Schattenmond

Short Story zum Thema Diesseits/ Jenseits

von  diestelzie

Ganz zart, beinahe grazil waren die Konturen des Mondes zu erkennen. Schemenhaft zeigten sich am Horizont einzelne Häuser. Der Wald lag hinter ihr und vor ihr eine nie zu enden scheinende Wiese mit hochgewachsenen Gräsern und Wildblumen. Außer ihr war an diesem späten Nachmittag niemand unterwegs. Sie war schon einige Kilometer gelaufen und genoss die Ruhe für diesen Augenblick. Nur der Gesang der Vögel fügte sich in die Stille ein und unterbrach sie nicht.   

Sie dachte an ihren Job und daran, dass sie dem Stress immer weniger gewachsen war. Es war die Flut an Informationen, die sie immer schwerer verarbeiten konnte und es waren die Menschen, die nur noch selten das sagten, was sie auch meinten. Ehrlichkeit war selten geworden. Immer öfter hatte sie das Gefühl nicht mehr dazuzugehören. Dann musste sie hinaus in die Natur, musste tief durchatmen und die Stille auf sich wirken lassen. Hier wurde sie nicht belogen.

Der Mond hatte etwas magisches. Es schien, als könnte sie ihn mit den Händen fassen. Sie erkannte einzelne dunkle Flecken und wollte das unbedingt bildhaft festhalten. Mit der Handykamera suchte sie den Himmel ab und erschrak. Was sie gerade sah, gab es nicht wirklich. Sicher hatte sie schon davon gehört und das als Spinnerei oder übermäßige Fantasie abgetan. Das war so fern jeder wissenschaftlichen Logik! Wie konnte das sein? Wurde sie jetzt verrückt? Konnte ihr Gehirn ihr einen solchen Streich spielen und ihr eine Fata Morgana vortäuschen? Verwirrt schaute sie sich um. War vielleicht jemand hier, ohne das sie es bemerkt hatte? Nach wie vor war sie allein. Kein Mensch weit und breit. Sie dachte an eine optische Täuschung, nahm ihr Handy und sucht noch einmal den Himmel ab.

Da war es wieder. Es erschien so deutlich, das sie jetzt zum zweiten Mal erschrak. Ein Kindergesicht lachte sie an. Es schien ihr zuzuzwinkern und es schien die Bedrohung zu erkennen, die sich als unförmiger Gesichtsschädel mit riesigen Augenhöhlen über das Kind legte. Der Tod war da und das kleine Kind lächelte weiter. Mehr noch! Es schien ihr zu sagen "Hab keine Angst. Ich habe auch keine." Sie drückte auf den Auslöser um sich danach sofort das Bild auf dem Handy anzuschauen. Was sie sah, war nichts als blauer Himmel.

Verwirrt lief sie nach Hause und nahm sich vor, diese Begebenheit sofort aufzuschreiben.


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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (06.06.23, 18:11)
Ach, herrje...

 diestelzie meinte dazu am 06.06.23 um 19:15:
Ich weiß...
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