BlackHört

Un-Erhörtes aus der Musikwelt


Eine Kolumne von  BLACKHEART

Dienstag, 14. November 2017, 10:43
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Frontbericht: "betreutes Gerocke in der Glocke"

Wenn man wie ich in den 90ern groß geworden ist, hat man musikalisch nicht nur die Euro Dance-Sachen mitbekommen, sondern auch diverse Rockbands. Gerade Deutschland war damals ganz vorne mit dabei. Man erinnere sich an Bands wie GUANO APES, SELIG, H-BLOCKX oder FURY IN THE SLAUGHTERHOUSE.
Und genau die haben sich zu ihrem 30jährigen Bestehen wieder zusammen gefunden und zelebrieren selbiges mit einer Akustik-Tour, die den Namen "Little Big World" trägt. Mit dieser Tour gastieren sie auch nicht in "normalen" Clubs, sondern in Theaterhäusern und anderen fest bestuhlten Locations. So auch am vergangenen Mittwoch, den 8.11. in der "Glocke" in Bremen. Natürlich im "Großen Saal", wo normalerweise Konzerte der Philharmoniker und ähnliche Veranstaltungen stattfinden.
Der Weg von meinem Hotel in der Nähe des Hauptbahnhofs zur "Glocke" erwies sich als abwechslungsreicher, als erwartet. Zunächst ging es durch eine typische moderne Fußgänger-Einkaufs-Zone, wie man sie in jeder größeren deutschen Stadt findet. Als ich an deren Ende aber Richtung Dom abbog, änderte sich das Bild schlagartig und ich ging durch eine Altstadt, wie man sie bei Städten dieser Größenordnung nur selten vorfindet. Bremen wurde damals im 2. Weltkrieg zu schnell eingenommen, um völlig ausgebombt zu werden.

"Die Glocke" befindet sich in einem Außenflügel des weitläufigen Domkomplexes und die Konzertsäle (neben dem "Großen Saal" gibt es noch einen "Kleinen") befinden sich im Obergeschoss. Garderoben und Toiletten sind im Untergeschoss zu finden, im Erdgeschoss befand sich eine (zu kleine und mit zu wenig Personal bestückte) Theke und der Merchandise-Stand. An diesem gab es zwar T-Shirts mit zehn verschiedenen Motiven, leider aber nur eins, auf dessen Rückseite auch die aktuellen Tourdaten aufgedruckt waren. Dafür gab es aber gleich drei Motive mit vergangenen Tourdaten auf der Rückseite. Vielleicht für Nostalgiker interessant, aber nicht für mich.
Ich holte mir stattdessen zwei Bier (natürlich Beck's, wir sind ja in Bremen) für jeweils drei Euro und begab mich nach oben. Noch am Fuß der Treppe wurde ich von einer Service-Mitarbeiterin (Security wäre in diesem Fall unpassend.) darauf hingewiesen, dass ich die Getränke nicht mit in den Konzertsaal nehmen dürfe. Genau dafür hatte ich sie mir aber gekauft. Toll. Also musste ich die beiden Flaschen innerhalb kurzer Zeit leeren, da 20:00 Uhr und damit der Konzertbeginn immer näher rückten.
Beim zweiten Gong hatte ich das zweite Bier dann auch leer und begab mich zu meinen Platz direkt am Gang. Ich mag es nicht, an anderen vorbeigehen zu müssen. Auch im Zug reserviere ich immer Gangplätze.
Natürlich hatte ich das "Glück", dass vor mir eine ziemlich große Frau saß, so dass ich immer wieder links oder rechts an ihr vorbeischauen musste. Wenigstens war der Platz zu meiner Linken leer.

Das Konzert begann ohne Vorgruppe (wenn man mal von dem eingespielten Vogelgezwitscher absah, dass dann direkt in den ersten Song überleitete). Neben den sechs Bandmitgliedern waren noch ein weiterer Musiker (laut Sänger ein alter Freund der Band) sowie eine Musikerin mit auf der Bühne, die vom Alter her die Tochter von einem der Musiker hätte sein können. Ich benutze bewusst den allgemeinen Begriff "Musiker", weil eine Spezifizierung auf ein Instrument nicht möglich war. Außer dem Sänger, der sich nur auf den Gesang konzentrierte, spielte jede andere Person auf der Bühne mindestens drei verschiedene Instrumente im Laufe des Konzertes. Selbst der Schlagzeuger, der immer mal wieder für einen Song an die Percussions oder sogar eine Kiste auswich.
Nach dem zweiten Song begrüßte der Sänger auch das Publikum und erzählte ein bisschen, wie es zu dieser Tour kam und wie sie sich dabei fühlen. Hier fiel auch erstmals der Begriff "betreutes rocken", bevor mit "Dancing in the Sunshine of the Dark" auch das erste musikalische Highlight folgte. Ich hatte den Song völlig vergessen gehabt und freute mich umso mehr, ihn jetzt mal wieder zu hören.
Weitere Highlights waren "Last Order", das sie dem Barkeeper im Hotel ihres vorigen Tourstopps (sie nannten ihn "(SPÄT)BURGUNDER-KLAUS") widmeten und "Radio Orchid", das damals nur im Norden Deutschlands ankam. Erst der Remix schaffte es auch in Süddeutschland ins Radio und noch heute wird die Band nach Konzerten in München gefragt, warum sie den Song nicht gespielt hätten (obwohl sie es gemacht hatten).
Das THE CURE-Cover "Boys don't cry" läutete später das Finale ein, das es in sich haben sollte. Nach den Hits "Won't forget these Days" und "Down there", die ich ordentlich abgefeiert habe, verließ die Band die Bühne um kurz darauf zur Zugabe zurück zu kommen. Diese bestand aus den wohl größten Hits der Band "Milk and Honey" und dem unzerstörbaren "Time to wonder". Ich dachte bis dato immer, der Songs sei eine Coverversion eines 80er-Songs, aber es ist tatsächlich ein FITS-Original.
Kein Original ist "It's a long Way to the Top (if you wanna Rock'n'Roll)", das in einer reduzierten, fast schon loungeartigen Version dargeboten wurde und einen gekonnten Schlussstrich unter einen schönen Abend zog.
Insgesamt kann ich sagen, dass sich die 64 € durchaus gelohnt haben, zumal die Band fast zwei Stunden lang auf der Bühne stand.

Im Anschluss begab ich mich zurück in mein Hotel. Am nächsten Tag standen schließlich noch Gipfelmoshen und ein Poetry Slam an. Und daran anschließend eine lange Nacht. Aber das ist eine andere Geschichte.

In diesem Sinne:

Haltet die Ohren offen!

Zum Beispiel für meine TOP 5 der Instrumente, die von den FITS-Musikern zusätzlich zum "normalen" Instrumentarium einer Rockband benutzt wurden.

Platz 5: Saxophon
Platz 4: Klarinette
Platz 3: Mandolinen
Platz 2: Steel Guitar

und

Platz 1: Maultrommel

Danke fürs Reinhören.


euer BLACKHEART


Song der Woche: "Heartbreak Hotel" von WHITNEY HOUSTON feat. FAITH EVANS & KELLY PRICE

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 Dieter_Rotmund (14.11.17)
Gerne gelesen, aber was ist eine "Akustik-Tour"? Gibt es bei anderen Konzerttouren keine Akustik? Und was ist eine "Säger"?
Ich habe ja so meine Probleme mit den Fachbegriffen der Popmusik (will sagen: ich kenne sie nicht)!

 BLACKHEART meinte dazu am 14.11.17:
Den fehlenden Buchstaben beim "Sänger" habe ich hinzugefügt. Danke für den Hinweis.
Die Begriffe "Akustik-" und "akustisch" habe ich dem Wörterbuch "Musik - Deutsch" hinzugefügt. Wenn in Zukunft unklare Begriffe auftauchen, einfach Bescheid sagen. Ich füge sie dann hinzu.

 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 14.11.17:
Journalistisch sauber wäre auch, Abkürzungen einzuführen, das erspart dem Leser Irritationen. Also wenn Du in Deinem nächsten Frontbericht nicht immer "Fury In The Slaughterhouse" auschreiben willst, so fügst Du an das erste Mal die Abkürzung an:
""Fury In The Slaughterhouse (FITS)" und kannst fortan nur die Abk. verwenden "FITS". So ist's üblich, und dem Leser vertraut. Dies nur am Rande. Ansonsten gerne gelesen!
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