BlackHört

Un-Erhörtes aus der Musikwelt


Eine Kolumne von  BLACKHEART

Montag, 14. Mai 2012, 22:37
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Under Cover

Letzte Woche lief kurz vor Ende der Spätschicht der Song "Hotel California" im Radio. Allerdings nicht die bekannte Version von THE EAGLES, sondern eine (s)karibische Live-Version von EAGLES-Sänger DON HENLEY solo. Ein Kollege meinte dazu: "Das ist die Django-Version!"
Warum ich das erzähle? Weil es heute um bekannte Songs (oder Teile davon) in neuen Versionen, oder kurz um Cover-Versionen und Samples geht.

Früher, in den 50er Jahren war es Gang und Gebe, dass Künstler bei ihren Konzerten auch immer Songs von anderen sangen, die gerade nicht mit auf der Tour waren. Künstler wie ELVIS PRESLEY, JERRY LEE LEWIS, ROY ORBISON oder JOHNNY CASH, die untereinander auch alle befreundet waren, praktizierten dies über mehrere Jahre hinweg.
JOHNNY CASH behielt diese Praxis sogar bis zum Ende seiner Karriere bei. Einer seiner letzten großen Hits, mit dem er sich sogar noch mal eine komplett neue Hörergeneration erschloss, die seine Enkel sein könnten, war "Hurt". Dieser Song stammt im Original von den Industrial Rockern NINE INCH NAILS.

Meiner persönlichen Meinung nach, hat JOHNNY CASH auch perfekt beschrieben, was man tun muss, wenn man eine gute Cover-Version eines Songs machen will. Er sagte, dass er den Song, bevor er ihn aufnimmt, so oft im Studio spielt, bis er sich wie ein eigener Song anfühlt.
Und das hört man seinen Cover-Versionen auch an.

Diese Regel sollte so mancher Pop-Produzent, Techno-DJ oder Rapper mal beherzigen.
Wie oft fanden sich grottenschlechte Cover-Versionen von (Rock)Klassikern oder Songs, die mit einem Sample (Melodie, Beat oder Refrain aus einem anderen Song) versehen wurden, in den Charts wieder?
Und wie viele Kiddies gehen darauf ab, ohne das Original zu kennen, geschweige denn zu wissen, dass es überhaupt ein Original gibt?
Es macht mich traurig, zu sehen, wie die Musikbranche in dieser Hinsicht mehr und mehr verkommt. Nur um der schnellen Kohle Willen wird hemmungslos geklaut. Dass damit Kulturgüter geschändet werden, scheint niemanden zu interessieren.

Was wäre denn, wenn ich z.B. von der "Zeche Zollverein" (immerhin Weltkulturerbe) einfach ein Stück rausbrechen und bei mir zu Hause ins Wohnzimmer hängen oder als Türrahmen benutzen würde?
Da wäre die Empörung groß und der blau-silberne Partybus würde bei mir vorfahren.

Aber ist Musik denn kein Kulturgut? Warum fallen Songs wie "Stairway to Heaven" von LED ZEPPELIN, "Poison" von ALICE COOPER oder "I wanna dance with somebody" von WHITNEY HOUSTON nicht auch unter den Begriff "Weltkulturerbe" und werden entsprechend geschützt?
Weil manche Leute dann kein Geld mehr verdienen würden. Blöderweise haben diese Leute aber die großen Plattenfirmen im Rücken und die widerum haben die Entscheidungsträger (sprich: die Politik) im Rücken.
Vielleicht sollte ich mal eine Partei gründen, um meiner o.g. Forderung Nachdruck zu verleihen. Ich bin sicher, dass ich damit viele Anhänger finden würde.
Und wenn es nichts wird, muss ich halt under cover ein bisschen samplen.

In diesem Sinne:

Haltet die Ohren offen!

Aber nicht für meine FLOP 5 der schlimmsten Cover/Samples aller Zeiten:

Platz 5:  JESSICA SIMPSON - "These Boots are made for walkin'" im Original von NANCY SINATRA (die Simpson-Version fällt unter die Kategorie "Zweckentfremdung")
Platz 4:  BLUE LAGOON - "Break my Stride" im Original von MATTHEW WILDER
Platz 3:  LIL' KIM - "In the Air tonite" im Original "In the Air tonight" von PHIL COLLINS (der übrigens nicht an dieser Version mitgewirkt hat, auch wenn es so im Titel steht)
Platz 2:  GOLEO IV & LUMIDEE feat. FATMAN SCOOP - "Dance" im Original "I wanna dance with somebody" von WHITNEY HOUSTON

und

Platz 1:  GROOVE COVERAGE - "Poison" im Original von ALICE COOPER

Danke fürs Reinhören.


Euer BLACKHEART

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