Aufgespießt

Unverschämtheiten aus Politik, Promiszene und Alltag


Die Kolumne des Teams " Aufgespießt"

Dienstag, 04. Dezember 2012, 21:48
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Beliebigkeitsmett zum Kneten

von  Matthias_B


Vor etwa zwei Monaten habe ich einen Text kommentiert, in welchem die aktuelle literaturästhetische Entwicklung indirekt thematisiert wurde. Da der Autor diesen mittlerweile gelöscht hat, wird hier mein Kommentar zu eurer potenziellen Erbauung ein weiteres Mal eingestellt:

Die literarischen Erzeugnisse werden seit den letzten 30, 40, 50 Jahren i. G. u. G. mittels einer matschig übergreifenden Rekombination der schon bekannten und bewährten thematischen wie stilistischen Muster und Formen - in einer Art Sparversion - zusammengeschustert, sodass man es mit einem unabgeschlossenen bzw. angeblich interaktiven Sujetbrei mit Innovationssoße aus dem Hermeneutik-Lidl für MarktschreierInnen zu tun hat, in den man als Rezipient alle Schemata und Sinnkonzepte seiner persönlichen Warte hineinlesen kann, um sie im Zirkelschluss wiederum als objektivierbar entnehmen zu wollen - was es zugleich schwierig macht, sich wieder davon zu lösen und ein neues Literatursystem als dominante Strömung zu etablieren. Dazu kommt noch, dass eine wirklich kriteriale Beurteilung mehr und mehr zugunsten einer egozentrisch geprägten Bezugsnorm entfällt (was man übrigens auf kV mittlerweile i.d.R. sieht - ellenlanges "also ich verstehe den Text so, dass"- Assoziativgequatsche zum "Hoch-" bzw. "Niederschreiben" der Textvorlage, das unter literaturwissenschaftlichen Gesichtspunkten aufgrund der fehlenden Generalisierbarkeit eigentlich keine Legitimation erhalten sollte (wenn man sich schon in "[dem] Forum für Dichter und Autoren" befindet)). Da kann eine derartige Rang- bzw. Positionsabstufung nur noch schwerlich bzw. eigentlich nicht mehr stattfinden. [...]Verallgemeinerbar hochwertige Gütekriterien zur Bestimmung der poetologischen Qualität [werden somit gerne vernachlässigt]. Die dadurch gewonnene "künstlerische Freiheit" im Jetzt ist janusköpfig beschaffen: Man kann jedem seinen Mist als Kunst bzw. Literatur andrehen, andererseits kann einem der Mist von jedem als Kunst bzw. Literatur angedreht werden; der "Höhenkamm" schwillt "im Auge des Betrachters".

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Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag


 Dieter_Rotmund (05.12.12)
Aus rein handwerklichen Gründen und zuliebe einer besseren Lesbarkeit bitte ich hiermit um kürzere Sätze. Ich bin Wolf-Schneider-Jünger.

 Dieter_Rotmund (06.12.12)
Lieber Matthias,

Dein Kolumnentext läßt bei mir, der ich immerhin mäßig über das passende Hintergrundwissen verfüge, so glaube ich, einige Fragen offen.

"...dem Hermeneutik-Lidl für MarktschreierInnen": Nun, das würde voraussetzen, die aktuellen und mehr oder weniger populären Marktschreier würden sich überhaupt mit Hermeneutik auseinander setzen bzw. sich überhaupt bewusst werden, dass es so etwas wie die Hermeneutik gibt. Diese (die H.) möchte ich nicht überbewerten, es setzt sich aber offenbar eine Art Textinterpretation durch, die sich auf Fragmenten des in der Schulzeit gelernten Umgangs mit Literatur beruft. Fast schlimmer ist es m.E., dass der werkimmanente Umgang an Boden verliert und immer mehr Leser, Rezensenten und Germanisten dem Irrglauben anhängen, die Vita der Verfasser sei der Schlüssel zum Verständnis.

"ein neues Literatursystem als dominante Strömung zu etablieren" Aha. Welches neue Literatursystem soll das sein? Ehrlich gesagt scheitere ich schon an dem Begriff "Literatursystem"...

"Die dadurch gewonnene "künstlerische Freiheit" im Jetzt ist janusköpfig beschaffen: Man kann jedem seinen Mist als Kunst bzw. Literatur andrehen, andererseits kann einem der Mist von jedem als Kunst bzw. Literatur angedreht werden; der "Höhenkamm" schwillt "im Auge des Betrachters"."

Gut beobachtet und treffend beschrieben. (Wobei ich kaum jemanden kenne, der heutzutage noch den Begriff der Höhenkammliteratur aktiv verwendet)

 Matthias_B (06.12.12)
"Hermeneutik", weil man sich immer wie beim Zirkel im Kreise dreht (und die Texte auch inhaltlich derart ausfallen), und "Lidl", weil das massenhaft (und billig) fabriziert wird - heutzutage kann man selbst jeden dünnen Blogeintrag zur gesellschaftlich tiefsinnigen "interaktiven Kunst" adeln.
Das Literatursystem ist eine Bezeichnung aus der LitWi für eine jeweils bestimmte räumlich wie zeitlich verortbare Textmenge mit charakteristischen Merkmalen (aus denen eine "Epoche" oder "Strömung" abgeleitet wird), welche immer vor dem Hintergrund des jeweiligen Denksystems zu betrachten ist (das ergibt mehr Sinn, als sich bloß die Biographie des Autors anzusehen). Wir befinden uns ja momentan im Denksystem des schmierseifigen Relativismus, möchte ich (leider) meinen.

 Dieter_Rotmund (11.12.12)
Aha. Ich selbst hatte und habe nur losen Bezug zur Literaturwissenschaft, deshalb war mir der Begriff unbekannt.
B-Matthias: Kommt heute noch was von Dir oder Eilika oder AMS?

 Matthias_B (11.12.12)
Von mir wohl nicht. In letzter Zeit sind hier schon ein paar Lücken entstanden; es wird Zeit, dass uns 'mal jemand schon etwas "Dampf macht", regelmäßiger Kolumnentexte einzustellen.

 Matthias_B (19.12.12)
gestriger Serverausfall -> keine Kolumne (=keine schlechte Ausrede)
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