Wolf und Co.

Text

von  lugarex

Wie ich auf wundersame Weise zur beinahe obligaten Impfung kam: 


Ich trainiere täglich bei jedem Wetter neben dem Areal der Zürcher Uni. Olympiade habe ich schon vor Jahren verpasst. So trainiere ich masochistisch im Rahmen der Physiotherapie nach meinem Gehirnschlag. Nicht, dass es etwas im Alter von bald 80 etwa bringe, aber es gehört inzwischen zur Gewohnheit. Es ist auch eine Art Flucht, mental und physisch auch. Unlängst auch als Flucht vor den ängstlichen Nachbarn, die einen nicht geimpften meiden wie die Pest.


Es war ein sonniger Tag gegen Mittag. Das Tram haben wir gekannt. Meine Frau hatte stets während der Fahrt zur Uni laut darüber nachgedacht, ob es nicht vernünftig wäre, sich doch endlich impfen zu lassen. Das Tram war nämlich zu einem auf Schienen fahrenden “Spital” umgebaut worden, mit mindestens einem Arzt und ganzer Meute schöner Krankenschwester. Mit deutlicher Aufforderung einzusteigen und sich impfen lassen. Interessanter Einfall, ohne Warteschlange, ohne Bürokratie. 

Das fahrende Ambulatorium wurde von der Polizei bewacht und die Hauptrolle - wie sich später herausstellen sollte - spielte ein wunderschöner deutscher Schäferhund.


Die Strassenbahn hat neben dem Uni-Areal Endstation Zoo. Der Schleife ist ein Blindgeleise angeschlossen, wo das spezielle Tram für unbestimmte Zeit hätte stehen können. So geschehen auch diesen Nachmittag. Personal sonnte sich endlich ohne FFF2 in der Herbstsonne, trank Kaffee aus mitgebrachten Thermosflaschen, rauchte und der Hund fand einen Holzstock und bot ihn den Leuten zum Werfen an.


Wir könnten diesem Wachhund mit menschlichen Antlitz keine Sekunde widerstehen.

Neugierig erkundigten wir uns bei diesem ersichtlichen Leiter der mobilen Station, ob er eventuell auch einen Arzt zu bewachen hat. Ein sympathischer Herr im Zivil erklärte, er wäre der diensthabende Arzt. Sollten wir? Dürfen wir rein? Das blieb ohne Antwort! Der Schäferhund, treu seinen Namen, jagte uns hinein. Schwester mit stechenden schönen Augen, was die Mundmaske noch betonte, fragte, in welchen Arm sie pieksen soll. 

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Stechende Augen der Wespenkönigin vor dem Stich.


Ich konnte mich nicht wehren. Ich habe es machen müssen! 


Meine beliebteste Nummer. Nach dem harmlosen Stich fiel ich zum Entsetzen der netten Damen von der Impfstelle in Ohnmacht. Natürlich gespielt, mit lachender Grimasse. Applaus auf offener Szene.


Der gutmütige Arzt liess mir einen Stuhl in die Sonne setzen und wir diskutierten über die Kunst des Zeichnens, weil es sich gezeigt hat, dass Zeichen, Malen und Schreiben zu den Hobbies des frisch pensionierten Arztes gehören. 


Wäre da nicht der Schäferhund, hätten wir uns sicher nicht als wahre Schafe durch die schönen Augen von Personal in den Stall der Geimpften derart leichtsinnig verführen lassen.

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Rotkäppchen und Wolf. 

“Herr Wolf, sind die Schafe geimpft?'' Sonst müssen die draussen bleiben!”

Folgen waren grauenhaft: Ich hätte den schönen Tag beinahe für immer vergessen!




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