andi(e)stirnschlag

Kleinlichkeiten


Eine archivierte Kolumne von  AndreasG

Donnerstag, 05. April 2007, 04:12
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rockend

Manchmal ist meine Muse launisch und zickig, manchmal erinnert sie mich an den Muserich von argot, manchmal an ein kleines Kind, das sofort beleidigt ist, wenn etwas nicht nach ihren Wünschen läuft.
Da die Muse einen guten Draht zu meinem Gehirn hat, löst sie bei jeder dieser Verhaltensweisen Reaktionen aus. Überschwemmungen mit Bildern und Ideen etwa (leider nicht immer voller Qualität), Pointen, witzige Bemerkungen (zumindest hoffe ich das), Wortspiele und all so ’nen Zeug, - aber auch Blockaden, fantasielose Handlungsstränge und Vergessen. Besonders blöd ist es, wenn zuerst der erste Bereich bedient wird – und dann der zweite.
So hatte ich so eine schöne Grundidee für eine Kolumne. Kurz, knapp und spöttisch, fantasievoll und voller Esprit … Endlich wollte ich ausbrechen aus diesem Nebenthema, das mich jetzt schon mehrfach inspiriert hat, diesem Beerdigungskram, der in letzter Zeit eh nur abrutscht in Richtung “was kann man noch mit der Asche eines Verstorbenen tun?“.

Dann kam Keith Richards.

Futsch ist meine schöne Idee. Einfach futsch. – Verkrochen hat sie sich in die hinterste Ecke meines Gehirns, gejagt und verscheucht durch eine beleidigte Muse, der die Show gestohlen wurde.
Und warum? – Nur weil dieser Altrocker sich wohl einen makabren Aprilscherz ausgedacht hat.
Obwohl … kann von einem Ausdenken die Rede sein, wenn jemand ein altes Gerücht nimmt und es als Wahrheit beichtet? – Es wurde doch schon länger gemunkelt, dass Mr. Richards die Asche seines verstorbenen Vaters mit Kokain gemischt und geschnupft hätte. Zur Bestärkung fügte der feine Herr noch lapidar hinzu, dass er seinem Körper schon weitaus schlimmere Sachen zugefügt und sein Vater sicherlich nicht dagegen gehabt hätte.
Und diese Geschichte posaunt Keith Richards so laut heraus, dass sich nicht einmal dpa scheut es als Meldung zu bringen. Fernsehsender berichten, Zeitungen schreiben darüber …
als Beispiel:  Basler Zeitung Online

Na toll. – Aprilscherz oder nicht: was soll ich denn jetzt mit der netten Inspiration anfangen, die ich mir für später aufgehoben hatte? So schöne Wortspiele und Scherze flogen mir zu, als ich von Nadine Jarvis und ihrem “Projekt“ hörte. Genau das richtige Thema für ein Literaturforum: die Asche eines Verstorbenen zu Bleistiftminen verarbeiten lassen! – Hah, was für eine Vorlage: … in jedem Wort ein Teil des Künstlers … Niedergeschrieben … Schwarz auf Weiß … anspitzbar für die feine Linie … Ausradieren in neuer Form möglich …
siehe:  Carbon Copies

Bei rollenden Steinen sollte man halt misstrauisch sein, klar. Da kommen auch mal Musen ins Rutschen, schmollen dann ausgiebig, räumen ein Hirn leer und träumen von den Zeiten der Harfenklänge, in denen Rock-Musiker nicht Steine ins Rollen gebracht hätten, sondern mit ihnen beworfen worden wären.
Wenn es nach meiner Muse ginge, dann würde Keith Richards später (möge es weit in der Zukunft liegen) auch verbrannt und seine Asche in Kunstharz für besonders billige Gitarren gerührt – oder in Nachfülltinte für die Drucker eines Vereins gegen Drogenmissbrauch (möglichst in einer Warnkampagne in Großbuchstaben ausgedruckt). – Musen haben seltsame Ideen. Manche sind wie Asche: sie verwehen leicht im Wind, können aber auch in der Pfeife geraucht werden.


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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 Theseusel (05.04.07)
War das ein schönes Osterei!;) Gilt das mit rollenden Steinen auch für die geworfenen? Nette Grüße von Gerd
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