Was bleibt.

Brief zum Thema Krankheit/ Heilung

von  rebell91

Manchmal habe ich Angst. Dann will ich weinen.

Donnerstag, 12.04
Lor, du hast mich immer verstanden. Ich glaube ich sterbe. Ich kann nicht mehr aufstehen. Ich werde dann immer bewusstlos.
Heute sind die zwei Kleider gekommen, die Bri mir geschickt hat. Das eine ist grau meliert und der Stoff ist steif, aber weich. Das andere ist smaragdgrün und aus flüssiger Seide. Sie sind wunderschön, aber ich konnte sie noch nicht tragen. Verzeih, ich muss schlafen. Werde die schreiben, liebste Lor. Werde dir schreiben.

Samstag, 14.04
Meine Lor. Gestern bin ich aufgestanden und stand ein wenig am Fenster. Ich kann die Tapete nicht mehr sehen. Stell dir vor, ich konnte sogar Bris Kleider anprobieren. Wenn meine Haare gewaschen und frisiert, mein Gesicht nicht so voller Tränen gewesen wäre – ich sähe aus wie eine Prinzessin. Das hat mich sehr glücklich gemacht.

Montag, 16.04
Es geht wieder schlechter. Ich habe heute Abend meine Hand auf die linke Hälfe meiner Brust gepresst, aber da war nichts. Ich habe panisch herumgeschrien. Bin wieder bewusstlos geworden. Als ich Syl von meinem stummen Herz erzählt habe, hat er auch gefühlt. Er meint, es schlägt immer noch. Ich bin mir da nicht so sicher. Du könntest es mir bestimmt sagen, Lor. Wann kommst du wieder? Ich vermisse dich.

Donnerstag, 19.04
Ich glaube dem Arzt kein Wort mehr. Er hat gesagt, ich müsse im Bett bleiben. Bin aber aufgestanden und in den Garten geschlichen. Die Luft war so wunderschön. Ich wusste schon gar nicht mehr wie die Luft in unserem Garten riecht. Kannst du dir das vorstellen?

Montag, 30.04
Liebste Lor. Der Arzt hatte doch Recht. Habe viel Blut gespuckt die letzten Tage. Habe viel Tapete gesehen. Tee getrunken. Viele Infusionen. Acht Kilo abgenommen. Wäre ich nicht so krank, wärst du bestimm neidisch auf meinen Körper. Aber was bringt er mir, wenn ich ihn nicht nutzen kann? Er ist hübsch, aber kaputt.

Donnerstag, 33.04
Urgroßvater war heute hier und hat mir Nelken mitgebracht. Millionen Nelken. Ich kann den Garten wieder riechen, Lor. Lor. Lor ich kann den Garten wieder riechen. Urgroßvater war heute da und hat mir Milliarden Nelken mitgebracht! Er war heute zu Besuch.

Samstag, 35.04
Lor, ich liebe dich!

Sonntag, 36.04
Syl sagt, dass ich bald sterbe. Hab gesagt, fühl Herz. Er hat schüttelt Kopf.

Montag, 37.04
Hab mir immer gewünscht an einem Donnerstag zu sterben. Das ist ein vorbelasteter Tag. Der Donnerstag. Drück mir die Daumen.

Mittwoch, 39.04
Syl keine Ahnung. Nelken haben gewelkt heute Nacht. Kein Tee, nur Blut. Hat meinen Tee getrunken. Ich komme bald wieder besuchen, Lor! Dann bring ich Teeservice. Wir trinken Tee. Wir. Tapete stinkt. Fast blind. Syl ist Hund geworden. Ich liebe dich , Lor!

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Kommentare zu diesem Text

Grufti.Ente (28)
(18.04.09)
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 rebell91 meinte dazu am 19.04.09:
wundertraurig ist ein wunderschönes wort dafür.
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