andi(e)stirnschlag

Kleinlichkeiten


Eine archivierte Kolumne von  AndreasG

Donnerstag, 24. August 2006, 04:06
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keineVamilie.de

Wenn es um kV geht (sprich: KaVau), oder um andere Internetseiten, ist schnell von der Unpersönlichkeit die Rede, von den Selbstdarstellern und Gernegroßen, die im wahren Leben nur “Pimpfe“ sind, sich aber virtuell als Supermänner produzieren. Das erinnert nur im ersten Moment an das Märchen vom hässlichen Entlein, das sich zum wunderschönen Schwan auswächst. Es ist nicht einmal ansatzweise so positiv gemeint.
Geht so ein Gespräch weiter, dann folgt mit Sicherheit bald der sexuelle Aspekt. Damit ist natürlich nicht das Flirten gemeint, sondern Kindesmissbrauch, ehezerstörendes Fremdgehen, Aidsgefahr, bösartiges Verführen, Stalking und ähnlich verwerfliche Dinge. Das Internet ist nun einmal der Tummelplatz des Bösen.

Ist es das?

Gut, das Kennenlernen läuft nach anderen Regeln ab. Oft ist es direkter, offener, schneller – und weniger gründlich. Die Kontrollmechanismen funktionieren nicht, wo selbst der Klang der Stimme fehlt. Und das geschriebene Wort gibt viel Raum für Interpretationen, Mutmaßungen und Betrug. Es gibt sogar Internetseiten, die sich auf das Betrügen spezialisiert haben: auf das Fremdgehen, die Seitensprungwillige verkuppeln und damit moralisch nicht gerade in der ersten Liga spielen. – Andererseits wird ja niemand gezwungen …
Single-Börsen werden meist nur belächelt, was in der Tradition der Verächtlichkeit gegen Kontaktanzeigen und den Ball der einsamen Herzen steht. Sie laufen in der Kategorie “Erlaubtes für Verzweifelte“ oder “Treffpunkt der Unfähigen“.
Dazu kann die Einzelkämpferseite kV natürlich nicht zählen und darum wird von Baggerei, Aufreißen und ex-und-hopp gesprochen. Hier denkt jeder nur an sich, sucht die Schwächen der Anderen und nutzt sie schamlos aus – oder er/sie ist Künstler, die sind halt flatterhaft – oder es handelt sich um Heilige. Manch einer (eine) gilt als Herzenbrecher (-in) oder one-night-stad-Junkie (gibt es da eine weibliche Form?), der/die die Frauen (wahlweise Männer) reihenweise abschleppt und nach “Gebrauch“ wegwirft. Die Opfer sind natürlich unschuldig, da sie ihre Selbstverantwortung beim Einloggen abgegeben haben. Klar.
Misstrauisches Sichbeäugen ist also angesagt, nur vorsichtiges Herantasten erlaubt (selbstverständlich nur beim eigenen Geschlecht …), zwanglose Kontakte im oberflächlichen Niveau erwünscht. Die Altersgrenze einzuhalten ist wichtig, Freundschaften zu knüpfen gilt als heikel und Vertrauensversuche sind Dummheit. Die virtuelle Welt ist viel zu unbeständig und künstlich für “echte“ Gefühle (und jede Ausnahme bestätigt die Regel). Da fehlen nur noch virtuelle Familien: Tanten, Onkel, Großeltern. Ts, ts, ts …
Das wäre ja noch schöner! – In der Realität sind Ehen intakt, Familien vorbildlich, Freundschaften unzerstörbar, Eltern treusorgend, Kinder verständig, Ehegatten ohne Gedanken an andere Menschen, - ohne Krisen, ohne Zweifel, ohne Fehler … Nur im Internet herrschen Lug und Trug.

Ähm … ich hab’ übrigens virtuelle Kinder bekommen (geht ganz einfach und sauber; sie schmutzen nicht, sind schon aus dem Gröbsten raus, machen nicht in die Windeln, führen nicht zu neun Monaten Übelkeit, die Gurken kann ich trotzdem essen …), aber so etwas nehme ich natürlich nur als Spaß. Ich probier’ es aus, so wie … so wie … Kolumnen zu schreiben. Ein paar Wochen und dann schieß ich die Blagen in den Wind.


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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag

Ropa (33)
(24.08.06)
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Sektfrühstück (41)
(24.08.06)
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