Caesar - Akt I - Szene II

Tragödie

von  autoralexanderschwarz

1. Akt – 2. Szene


Caesar: Und wahrlich ist die Landschaft schön,

die Weiden und die kleinen Bäche,

du hattest Recht mit deinen weisen Worten,

denn als den Berg hinauf wir ritten,

da fehlte mir der Blick dafür

und hätt' ich hier zurückgeschaut,

hätt' ich nichts als den Tross gesehn.

So friedlich sieht nun alles aus

und doch ist hier viel Blut geflossen.

Der Boden saugt das alles auf.

Den Rest, den holen dann die Tiere.


Antonius: Da vorne sieht man jetzt das Kreuz

und auch den Büßer daran hängen.

Er regt sich nicht

und ist vielleicht schon lange tot.


Sie erreichen den Gekreuzigten.


Caesar: Wir halten,

werden seh'n,

ob man da drin noch Leben findet.

(zum Gekreuzigten) Ist da noch Leben in dir, Kreatur, so sprich.


Gekreuzigter: Wohl ist da noch ein Funke Leben,

doch meine Stimme ist so schwach,

dass ich mich selbst kaum hören kann.

Auch sehen kann ich nicht mehr allzu gut

und alles, alles in mir drängt

mich nur zu dieser einen Frage:

Gebt ihr mir Wasser,

weil ich sonst verdurste?


Antonius: Du redest wirr und schon dein Ton,

der zeigt ja deutlich, wer du bist,

so frech und frei sprichst du mit jenem,

dem andre von viel höh'rem Stand,

ja nur mit andächtigem Schweigen

und abgewandtem Blick begegnen.

Im Namen Roms bist du gekreuzigt

und wagst es hier so ohne Scham

noch etwas für dich auszubitten.

(zu Caesar) All dies ist unter meines Caesars Würde,

es lohnt sich nicht, noch länger zu verweilen.


Caesar: Die Folter hat ihm wohl schon zugesetzt.

Er sagt, er sieht nur schlecht und könne nichts erkennen.

Zumindest scheint in diesem Punkt

die Wahrheit seinen Worten zu entsprechen.

(zu einem Knecht) Bringt ihm Wasser!


Gekreuzigter: Ich glaube, dass mich meine Sinne trügen,

das ist nicht wahr, kann es nicht sein,

dass nach der großen Ungerechtigkeit...,

doch nein, dass sind nur böse Geister,

die ganz zum Schluss und nur zum Hohne

ein letztes Mal mich auf die Probe stellen.


Antonius: Du redest nur, wenn du gefragt wirst.

Noch einmal und ich lass dich peitschen.


Der Knecht gibt dem Gekreuzigten Wasser aus einem Schlauch.


Caesar: Du sprachst von Ungerechtigkeit.

Ein großes Wort für einen Mann am Kreuze.


Gekreuzigter: Und gibst du mir dafür den Raum,

so kann ich mich erklären.


Caesar: So stelle ich dir eine Frage

und wenn die Antwort mir genügt,

will ich erwägen zuzuhören:

Mir folgen mehrere Legionen,

die brav und treu den schlimmsten Feinden

die Stirn geboten haben.

Manch einer stützt den Kameraden

und trägt dabei noch sein Gepäck,

manch einer blutet und sie alle,

sie alle sehnen sich nach Rom;

manch einer trotzt ja nur dem Tod,

um noch den Jubel zu erleben.

Nun sag mir, ist es denn gerecht,

dass sie nun alle warten müssen,

nur weil ein nackter Mann am Kreuz

die Ungerechtigkeit beklagt?


Antonius: Die Antwort liegt wohl auf der Hand.


Gekreuzigter: Mein Schicksal ist nicht wichtiger,

als das der Vielen, die dir folgen,

doch dass Gerechtigkeit obsiegt,

das ist im Kleinen wie im Großen

so wichtig, dass dafür ein Heer

nicht stehen sondern kämpfen muss.

Antonius: Das sind ja wirklich schöne Worte.

So schön wie eine Rede im Senat.

Mich aber überzeugst du nicht,

wenn du die Wahrheit so verdrehst.


Caesar: Die Antwort war nicht schlecht gewählt.

(zu Antonius) Man lasse hier das Lager richten,

wir rasten lieber einen Tag,

als zu erschöpft die Hauptstadt zu erreichen.

(zu den Knechten) Man hole ihn von da herunter,

da es dem Caesar nicht gebührt,

den Blick so weit empor zu heben.

Da vorne möchte ich mein Zelt

und etwas Brot und etwas Wein.

(zum Gekreuzigten) Das Schicksal meint es gut mit dir,

ich bin geneigt, dir zuzuhören,

denn die Gerechtigkeit, das stimmt,

zeigt sich im Großen wie im Kleinen.

(zu einem Soldaten) Man passe auf, dass er nicht stirbt,

ich komme später noch auf ihn zurück.



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