Auf dem Schlauch gestanden (So, 19.05.2024)

Märchen

von  Hamlet

Er wollte seinen Garten wässern und drehte den Hahn immer stärker auf, wobei er nicht bemerkte, auf dem Schlauch gestanden zu haben. Ab und zu trat er zufällig beiseite, sodass ein heftiger Strahl seine Blumen zerspritzte. Der Schreck ließ ihn ganz unbewusst seinen Fuß wieder auf den Schlauch stellen, sodass das Wasser wieder verebbte. Ich glaube, er versuchte dasselbe bis über seine erste Lebenshälfte hinaus, während sein Garten auszutrocknen begann. Zwar trocknete er nicht gänzlich aus, da regelmäßige Ströme die Erde durchwühlten, doch konnte ihn nichts Grünes, Buntes und Duftendes erfreuen. Solange er auf dem Schlauch stand (wobei er sich ärgerte, trauerte und betete) und dann wieder regelmäßig daneben trat (wobei er andere überrumpelte und ungeduldig übertrieb) war alles entweder nichts oder viel zu viel.

Plötzliche Weisheit gleicht der Erkenntnis, zeitlebens auf dem Schlauch gestanden zu haben. Ein letztes Mal wird er die Erde wohl aufwirbeln müssen, wenn er jetzt bewusst vom Schlauche tritt. Nun weiß er jedoch, dass sich der zerstörende Strahl normalisiert, wenn er nur nicht wieder vor Schreck auf den Schlauch tritt. So wird sein Garten vielleicht in seiner zweiten Lebenshälfte noch grünen, blühen und duften. So sei es.



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