BlackHört

Un-Erhörtes aus der Musikwelt


Eine Kolumne von  BLACKHEART

Montag, 16. Mai 2016, 21:13
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(K)Assel oder Wie eine Stadt seine Kultur sterben lässt.

Am Wochenende war ich mal wieder in Kassel im K19 auf einem Konzert. Ursprünglich waren es zwei Konzerte, die aber zu einem zusammengelegt wurden, um sich nicht gegenseitig die Zuschauer abspenstig zu machen. Im Nachhinein eine gute Entscheidung der beiden Veranstalter "98Bookings" und "Moshpit Crew Cassel", da der Laden sehr gut gefüllt war.
Was bleibt ist die Frage, wie lange das K19 noch (zur Verfügung) steht. In der selbsternannten Kulturstadt Kassel ist nämlich offensichtlich kein Platz für Jugend- und Subkultur.
Ein Überblick:

- Die  "Kulturfabrik Salzmann" ist seit 2012 geschlossen und verfällt langsam.

- Das  "Haus" kann nicht mehr genutzt werden.

- Der Club  "Unten" muss dank der Deutschen Bahn am 30. Juni schließen.

- Die Disco  "Das erste Mal" ist auch schon wieder geschlossen. Dauerhaft.

- Gleiches gilt für die Disco  "Spot", die sich laut Aussage des Betreibers nicht mehr rentierte. Auch eine Neueröffnung unter dem Namen  "Tops" scheiterte kläglich.

- Die "Nachthallen", einst meine Stammdisco existiert in seiner ursprüngliche Form auch nicht mehr. Nachdem die Hälfte der Lokalität geschlossen wurde und der Rest unter dem klassischen Namen "Musiktheater" weitermachte, läuft es seit dem 3. Oktober 2015 unter dem neuen Namen  "130bpm". Neues Management inklusive.

- Das o.g. "K19" auf dem Gelände der Uni Kassel steht inmitten einer Großbaustelle. Alle umliegenden Gedäude wurden bereits abgerissen und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis auch das "K19" den Baggern zum Opfer fällt. In dem geplanten Gebäudekomplex soll es zwar ein "neues K19" geben, den Flair und den Charme des "richtigen "K19" wird man aber nicht wieder aufbauen können.

Durch den Wegfall dieser Lokalitäten verschwinden natürlich auch Auftrittsmöglichkeiten für alle möglichen Bands und Künstler aus dem Stadtbild von Kassel. Zwar gibt es mit
 "Der Club" (sehr originell) auch eine Neuerung in der Kasselaner Clublandschaft, allerdings biedert sich diese mit ihrer Techno- und HipHop-Ausrichtung zu stark dem vorherrschenden Mainstream (die Großraumdiscos "A7" und "York") an.

Als alternative (und auch größere Location), bietet sich zwar noch die Stadthalle, die den pompösen Namen "Kongress Palais" trägt, an, hier findet man aber neben Tagungen und Symposien bestenfalls klassische Musik oder Shows wie die der  "Blues Brothers" vor. Oder GESTÖRT ABER GEIL. Noch Fragen?

Aufgrund dieser Situation gab es am 1. Februar auch eine Demo, die von der  "Initiative Junge Kultur Kassel" veranstaltet wurde. An dieser friedlichen Demo nahmen ca. 500 Menschen teil, von denen knapp 100 (unter ihnen ich und der Sänger der Band MILKY CHANCE) am Ende die öffentliche Sitzung des Stadtparlaments stürmten, um unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Das Resultat war eine Gesprächsrunde zwischen den Veranstaltern der Demo, dem Oberbürgermeister und dem Stadtbaudezernenten, für die beide Letztgenannten sogar die Sitzung verließen.
Das Ergebnis ist noch offen.

Und diese Kolumne ist geschlossen. Nur eine Frage der Zeit, bis es auch die nächste Location erwischt.

In diesem Sinne:

Haltet die Ohren offen.

Zum Beispiel für meine TOP 5 der noch existenten Sub- und Szenekuturlocations in Kassel.

Platz 5: Dock 4
Platz 4: A.R.M.
Platz 3: Panoptikum
Platz 2: Goldgrube

und

Platz 1: Kulturzentrum Schlachthof

Danke fürs Reinhören.


euer BLACKHEART


Song der Woche: JENNIE TEBLER’S OUT OF OBLIVION - "Between Life and Death"

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 Dieter_Rotmund (26.04.16)
Lieber Blackheart,

wir wollen die Dienstagskolumne künftig dafür nutzen, um auf die kommenden Mini-Poetry Slams der Kindergärten "Butterblume" in Weinheim-Hohensachsen, "Saftzwerge" in Berlin-Pankow und "Ponyhöfchen" (Elmshorn) zu verweisen. Es werden Texte von Elfie Donnely (Benjamin Blümchen) und Monika Finsterbusch (Prinzessin Lliyfee) gelesen werden. Deine Metalberichte passen nicht mehr hierher. Bitte räume die Kolumne umgehend!

Der Elternbeirat auf keinverlag.de

 Dieter_Rotmund (26.04.16)
Das beschriebene Kasseler Phänomen gibt es auch in meiner Heimatstadt, ist aber ein reines demografisches Problem, um es mal so zu nennen: Die jüngste Generation der Disco- und "Club-"Gänger kennen die vormalige Stätte ihres (Lieblings-)Etablissements gar nicht und interessieren sich natürlich auch null für Lokalhistorie.
Ich sag’ mal so: Jeder Ort hat die Bedeutung, mit der man sie auflädt.
Dass just in dem als verschlaffen-piefig geltenden Kassel die Teenager eine Stadtratsitzung stürmen ist aber in der Tat aussergewöhnlich.
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