andi(e)stirnschlag

Kleinlichkeiten


Eine archivierte Kolumne von  AndreasG

Donnerstag, 22. Februar 2007, 04:05
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abgemalt

Gefragt sind neue Ideen, innovative Ideen, Ideen, die uns begeistern und neue Blickwinkel auf die Welt verschaffen. Durch unser gesamtes Leben zieht sich dieser rote Faden. Vom Anfang bis zum Ende.
Na ja … auch noch über das Ende hinaus.

Besonders innovativ sind hier die US-Amerikaner. Sie haben den Kult um den Tod inzwischen um einige Spielarten bereichert, die in unseren Augen nicht immer sehr geschmackvoll sind. So pumpen sie ihre Toten sehr häufig mit einer Einbalsamierungsflüssigkeit voll und stecken sie dann in luftdichte Särge (sogar aus Edelstahl!), damit die Körper möglichst lange erhalten bleiben. Das erinnert an die Silikonimplantate, die in den USA so beliebt sind (bei den Lebenden). Wen interessiert schon, was drin ist? Gut aussehen soll es!
Genau! – Gut aussehen! So gut wie zu Lebzeiten! – Oder sogar besser als je zuvor! – Dafür gibt es Kosmetiker und plastische Chirurgen, die nicht nur Wunden verdecken, sondern auch Schönheitsmakel ausbessern. Bei Toten, wohl gemerkt.
Aber auch das Weltall ist für Amerikaner ein potentieller Ort für ihre Toten (nur für die Wohlhabenden), denn etwas Besonders muss schon sein. In Deutschland wird währenddessen noch Asche in Urnen gesammelt oder über das Meer verstreut. Innovativ ist für Deutsche höchstens das Baumbegräbnis, bei dem die Asche zwischen die Wurzeln speziell gekennzeichneter Buchen und Eichen deponiert wird. – Darüber können US-Amerikaner nur kichern, denn die Beerdigung im eigenen Garten (etwa unter dem Lieblingsbaum) hat dort eine lange Tradition.
Doch ausgerechnet die Schweizer stahlen dann die Show, als sie Diamanten anboten, die aus der Asche von Verstorbenen gepresst wurden. Schöner, extravaganter und ungewöhnlicher geht es wohl kaum. Das sind wirklich neue Blickwinkel ...
Die Amerikaner versuchten es gleich zu überbieten, in dem sie den Diamanten Farbstoffe nach Wunsch beimengten, doch richtig innovativ mögen sie sich dabei nicht gefühlt haben. Was also tun?

Jetzt kommt die Antwort aus Österreich.
Österreich? Seit wann haben Österreicher innovative Bestattungsideen (von den Beinhäusern mal abgesehen)?
Nun … es ist die Meldung, die aus Österreich kommt, nicht die Idee: Sozialminister Erwin Buchinger (SPÖ) beschwert sich, dass ein Jugendbild von ihm für Werbezwecke missbraucht wird (er trägt dort Schnauzbart und lange Haare). Mit seinem Bild wird im Internet (www.ashestoportraits.com) für eine Bestattungsfirma geworben.
Innovativ ist die Art der Bestattung – oder besser: die Kunstform der Bestattung. Denn wieder geht es um das Aussehen, wieder um Zusatzstoffe, wieder um den Blickwinkel und die lange Haltbarkeit. Diesmal aber gerahmt und in Öl.
Für 1400 bis 1700 Dollar kann man von der Firma aus Michigan ein Gemälde des Verstorbenen erwerben. Frisch gemalt aus selbstangemischten Farben, in die die Asche des Verstorbenen eingerührt wurde. Sozusagen das echteste Gemälde aller Zeiten.

Stellt sich nur die Frage, ob denn die Palette und die Pinsel nachher beerdigt werden.

(Quellen: “derStandard.at/Investor vom 21. Februar 2007“ und “oe24.at vom 21. Februar 2007“)



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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag

Ropa (33)
(22.02.07)
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