KLICKS UND CLIQUEN

Synthesen + Analysen in der Matrix


Eine Kolumne von  Bergmann

Freitag, 02. März 2018, 20:59
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Die Geburt der Venus

604. Kolumne

Ähnlichkeiten mit Lebenden oder Toten oder lebenden Toten sind zufällig, rein zufällig, absichtlich zufällig, zufällig absichtlich, rein absichtlich und nichts als die reine Absicht.


Mit Arthur in der Oper. Wir stehen im Foyer. Weit waren wir gefahren. Endlich wieder unter Menschen und mitten im Netz der sich begegnenden Blicke, der suchenden und messenden, fragenden und verwerfenden Blicke vieler schöner und junger Frauen, auch Blicke von uns zu ihnen und von ihnen zu uns.
Die Garderobenschränke stehen im hinteren Teil des Foyers und werden mit Münzen bedient wie die Kabinen im Hallenbad. Die Oper als Schwimmbad, denke ich, und will gerade mit essayistischen Gedanken Arthur ablenken von sich selbst, da stößt er mich an: Hast du zwei einzelne Markstücke?
Ich habe zwei Päckchen Zigaretten, aber keine Markstücke. Arthur meint, die junge Frau am Buffet - schön, wunderschön -, aber er könne momentan nicht, ich solle hingehen, er sei zu irritiert, könne jetzt keine weitere Niederlage einstecken. Niederlage?, sage ich. Er darauf, er brauche im Moment die Bestätigung verlangender Augen, schon aber neutrales Verhalten vernichte ihn. Ich gehe für ihn, für uns. Die junge Frau ist gerade frei und wechselt mir das Geld. Ich sage: Aber mit dem Garderobenspind komme ich nicht klar, ob sie vielleicht -. Sie kommt mit, Arthur verdreht den Hals, ihm fällt der Mantel aus der Hand, sie hebt ihn auf und schaut von unten zu mir hoch, genau der Blick, den Arthur braucht, sie zeigt ihm die kalte Schulter, gibt seinen Mantel mir, schaut mich an, als ob, als wäre sie - ich ganz irritiert nun auch, atme auf, als sie wegweht mit einem Lächeln gespielter Aufforderung auf den gewippten Lippen - Botticelli!
Arthur gelähmt, luftleer, gebeugt von der Szene, schüttelt den Kopf und blickt mich fragend an. Arthur, sage ich, sie meinte nicht mich, sondern das Bild, das sie von mir hat, und wir müssen uns fragen, ob sie nicht strahlt, damit sie uns gefällt - und indem wir ihr gefallen, gefällt sie sich selbst.
Kann schon sein, sagt Arthur, aber ich will mir auch gefallen, ich mag keine halben Sachen.

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