andi(e)stirnschlag

Kleinlichkeiten


Eine archivierte Kolumne von  AndreasG

Mittwoch, 14. Oktober 2009, 23:22
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ich glaube zu wissen

Immer wieder kommt es zu Missverständnissen, sobald die Begriffe “Glaube“ und “Wissen“ ins Spiel kommen. Zwar scheint es offensichtlich, dass “glauben“ gleichbedeutend mit “nicht wissen“ ist, doch kommen die meisten Leute bei der “Gottfrage“ ins Schlingern.
Außerdem – und das ist vielleicht das Hauptproblem – gilt das “Nichtwissen“ als schwerer Makel, vom dem mit Floskeln wie: “ist doch wohl logisch“, “habe ich gelesen“, “das weiß man doch“, “das war schon immer so“, “anders geht es nicht“ oder “das sagt auch xy“ abgelenkt wird. Hier gilt dann die urmenschliche Besonderheit, dass es weniger um das Recht haben, als vielmehr um das Recht bekommen, geht.
Auch das Sich-interessant-machen darf in diesem Zusammenhang nicht unterschätzt werden und als Quelle so mancher “Weisheit“ gelten. Und natürlich das “Mitläufern“ der allgemein akzeptierten Denkrichtung, das gerne benutzt wird, um die “Andersdenkenden“ auszugrenzen. In beiden Fällen ist das Faktenwissen ohne Bedeutung.
Weiterhin gibt es Entschuldigungen wie: “man kann ja nicht alles wissen“ oder “das ist etwas für Spezialisten“, die nur nach außen den Anschein erwecken sollen, dass ein Thema überhaupt Aufmerksamkeit verdient. Noch schlimmer ist nur noch das autoritäre Gehampel, mit dem Argumente, weitergehende Fragen und Widerspruch unterdrückt werden sollen.

Alles in allem ist leicht zu erkennen, dass es oft nicht einmal ansatzweise um Wahrheit oder Wissen geht, sondern um völlig andere Interessen. Etwa: dem bequemen Weg bei einem unveränderten Weltbild zu bleiben.
Die Hindergründe? - “Es funktioniert doch, warum soll ich den Aufwand treiben etwas zu ändern?“ und “Änderung gleich Unsicherheit“, die Befürchtung vor einem Domino-Effekt also, der mit einer Änderung gleich das gesamte System ins Kippen bringen könnte.
Die eigentliche Ursache für die Wissensverweigerung wäre demnach Bequemlichkeit oder die Angst davor, dass das Erreichte (materiell wie geistig) verloren gehen könnte. Kein Wunder, dass nur reines Zahlenwissen gefragt ist und Weitergehendes so wenig Wert besitzt: die Menschen wollen glauben – und zwar das, was sie schon immer zu wissen glaubten.

Somit geht es beim Glauben gar nicht um die Gottfrage oder um Religion. Wir glauben uns die Welt zurecht und benennen einen kleinen Teil davon “Glaube“ und den größeren “Wissen“, damit wir uns nicht mit dem bösen Begriffen “Realität“ und “Relativität“ auseinandersetzen müssen.
Ich glaube, das wäre es in etwa. Oder?



Andreas Gahmann

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag

wortverdreher (36)
(15.10.09)
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 Bergmann (15.10.09)
Der Glaubende weiß - der Wissende glaubt nur.
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