andi(e)stirnschlag

Kleinlichkeiten


Eine archivierte Kolumne von  AndreasG

Donnerstag, 26. Oktober 2006, 06:20
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Die zwei Möglichkeiten des Frauseins.

Es ist die Zeit der Richtigstellungen. In den letzten Tagen war von einer Rapperin mit Kopftuch zu hören, die sich so gegen die Zwänge des Bauchfreikultes wehrt. Iranische Mädchen (natürlich auch mit Kopftusch) nahmen als einzige (erfolgreiche) weibliche Mannschaft bei den Roboterfußballturnieren teil. Islamische Lehrerinnen treten gehäuft in den Medien auf und stellen richtig, dass ein Kopftuch keine Einschränkung oder Unterdrückung der Frauen darstellt. Islamische Theologen stellen sich hin und predigen, dass die Scharia nicht frauenfeindlich sei (und erst recht nicht menschenverachtend).
Die Christen lassen sich nicht lumpen. 54 % der US-Amerikaner bekennen sich zum kreationistischen Weltbild, wonach die Erde knappe 6000 Jahre alt ist. Abtreibung darf wieder Mord genannt werden (auch in Deutschland) und in vielen amerikanischen Schulen muss im Biologieunterricht die Schöpfungslehre alternativ zur Evolution gelehrt werden (aber nicht mehr lange, denn Darwin ist ja so’was von out …). Und beim Frauenbild tröten sie dann gemeinsam mit den Muslimen und beklatschen Frauen wie Eva Hermann.
Andererseits hört man immer wieder, dass die Emanzipation und der Feminismus alte Hüte seien. Die Frau von heute braucht diese männerhassenden Parolen nicht, denn sie kann sich durchsetzen und ist gleichberechtigt. Das wird durch die Mode- und Schönheitsindustrie gefördert und nicht unterdrückt (wir sind ja frei im denken). Darum ist es gerade ein Zeichen dieser Freiheit, dass junge Frauen sich piercen lassen, bauchfrei herumrennen, kurze Röcke tragen und sehr gemäßigt essen. So ist es auch ein Unding, dass Elena Salgado den Models ein Mindestgewicht für die spanischen Modenschauen verordnete. Ein Eingriff in die Freiheit selbstbestimmter Frauen ist das!

Nun sind die kopftuchtragenden Frauen nicht sehr glaubwürdig, wenn sie gleichzeitig die wortgetreue Lehre des Korans einfordern. Da mag noch so sehr argumentiert werden, dass die Frauen des Propheten erfolgreiche Geschäftsfrauen waren, die sich nicht die Butter vom Brot nehmen ließen …, irgendwie stehen auch andere Sachen in diesem heiligen Buch. Nur: um das Kopftuch zu rechtfertigen, muss schon jedes Wort eine große Bedeutung haben. Es wird nämlich nicht genannt und – vielleicht, vielleicht auch nicht – mit “Bedeckung“ umschrieben.
Die christlichen Kreationisten haben es nicht leichter: sie müssen das alte Testament mit einbeziehen und den Spagat schaffen, gleich zwei unterschiedliche Schöpfungsgeschichten unter einen Hut zu bringen (da wäre ein Kopftuch viel praktischer). Das erfordert ordentlich Kreativität von den Kreationisten. Auch ist es ein echtes Kunststück, nach der wortgetreuen Lesart (der Bibel), die weibliche Homosexualität zu verdammen, obwohl da nur “bei Männern liegen“ steht.
Verständlich, dass viele Frauen mehr dem selbstbestimmten Leben der nicht religiös bestimmten Welt zuneigen. Wie etwa Luisel Ramos (ein Name, den man sich merken sollte), die sich auf ihren großen Tag am 3. August 2006 sehr emanzipiert vorbereitete. Völlig frei entschieden legte die 1,78 m große Frau einige Fastentage ein, um von den übergewichtigen 62 kg auf 50 kg zu kommen (BMI von 15,7). Dann legte sie ihren Auftritt auf dem Catwalk in Montevideo hin und sich selber hinterher.
Modenschauen gehen weiter, sie nie mehr.


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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag

Ropa (33)
(26.10.06)
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 Theseusel (26.10.06)
...nie mehr nicht?:( nicht mal im Negligé als Burka entpuppt sie sich als harte Gurka? Huch...

 AlmaMarieSchneider (27.10.06)
Ich denke es ist grundsätzlich falsch ein Kleidungsstück zu einer Religionsfrage oder zum Sybol für Unterdrückung zu machen. Verschleierung kommt im Orient auch aus der Tradition und wurde vermutlich in den Koran als Lebenshilfe integriert.

Besieht man sich Bilder alter Meister trugen auch viele Frauen der westlichen Welt Tücher oder andere Kopfbedeckungen. Die englische Königin ist heute noch so gut wie nie OHNE zu sehen.

Männer scheinen ja irgendwie nach jeden Strohhalm zu greifen um ihre Machtposition zu sichern. Zumindest ist es nicht der Koran oder die Bibel die die Frauen schlagen, ihnen die Bildung versagen, sie einsperren oder unterdrücken. Es sind Männer und daran sollte sich etwas ändern und nicht an den Kopftüchern.

Ich z.B.kann diese albernen Halsschlingen an denen sich Männer seit hundert Jahren festhalten nicht ab. Es wäre zu überlegen welche Komplexe oder sonstigen Mängel man nun diesen Typen anhängen könnte.

 Bergmann (28.10.06)
Ich lese hier keine These, zu vermischt sind die Splitter für die Augen.
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