andi(e)stirnschlag

Kleinlichkeiten


Eine archivierte Kolumne von  AndreasG

Mittwoch, 12. Oktober 2005, 19:32
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Noch einen Hamburger, bitte!

Zum Abschluss der Treff-Saison ging es nach Hamburg.
Unser Elefantenrollschuh muckte nicht (das tat er nur zum Düsseldorf-Treffen), er ist das anscheinend inzwischen gewöhnt. Um 16 Uhr steht er brav vor dem Appartement-Hotel und lässt noch ein wenig seinen Auspuff knacken.
In der Unterkunft die erste Überraschung, fast eine Enttäuschung : für den gleichen Preis wie in Erlangen bekommen wir in Hamburg kein Abenteuerzimmer. Ruhige Lage, die Gegend nicht heruntergekommen und schon das Foyer ohne diesen Erlanger-Absteige-Charme. Wie langweilig.
Im Zimmer setzt sich das fort. Alles sauber (keine Holzsplitter auf dem Teppich... ach je), die Fliesen sind fest am Boden verklebt, die Heizungsrohre unter Putz, die Betten ohne reizvolle Extras und voll nutzbar (bestimmt würden sie sogar Nichtschlaf-Aktionen überstehen; - wo bleibt da die Spannung?). Auch eine Kochnische mit Toaster, Kaffemaschine und Wasserkocher ist vorhanden. – Ein echter Reinfall für jeden Kolumnisten.
Aber das Treffen selber bietet ja noch eine Chance. Irgendwelche pampigen Kellner oder peinlichen Teilnehmer wird es doch wohl geben, wo das Wetter schon so weit entfernt von einer Panne ist.... Also Sonnenbrille abgesetzt, auf der Bank vor dem Hotel das Räkeln eingestellt und angerufen.
Endlich ein Hoffnungsschimmer. Sechs bis acht Nordlichter hatten wir erwartet zu treffen (es hagelte leider Absagen), doch seit Stunden machen die beiden Organisatoren auf Zweisamkeit. Das Hamburg-Treffen ist zum Paar-Dating mutiert.
Unser Dazukommen ändert nichts an der nordischen Misere, sondern verschiebt nur die Herkunftsquote. 50 % aus NRW, ein Drittel aus Norddeutschland, ein Sechstel aus Bayern; - bei sechs Teilnehmern zum Glück nicht besonders aussagekräftig (wir Vier sind ja eh nur Gäste).
Leider bietet der Treffpunkt nicht viel. Mitten in Hamburg, Jungfernstieg, Alsterpavillon. Scharen von Menschen bevölkern die Bürgersteige, dichter Straßenverkehr, das Cafe ist proppevoll, doch nirgends ein sehenswerter Streit oder eine erzählenswerte Geschichte. In Hamburg läuft‘s. Enttäuschend.
Nicht einmal eine der größten Pannen, die einem Cafe passieren kann, bringt die Menschen hier aus der Ruhe : es gibt kein heißes Wasser, also keinen Kaffee, keinen Tee, keinen Kakao. Eine Katastrophe für ein Cafe, möchte man meinen. Anfang Oktober, schönes Wetter, etwas kühl (die Leute sitzen mit zugezogenen Jacken da), nur Cola oder Wasser zum Kuchen, - doch die Außenterassen sind voller Menschen. Kein Tisch ist, oder bleibt lange, unbesetzt. Niemand protestiert, niemand meckert über die “unmöglichen“ Zustände. Hamburg halt...
Wir wechseln den Platz, weg von der Straße. Jetzt schauen wir direkt auf die weite Wasserfläche der Binnenalster und eine Fontäne plätschert beruhigend vor sich hin (bestimmt nur für die hektischen Touristen gedacht). Das Mitglied des Öffentlichkeits-Teams (huch, klingt das offiziell) hat einen jungen Mann angesprochen, der suchend durch das Cafe tigerte. Er wollte tatsächlich zu uns, ist trotz seiner 13 Jahre extra aus Bremen angereist : Scott (SK12).
So sind wir zu siebend und endlich geht uns auf, dass uns nichts von den anderen Cafe-Besuchern unterscheidet. Wenigstens ein Zettel mit dem Kürzel “kV“ wäre wohl angebracht (auch im Handy-Zeitalter). Doch schon steht ein weiterer junger Mann bei uns, dem der gleiche Gedanke gekommen war und der nun seinen Zettel wegsteckt.
Acht Leute also; mehr werden es nicht.
Wir wechseln wieder, diesmal die Lokalität – oder besser : wir versuchen es. Die “urige Atmosphäre“ in den Gewölben einer Privatbrauerei verspricht einen angenehmen Ausklang des Abends, doch auf halbem Weg erfahren wir (es gab leichte Orientierungsprobleme), dass der Laden schon lange geschlossen hat. So drehen wir um und steuern ein Steak-House an, das dann auch schon seit einigen Monaten pleite ist.
Kein großes Gestichel folgt, nur einige scherzende Bemerkungen. Offenbar steckt der Hamburger Gleichmut an.
Das nächste Steak-House... wieder nichts. Für mehr als vier Personen ist einfach kein Platz. Egal, auch andere Restaurants bieten gute Küche. Beim Thailänder war es dann auch ganz ausgezeichnet (ich sage aber nicht, wer wie viel gegessen hat).
Später ein Verdauungsspaziergang durch’s Hanse-Viertel, sehr schön. Ich vermisse die grölenden Jugendlichen gar nicht, denen man anderswo über den Weg läuft (keine Sorge, die gibt es auch in Hamburg, aber wir wurden verschont).
Unser Weg führt in ein Cafe, das sich in einer ehemaligen Schlachterei befindet. Verzierte und bunte Kacheln an den Wänden und der Decke. Großflächige Bilder in zwei Deckenkuppeln. Der Charme des endenden 19. Jahrhunderts als passender Ausklang.
Am nächsten Morgen (und Mittag) : gemeinsames Frühstück. Ein tolles Buffet und lässige Kellner trotz Menschenmassen. Zum kleinen Frühstück gibt es zwei Tassen Kaffee, aber ohne zu zögern wird häufiger nachgeschenkt und niemand rechnet einem das später vor. Das habe ich bei Treffen schon ganz anders erlebt.
Sechs Stunden Fahrt zurück, mit einem kuscheligen Stau in der Mitte. – Egal, alles Gedönse...

Aber jetzt fällt mir kein lustiges Ende zu dieser (arg langen) Kolumne ein, kein Dreher, nichts Nachdenkliches, kein Bogenschlag.
Ach, was soll’s? – Ist auch egal.

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 Alpha (13.10.05)
doch. ich hab das muschelgedöööns fotoknipst. ja.
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