BlackHört

Un-Erhörtes aus der Musikwelt


Eine Kolumne von  BLACKHEART

Donnerstag, 03. Dezember 2015, 21:13
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Frontbericht: "Schwedenstahl"

Wie manch einer meiner Leser sich erinnern wird, war ich ja Anfang des Jahres auf  Kreuzzügen mit dem HammerOrden. Damit erfüllte ich mir einen Traum: HAMMERFALL auf deren gesamter Deutschlandtour zu begleiten.
Am vergangenen Samstag erfüllte ich mir darüber hinaus einen weiteren Traum: HAMMERFALL live in deren Heimat- bzw. Gründungsstadt Göteborg zu erleben.

Ich will mich an dieser Stelle gar nicht groß mit der Anreise (ein Regionalzug, ein IC, ein Airbus A320-200 und ein Shuttlebus) oder dem Hotel aufhalten, sondern direkt zum Wesentlichen kommen:
Dem Konzert im Scandinavium, Göteborgs größter Indoor- Konzertlocation (laut Betreiber können bis zu 14000 Konzertbesucher dort Platz finden).
Für das Konzert war allerdings nur ca. die Hälfte der Halle vorgesehen, wie ich nach einem Besuch im angegliederten McDonald's (es lohnt sich wirklich, die landestypischen Burger zu probieren) und einer etwas mehr als einstündigen Wartezeit vor der Halle feststellen konnte.
Alles in allem hätten ca. 5500 bis 6000 Besucher dem Konzert beiwohnen können, allerdings waren gerade die Sitzplätze alles andere als gut gefüllt, so dass schätzungsweise "nur" 4000 bis 4500 Zuschauer anwesend waren.
Mir war das aber relativ egal, da ich einen Platz in der ersten Reihe ergattern konnte. Sogar ziemlich mittig, weswegen ich mir gute Chancen auf geworfene Souvenirs (Plektren, Drumsticks, Setlisten, etc.) ausrechnete, was sich in Verlauf des Abends auch bestätigen sollte.

Aber eins nach dem anderen. Den Opener des Abends machten die Schweden von CIVIL WAR. Auf diese Band war ich sehr gespannt, schließlich wurde sie von den vier ausgeschiedenen SABATON-Gründungsmitgliedern DANIEL MYHR (Keyboard), DANIEL MULLBACK (Schlagzeug), RIKARD SUNDEN (Rhythmusgitarre) und OSKAR MONTELIUS (Leadgitarre) zusammen mit dem ehemaligen Sänger von ASTRAL DOORS und einem Bassisten mit Spitznamen "PIZZA" gegründet. Dieser war mittlerweile ebenso wie OSKAR (der mittlerweile ersetzt wurde) aus der Band ausgeschieden, so dass die Bassspuren leider vom Band kommen mussten.
Gespannt war ich vor allem deshalb, weil ich ein riesiger Fan von SABATON bin und CIVIL WAR sowohl musikalisch als auch inhaltlich in die gleiche Richtung gehen (Power Metal mit geschichtlicher Kriegsthematik).
Die Band zeigte sich auch äußerst spielfreudig, was sich nicht zuletzt in ständigen Positionswechseln der Gitarristen, einem fast durchgängig headbangenden Schlagzeuger und einem Keyboarder äußerte, der ein ums andere Mal das Publikum anpeitschte.
Lediglich der Sänger schien nicht seinen besten Tag zu haben. Nicht nur durch das relativ kurze Kabel seines Mikrofons schien er in seinen Bewegungen gehemmt, er hatte offensichtlich auch mit einer Erkältung zu kämpfen. Nach fast jedem Song, ließ er sich am Bühnenrand einen heißen Tee oder etwas in der Art aus einer Thermoskanne in einen Becher füllen und trank es hastig aus, bevor erwieder zurück kam. Zum Ende des Sets hin besserte sich seine Stimme etwas und "Gods and Generals" klang dann doch noch recht triumphierend.
Diese Band erweitert auf jeden Fall meine Liste der nächsten CD-Käufe. Zum Glück haben sie erst zwei Scheiben veröffentlicht.

Deutlich mehr Scheiben haben EDGUY bereits veröffentlicht und aufgrund ihrer langjährigen Freundschaft mit HAMMERFALL waren sie an dem Abend als "Special Guest" mit an Bord.
Apropos "an Bord": Bevor es in Frankfurt an Bord der Lufthansa-Maschine ging, traf ich die Band und ihre Roadies am Check In und hatte kurz Gelegenheit mich mit Sänger TOBIAS SAMMET und Rhythmusgitarrist DIRK SAUER zu unterhalten.
Und ein paar Stunden später sahen wir uns wieder. Sie auf der Bühne, ich davor.
Wer die ehemalige Schülerband aus Fulda einmal live gesehen hat, der weiß, was ihn/sie erwartet: ehrliche handgemachte Musik, die gekonnt zwischen Heavy Metal und Hard Rock pendelt, ohne sich dabei anzubiedern, vier Musiker, die ihre Instrumente perfekt beherrschen und mit TOBI SAMMET einer der besten und sympathischsten Entertainer der harten Stromgitarrenmusikszene.
Und natürlich Hits, Hits und nochmal Hits. Angefangen mit "Love Tyger" aus dem aktuellen Album "Space Police - Defenders of the Crown" (beim Titelsong "Space Police" wurde der Weltraumpolizist vom Albumcover als ca. fünf Meter große Puppe auf der Bühne aufgeblasen und blieb dort bis zum Ende des Sets), über das selten gespielte "Out of Vogue", den Spaßkracher "Lavatory Love Machine", die Klassikerhymnen "Tears of a Mandrake" und "Vain Glory Opera" bis hin zur abschließenden Übernummer "King of Fools", die Setlist las sich wie ein kleines Best-Of der Bandgeschichte. Und hätte TOBI nicht seinen allzu bekannten "Fehler" begangen und weniger gelabert, hätte man "Superheroes" auch nicht auslassen müssen.
Nichtsdestotrotz fraß das Publikum der Band aus der Hand. Laute "We want more"-Rufe der nicht wenigen EDGUY-Shirt-Träger im Publikum waren die Folge. Leider waren die 50 Minuten Spielzeit aber um und die Umbauarbeiten für den eigentlichen Headliner begannen.
Während dieser Umbauphase warf mir einer der Roadies, der mich wieder erkannt hatte, einen Drumstick von Schlagzeuger FELIX BOHNKE zu. Die hübsche Finnin links neben mir (rechts hatte ich Gesellschaft von zwei nicht minder hübschen Schwedinnen) war mehr als neidisch. Sorry, aber der Stick war nunmal für mich bestimmt.

Wie auch schon während der ersten Umbauphase wurden die Fans in den ersten Reihen von den Securities mit Trinkwasser versorgt. Klasse Service, den man hier in Deutschland eher selten genießt. Dafür ist bei uns das Bier günstiger.

Aber zurück zum Wesentlichen und dem Hauptgrund meines Trips in den Norden: die Lokalmatadoren HAMMERFALL.
Um es vorweg zu nehmen: musikalisch gab es keine großen Überraschungen. Wo HAMMERFALL drauf steht ist eben auch HAMMERFALL drin. Punkt.
Die Setlist war exakt die gleiche, wie auf der Tour im Frühjahr, was mich im Nachhinein aber nicht wirklich traurig macht. Bei so vielen herausragenden Songs im mittlerweile neun Studioalben umfassenden Kanon kann die Auswahl aber auch verdammt schwer fallen. Allerdings befand sich von jedem Album mindestens ein Song auf der Setlist und natürlich durften Klassiker wie das epische "Glory to the Brave", der Nackenbrecher "Renegade" oder die Bandhymne "Hammerfall" nicht fehlen.
Obwohl Sänger JOACIM CANS sämtliche Ansagen auf schwedisch machte (ein weiteres charmantes Detail dieses Konzerts), konnte ich doch fast alle nachvollziehen. Ich hatte sie ja im Frühjahr schon zwölf Mal auf englisch gehört. Und spätestens als klar war, dass er fragte, wer HAMMERFALL an diesem Abend zum ersten Mal sehen würde (überraschend viele), war auch klar, welcher Song als nächstes folgen würde: "Let the Hammer fall" und damit auch OSCAR DRONJAKs Gitarre im Design des Hammers von Bandmaskottchen HECTOR.
Wie auch schon auf der Tour, verscheuchte Leadgitarrist PONTUS NORGREN ungefähr zur Halbzeit des Sets Sänger JOACIM von der Bühne, um ein Solo zu spielen. Nachdem er aufgehört hatte, erklang plötzlich eine andere Gitarre. OSCAR, der am Bühnenrand stand hatte sichtlich nichts damit zu tun. Auf der Tour im Frühjahr war es PONTUS Vorgänger STEFAN ELMGREN gewesen, der auf der Tour für Bassist FREDRIK LARSSON eingesprungen war. Dieser war hier zwar wieder an Bord, aber das sollte nichts heißen.
Es war tatsächlich STEFAN ELMGREN, der unter frenetischem Jubel auf die Bühne kam und das (ebenfalls von der Tour bekannte) Instrumental-Medley spielte.
Zur Zugabe "Hearts on Fire", dem traditionell letzten Song eines HAMMERFALL-Konzertes kam er dann nochmal auf die Bühne und der Song wurde erstmals mit drei (!!!) Gitarristen performt. Genialer Abschluss eines überragenden Konzertes.
Das Tüpfelchen auf dem "i" war dann noch das Plektrum, das ich von einem anderen Typen, der ebenfalls in der ersten Reihe gestanden hatte, geschenkt bekam. Er hatte gesehen, wie ich mich mehrfach vergeblich um eines der am Boden des Fotograbens liegenden Plektren bemüht hatte (die Finnin neben mir hatte eins ergattern können) und meinte, ich könnte es haben. Ein Angebot, das ich nicht ablehnen konnte.

Einziger kleiner Wehrmutstropfen (abgesehen davon, dass es gefühlt viel zu schnell zu Ende ging) war, dass die Bar im Eingangsbereich bei Konzertende bereits geschlossen war.
So genehmigte ich mir im Hotel noch ein Bier, bevor es dann ins Bett ging.
Ein weiteres (für umgerechnet neun Euro) verkürzte mir die Wartezeit im Flughafen, bevor es wieder nach Frankfurt zurück ging. Auch hier waren übrigens wieder die Jungs von EDGUY samt Crew mit an Bord. Allerdings verlor ich sie dann nach der Landung aus den Augen, weil sie auf den zweiten Bus warten mussten, der sie vom Landeplatz zum Terminal brachte. Ich fuhr nämlich im ersten mit.
Eigentlich schade, weil ich mich gern noch etwas mit ihnen unterhalten hätte, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Sie wohnen ja gerade einmal 70 Kilometer von mir entfernt.

In diesem Sinne:

Haltet die Ohren offen!

Zum Beispiel für meine TOP 5 der Bands, die ich bislang ebenfalls als Vorgruppen von HAMMERFALL sehen durfte.

Platz 5: FIREWIND
Platz 4: BULLET
Platz 3: AMARANTHE
Platz 2: LORDI

und

Platz 1: SABATON

Danke fürs Reinhören.


euer SVARTHJÄRTA


Song der Woche: "Über den Wolken" von REINHARD MEY

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 Dieter_Rotmund (01.12.15)
Gerne gelesen!

P.S.: Ich bin kein Experte, aber "Rythmusgitarrist" - kann das stimmen? Nee, oder?
Graeculus (69)
(01.12.15)
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 BLACKHEART (01.12.15)
@ Dieter: Danke für den hinweis. Habe es korrigiert.

@ Graeculus: Ich befand mich immerhin innerhalb von 24 Stunden gleich zwei Mal "über den Wolken", von daher finde ich den Titel als "Song der Woche" angemessen. Zumal es ja nur der Titel des Liedes ist, der einen Bezug zur vergangenen Woche haben muss, nicht aber der Inhalt. Das Genre ist demzufolge auch nebensächlich.
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