kommentare zu diesem Text

lunaris von aquanta (23)
(24.03.09)
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Elvarryn (36)
(24.03.09)
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sim (32)
(24.03.09)
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Elvarryn (36) meinte dazu am 24.03.09:
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sim (32) antwortete darauf am 24.03.09:
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Nemoria (19) schrieb daraufhin am 04.04.09:
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Träumerveve95 (17)
(18.04.10)
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