IV - Dicht am Schwein

Skizze zum Thema Absurdes

von  alter79


Ey, war die eng. So was von eng, obwohl keine Jungfrau, wie ich vom Hörensagen weiß. Egal, meine Latte schafft sich Platz - und ich ficke sie vorsichtig und zart. ’Mehr?’ Sie ’... jaaa, - mach ...!’ Schalt also nen Gang höher, bis sie im Getriebe jault, denke, ’ey, ist das geil’ ..., wie sie innen fester wird, ihre Schamlippen meinen Schwanz umschließen. Dann, keine fünf Minuten ist’s, kommt sie unter spitzen Schreien - beißt in meine Schulter. Glück, das keiner zu Hause ist ey, als es mir spritzt wie aus m Wasserhahn, ich was schreie - mein Darm Musik macht. Halt sie ne Weile im Arm, - fummel an ihrem Hinter rum, - in fünf Minuten ist die noch mal dran... Scheiße, denk ich, hat keinen Zweck, steh auf, geh schiffen, - und genau in dem Moment klingelt der Wecker. Sattes Timing, Alter, n Termin beim Arbeitsamt ist angesagt, soll ne Umschulung zum Altenpfleger machen. Ey, könnt ihr euch das vorstellen - ich - ausgerechnet - ich - mit alten Leuten?“

„Hör ma, Idiot, - das mit Jo ist also alles nur gelogen... ?“, sülzt Rudi enttäuscht.
„Nee, nicht gelogen: geträumt, du Pausenbär!“

„Herr Heinze, so geht das nicht. Wir sind hier in einer Therapiestunde und nicht in der Geschichtenstunde im Wienerwald ...“

„Ey, Dr. Meyer, - hühnern könnt ich auch mal wieder...“, blökt Rudi.
„ ... na dann lassen Sie mal hören, Rudi!“
„Was - ich?“
„Ja - genau Sie, - also bitte!“

„Was willst du hier?“
„Du hast doch die Sache erst ins Rollen gebracht!“
„Welche Sache?“
„Oradour“, geifert er, „ ...hast den Anwalt auf mich gehetzt, - deinen Vater!“

’ ... Lili Marleen ...’

„Es ist nicht ’nur’ wegen Oradour“, sage ich, „ ...du hast vor Allem Mutter auf dem Gewissen!“
„Ich?“
„Ja!“
„Deine idiotische Mutter hat sich umgebracht“, pöbelt er.
„Ja, aber deinetwegen ...!“
„Schwachsinn!“
„Kein Schwachsinn. Ich habe deinen Feldpostbrief von damals - und - und Mutters Abschiedsbrief ...“

’ ... Lili Marleen ...’

„Du hast was ...?“
„ ... schon richtig gehört!“

’ ... aus der Erde Grund ...’

„Du! Du weißt nichts. GARNICHTS! Ich habe damals einen Befehl ausgeführt; nur einen Befehl ...“
„Das sagen sie alle - von wegen - Befehl! Du bist ein Mörder ... Eine skrupellose Sau -, ich hasse dich!“

’ ... aus dem - Raume - Erde Grund - Nebel dreh’n - Laterne steh'n – Marleen, Marleen ...’

„Das sagst du mir nicht, Bürschchen - du - du ..., du musst erst mal dahin ..., wo ich schon hingeschissen habe ... du - du - NICHTS!“

’Über der Erde zu thronen - hoch im sonnigen Schein - in unerschlossenen Zonen - neue Menschen zu sein’


„Oradour, - du scheiß Panzerfahrer ...“, sag ich, „da kannst du alte SS-Sau drauf Stolz sein.“
„Was meinst du?“
„Das Massaker ...!“
„Junge, was weißt du denn schon... Es ging um Partisanen ...“
„Ihr habt Zivilisten umgebracht, Frauen und Kinder, - Alte, zu hunderten verbrannt, abgeschlachtet -, genau wie in Tulle - da warst du doch auch dabei - und von daher kennst du Sattler, das Schwein ...“

„Was soll das, Junge, Sattler ist tot, also lass die Sache ruhen, - damit erreichst du doch nichts!“

„Verschwinde -, ich kann dich nicht mehr sehen, - ich will dich auch nicht mehr sehen; ich wünsche, du wärest krepiert - und ich hätte keinen Vater wie dich...“

„Junge, wir sind eine Familie. Blut ist dicker als Wasser - denk doch an Mutter!“
„Genau an die denke ich, Tag und Nacht. Und du verpisst dich jetzt besser sofort -, sonst hole ich die Polizei!“

„Die Polizei?, - du Idiot, was sollen die denn machen – ich habe längst vor Gericht gestanden – und hier“, klopft er sich auf die Beinprothese, „da liegt die Schuld - und die Strafe meiner Jugend begraben. Freu du dich, dass du noch eine hast – und versündige dich nicht an deinem Vater...“

’Es rasseln die Ketten - es dröhnt der Motor - Panzer rollen ...’

Es dauerte bis zum späten Abend, ehe die Überreste unserer Sanitätsstaffel gefunden wurden, gibt der Alte mir zu Protokoll. Fahrer und Beifahrer des LKW waren mit ihren Koppeln an das Lenkrad gefesselt. Die Verwundeten hinten im Wagen verbrannt. Ein Zeuge sagte ’lebendig verbrannt’.
Ich blickte in den noch schwelenden Wagen. Sah brodelnde Schädeldecken. Leiber aus Brei. Knochensplitter. Spürte Hass. Fühlte Gleichgültigkeit. Hatte Lust auf blanke Gegengewalt. Und dann wieder nicht. War ein schreckerstarrtes Vieh mit Tausend Gedanken im vergifteten Blut, das dunkel in meinem Kopf pulsierte. Stunden später kam der Befehl. Einer, der mir über Hirn, Augen, Mund an meinem Körper runter verfaulte. Es änderte nichts. Wir erhängten 99 Widerstandskämpfer gegen Mittag des folgenden Tages. Sprengten ihr Waffenlager. Kriegsverbrechen, urteilte man später. Doch das war noch nicht alles, denn ich erschlug ein kleines Tier, das mich biss.
Dann wurden die restlichen Dorfbewohner auf dem Marktplatz zusammengetrieben. Die Männer in fünf Gruppen aufgeteilt. Vier davon nacheinander in Scheunen getrieben, erschossen. Frauen und Kinder und auch die fünfte Gruppe der Männer in die Dorfkirche geführt und die, als alle drin waren, in Brand gesteckt. Leute, die dem Feuer entkommen wollten, erschossen. Messer im Kopf. Herz aus der Brust. Zitronenfalter überm Parkett. Im Kirchengebäude wurden Überlebende erschossen. Später das Dorf komplett niedergebrannt. Insgesamt starben 642 Dorfbewohner. Unter ihnen 245 Frauen und 207 Kinder.
Massaker, sagte man später. Mir wurde dafür ein Orden verliehen.

Im Februar 19xx verurteilte ein Tribunal 21 von 65 angeblichen Tätern zu Todes- und mehrjährigen Haftstrafen. Ich wurde freigesprochen.
Liege nun abends im Schein einer Kerze im Keller meines Lebens. Bin voller Schuld. Trage tagsüber schwere Steine, Mörtel, Sand. Baue 24stündlich ein Haus für die Zukunft. Egal ob ich liege oder trage. Höre in die mich schmerzende Vergangenheit; das Ohr dazu kommt von draußen. Die Bewegung. Die Hoffnung. Die Dinge. Wenn ich mit dem Kopf gegen die Wand schlage. Die Zeit mit Füßen trete. Die Mauer fertig maure. Während ich warte. In Dunkelheit sitze. Auf und ab gehe. Vogelfrei. Und so gut wie tot.

 

"Du musst mir glauben, Alexander!"

"Ich muss überhaupt nichts ...!"

’ ... Panzer rollen vor’

Und wieder ist es Zeit, steige ich aus, will ich nicht er sein, - fliege doch mit, will zum Fenster raus. Einfach nur weg, flüchte aus dem Dreck, - liege im Blut, es geht mir nicht gut. Bin fett suizidal, stehe am Marterpfahl - bis der Regen rinnt, auf das unglückliche Kind. Ich warte schon lange darauf, sage mir: Lauf! Erforsche dein Schicksal; doch ich kann nicht, wie ich will, in mir ist es längst still. Nur ein Hund in der Ferne, - der wäre ich gerne. Ach, lass mich die Sache ganz einfach vergessen, - den Alten begraben, der Rest für die Raben. Und ich kotze schon wieder ... egal was ich trink oder fresse, wo ich gerade bin.

’ ... rollen auf Afrika vor’

Ich gehe meinem Vater nach. Folge dem stampfenden Rhythmus seiner Prothese Richtung S-Bahnhof. Überall trifft mein Kampf auf seinen, auf Hakenkreuze, SS-Runen, auf rechte Sprüche an Hauswänden und dem Pflaster. Jenen klebrigen Sirup, einer Art stockigen Bluts, der meine Schritte lähmt, den Atem stickt. Aber ich weiß, was ich tun werde; wiege den Pflasterstein in der Hand.

Sehe ihn auf dem Bahnhof -, es kommt Nebel auf. Ein graues Etwas, das feucht wie ein Hund riecht, das sich mir voll auf den Mund presst und im Zungenspiel der besonderen Art küsst. Roter Saft rinnt, und zwischen meinen Lippen rauscht der Zug heran. Ein Zyklop - weit hergeholtes Monstrum - mit grellem Scheinwerfer vor schwarzen Scheiben. Geisterbahnfahrer heutiger SS darin.

Den Alten drängt es dicht an die Bahnsteigkante, als ob er winken wolle, um nicht übersehen zu werden.

Ja, ich kenne das, Angst haben, zu spät zu kommen -, dass das Teil ohne ihn abfährt, er hilflos zurückbleibt. Oradour, Tulle -, du verstehst?

Schon deswegen bin ich hinter ihm, schlage mit voller Wucht von unten herauf, dass ihm der Hut wegfliegt -, meine um den Stein gekrallten Finger brechen, sein Schädel nach vorne nickt in dieser geilen Danksagung der ganz besonderen Art, Gevatter...

 

Am Telefon Vanessa.

„Die Zeitungen sind voll davon!“

„Ich weiß.“

„Lässt dich die Presse zufrieden?“

„Bisher ja ...“

„In Frankreich brennt der Wald; sie wollen ihn hier vor Gericht haben!“

„Er ist tot...“

„Tot?“

„Ja!“

„ ...wie das denn?“

„Ich habe ihn ... und für mich ist sein Tod ein Teil von Gerechtigkeit. Für andere die Rückkehr ins Gewohnte. Ich will frei sein! Ich muss! Andere wollen lediglich über andere obsiegen. Dazu gehöre ich nicht! Nie!, - nein - mein Aufstand ist ein anderer...!“

 

„Ich weiß, mon amour“, sagt sie, „deswegen liebe ich dich ja..., aber nun beruhige dich bitte -, ich bin auch bald bei dir...“

 

’Non - rien de rien ... non - je ne regrette rien ... ni le bien qu'on m'a fait -
ni le mal tout ça m'est bien égal ...’

 

Ich gehe im entschlossenen Rhythmus meiner seelischen Verwundung Vater nach. Stehe mit Stumpf an Stiel auf dem S-Bahnhof -, im klebrigen Sirup von Ahornbäumen und geronnenem Blut. Bin in mir gefangen – in dem was ich tun muss. In der ewigen Wiederholung. Wiege einen von hunderten Pflastersteinen in der Hand. Und was da noch so ansteht.

 

Der Zug kommt. Befehle dröhnen. Mein Vater steigt in den Panzer. (Staatsanwaltschaft Dortmund, Aktenzeichen 45 Js 2/62) Ketten rasseln. Ein Luftballon an Metall, - klirrt - platzt. Eine Scheune brennt. Die Kirche. Kinder weinen. Alte stöhnen. Frauen kreischen. 642 Menschen. So oft läutet die Glocke in mir.

... und werfe den ersten Stein.

 

Hinter der Trinkbude, vor der ich schlotternd stehe, über zernarbter Wand mit rostigem Blut unter von mir geschriebener Reklame von Persil lese ich:

’Harry Piel sitzt am Nil wäscht den Schwanz mit Persil. Maria Ney sitzt dabei schaukelt ihm das linke Ei.’

 

Ist Irrsinn.

Meine ganz persönliche Geisterbahn.

 

Der Budiker reicht mir fünf Flachmann Korn -, die ich in 2 Sekunden pro Stück öffne, in 1,5 Sekunden je Stück trinke, 0,5 Sekunden später zirka 2 Stück davon in die hohle Hand erbreche -, mir die Kotze in 0,03 Sekunden erneut zuführe. 4 Sekunden danach eine Briefmarke ablecke, an Vanessa denke, unsere damalige Abschiedsnummer vor Augen. Wir in 69zer Stellung liegen, sie oben - ihren Hintern wetzt, mir in den Mund pinkelt. Ich, scharf wie Lumpi, ihr mein Ejakulat hinter das Zäpfchen pumpe. Sie mir danach was von geilem Schwanz sagt und, dass eine Frau - an der falschen Stelle geleckt - das Wasser nicht halten könne - so was schon mal passieren würde. Wieder ich, Geisterfahrer.

 

’Non - rien de rien ... non - je ne regrette rien ... ni le bien - qu'on m'a fait - ni le mal - tout ça m'est bien égal – non - rien de rien ... non - je ne regrette rien ... car ma vie - car mes joies’

 

„Ich habe übrigens einige deiner Lyrics übersetzt - und dafür ein Label begeistern können ...“

„Ey, das ist ja echt spitze ...“

„ Und ich habe auch schon den Vertrag in der Tasche!“

„ ...ey, ich freue mich ... Echt!“

 

’... non - je ne regrette rien ...’

 

Auf einem Foto habe ich die Ruine Oradour gesehen -, die Frage gestellt: Was bereust du, mein Vater?

„Nichts!“, sagt der, „es ist alles wohl getan ... Befehl ...“, sagt der.

 

... also werfe ich den ersten Stein -, der bestimmt nicht der letzte sein wird.

„Glaub mir -, wir sind noch lange nicht miteinander fertig ...“




Anmerkung von alter79:

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