Film & Fußball

Eine cineastische Mannschafts-Kolumne


Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"

Mittwoch, 31. Juli 2013, 00:17
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Wir sind Europameisterin

von  Dieter_Rotmund


Finale. Sonntagnachmittag. Mein Nachbar hatte sich Gäste eingeladen. Die waren so vernarrt darauf, auf der Veranda meines Nachbarn zu sitzen, dass sie es taten, obwohl es regnet. Wenigstens saßen sie unter einer Markise.
Ich hatte den Eindruck, die Gäste sprachen etwas lauter als angemessen, als wollten sie meinen Nachbarn und allen drumherum mitteilen: Wir sind wegen Deiner Veranda hergekommen, nun möchten wir unbedingt darauf sitzen. Auch wenn es regnet. Finale gucken konnte man von dieser Position aus nicht.
Die beiden jungen Töchter der Gäste sahen das nicht so verbissen. Sie haben sich das EM-Finale im Inneren des Hauses meines Nachbarn angesehen und berichteten den kategorisch Draussensitzenden nach dem Schlusspfiff über den Ausgang. Schlusspfiff. Ich machte mir Rührei.
Es war ein schönes Turnier mit spannenden Spielen.
ARD und ZDF haben sich wieder einmal nicht mit Ruhm bekleckert, was die Übertragung der Begegnungen betrifft. Es wurden grundsätzlich nur Spiele mit deutscher Beteiligung gezeigt. Für ARD und ZDF sind Fußballerinnen aus Frankreich und Spanien offenbar Sportler zweiter Klasse. Dass es direkt vor den Spielen nur eine Viertelstunde medialen Vorlauf gab, ist indes ein Pluspunkt: Wem sind nicht die bis zu drei Stunden langen "Vorberichterstattungen" leid, die diesen Namen nicht verdienen, sondern zu 95% substanzloses Blabla sind. So wie es vor den "Männer-"Spielen zelebriert wird.
Ein wenig seltsam mutet es aber schon an, dass in die nur 15minütige Halbzeitpause noch eine "heute"-Nachrichtensendung gequetscht wird, als wäre während der ersten Halbzeit weissgottwas passiert, über das man unbedingt noch schnell berichten müsste. Zugegeben: Das wird auch beiden Männer-Spielen so gemacht.
Hier und da wäre etwas mehr Fußball-Hintergrundberichterstattung schon schön gewesen: Gönnerhaft-joviale Spielanalysen ehemaliger Fußballprofis braucht kein Mensch, aber ein paar gut gemachte Portraits hätte ich gerne gesehen. Und was waren das für schwedische Städte, in denen die Spiele stattfanden? Auch dazu fast keine Infos und vor allem: Keine Bilder.
Kleine Peinlichkeiten: Der Werbesport einer Eifeler Bierbrauerei, in der Spieler und Trainer der Männer-Fußballnationalmannschaft wahnsinnig lässig und entspannt Kickern-Fußball spielen (oder wie das heißt). Und dazu das alkoholfreie Bier der Brauerei trinken. Ich bin ein großer Fan von alkoholfreiem Bier und habe schon viele probiert. Das aus der Eifel schmeckt scheusslich. Ob scheußlich oder nicht, der Spot passte gar nicht. Einerseits die Fußballmillönäre beim "Chillen", andererseits die Fußballerinnen beim Ackern. Denn das war der Titelgewinn meistens: Ein Arbeitssieg. Das macht ihn nicht weniger wertvoll. Vielleicht werde ich mir ein Trikot kaufen. Das schwarz-rote, nicht das piefige weisse mit der schwarzen Hose. Das steht für Deutschen Altherren-Fußball, finde ich.
Wir sind Europameisterin.

Dazu ein paar Verse von  Didi.Costaire:

Weil Natze-Katze hechtete,
als gäbe es kein Morgen,
war’s letztlich nicht das Schlechteste,
trotz der Verletzungssorgen.

Die bärenstarke Deckung deckte,
und mittig stand dann Mittag-Anja,
die äußerst souverän vollstreckte.
Die Deutsche Frauenmannschaft kann ja

so manches schwere Spiel gewinn‘n,
und 1:0 ist auch ein Sieg.
Wir sind Europameisterin,
und das ist einfach großartig.

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