andi(e)stirnschlag

Kleinlichkeiten


Eine archivierte Kolumne von  AndreasG

Donnerstag, 09. November 2006, 05:34
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falsche Wahl

In den letzten Wochen musste ich mir so manches unsichtbares Schulterzucken, so manchen unhörbaren Seufzer und so manch unbewegtes Augenbrauenhochziehen gefallen lassen. Immer war mein Gegenüber bemüht, dass ich das nicht mitbekäme, doch … na ja, wenn ich jemanden ein paar Jahre kenne …
Dabei war ich nur ehrlich gewesen und hatte von unserer Suche nach einem neuen Auto berichtet. Der “Elefantenrollschuh“ war schon in gute Hände weitergegeben und das “Schiff“ nervte nicht nur durch seine Unübersichtlichkeit, sondern auch durch die Kosten. War es denn ungewöhnlich, dass wir uns nach etwas Neuem umschauten? Und so schlecht waren unsere Kriterien für die Suche gar nicht:
1. kein Ford
2. ausrechend Platz für Paul (mit Hundegitter)
3. alles, nur kein Ford
4. ein Äußeres, das nicht im uniformen Sumpf der silberfarbenen Autos untergeht
5. bloß kein Ford
6. hohe Zuverlässigkeit bei akzeptablem Preis
7. eher klein als groß
8. und natürlich: keine Marke, die mit “F“ anfängt oder aus einem Land kommt, das mit “F“ anfängt (in diesem Fall stehe ich zu meinen Vorurteilen)

Die Auswahl war kleiner als erwartet, denn einige gute (japanische!) Kandidaten flogen wegen erwiesener Hundeunfreundlichkeit heraus: Daihatsu baut in dieser Art anscheinend nur Geländewagen, der Nissan Note lässt gerade einmal eine Bierkastenbreite hinter die Ladeklappe, Mazda kann nur bei großen Autos Kofferäume einbauen (und der Demio wird natürlich nicht mehr gebaut), Toyota setzt nur überdachte Hutablagen ein (und den Yaris Verso gibt es auch nicht mehr) und über Mitsubishi möchte ich gar nicht reden. So blieben am Ende nur zwei Autos übrig, die zwar sehr unterschiedlich zueinander, ansonsten aber mit einem so austauschbaren Äußeren gesegnet sind, dass ein Umetikettieren niemandem auffallen würde: der Opel Meriva und der Honda Jazz (Goliath trifft David).
Natürlich hätten wir auch bei Ford schauen können … *räusper*
Schnell war der Opel unser Favorit: großer Laderaum als Hundespielwiese, gute Noten zum Thema Verarbeitung und Qualität („Die von Opel haben nur alte Technik eingebaut, die funktioniert wenigstens …“) und ein ausreichendes Angebot. Mehr sogar: der Opel-Händler in unserer Nähe hatte ein knappes Dutzend davon als Tageszulassung oder Jahreswagen auf Lager. Und über den Preis ließe sich reden, sagte der Verkäufer.
Nun … So richtig glücklich machte uns die Auswahl nicht. Nachdem die Zweifel zerstreut waren („Wieso trennen sich so viele Leute von ihrem neuen Meriva?“ – „Es sind ehemalige Firmenwagen ab 30.000 Kilometer Jahresleistung.“) und wir schon fast den Vertrag unterzeichnen wollten („Nur noch eine Probefahrt, Schatz.“), standen wir eines Abends vor dem Parkplatz mit den gebrauchten Wagen und starrten unglücklich über die Farben Schwarz, Anthrazit und Silber. Grün sollte auch darunter sein. Ein Hauch von Grün in Silber eingemischt, um genau zu sein. Wir konnten das Auto schon aus fünf Metern Entfernung nicht mehr von den anderen unterscheiden.
Kurz entschlossen fuhren wir am nächsten Tag zu Honda – und kauften einen roten Wagen (all die schönen bunten Farben wie Quietschgelb, Babyblau oder Gruselgrün haben monatelange Wartezeiten; - weil sie niemand will). Aber irgendwie hielt sich in meinem Bekanntenkreis das Verständnis in Grenzen: „Na gut, Honda, die bauen bestimmt auch ganz gute Autos. Aber der Meriva ist doch klasse … und Silber ist so eine schöne Farbe.“ – Schon seltsam, dass keiner Verständnis hatte.

Am Samstag kam dann eine Horde Besuch vorbei (keine Ahnung warum) und eine der Damen wollte in diesem Zuge ihr neues schwarzes Auto vorstellen: ihren Meriva. Sie kam zu spät (was sie auch problemlos ohne Meriva schafft und was niemanden überraschte), wirkte aber etwas derangiert, als sie endlich vor der Tür stand. Am Essen knabberte sie nur, den Kaffee verschob sie auf später und besonders erzählfreudig war sie auch nicht. Dafür sprang sie nach zehn Minuten wieder auf, um zu ihren Wagen zu laufen. Denn dort stand endlich der gelbe Wagen mit dem orangefarbenen Blinklicht auf dem Dach.
Ich geb’s zu: man sollte nie einen Wagen aufgrund der Farbe kaufen. Wirklich nicht.




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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 BrigitteG (09.11.06)
"eine der Damen" ist hübsch formuliert. Du hast unser Telefon mit dem Klingelton so eingestellt, dass, wenn Deine Ex anruft, immer die Walküre zu hören ist ... *gg*

 SimpleSteffi (10.11.06)
Unterhaltsam. Und dennoch bin ich mit meinem Franzosen bestens zufrieden...ist immerhin fast siebzehn. Naja, in einem sind wir uns einig: keinen Ford!

 AlmaMarieSchneider (12.11.06)
Witzig und mit Pepp geschrieben. Ich fahre alles mit "F" hauptsache es "F" ährt
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