Aufgespießt

Unverschämtheiten aus Politik, Promiszene und Alltag


Die Kolumne des Teams " Aufgespießt"

Montag, 25. April 2011, 11:48
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Der Flop mit dem Bildungspaket

von  AlmaMarieSchneider


Nach der Erkenntnis, dass Bildung und die finanzielle Situation im Elternhaus in der Regel zusammen hängen, hat man nun unter schweren politischen Kämpfen für Hartz IV -beziehende Kinder eine kostenlose Bildungsmöglichkeit geschaffen und nun will sie niemand.
Der gutsituierte Bürger sieht verständnislos auf Deutschlands arme Kinder, deren arme Eltern derartige Wohltaten für ihre Kinder nicht beantragen wollen.
Das Wort „beantragen“ wird wohl das Schreckgespenst sein.
Schon im Antragswust um Hartz IV und im nachfolgendem Kontroll- und Gängelmechanismus mit Bestrafungsritual lebt sich Deutschlands Ämterbürokratie voll aus. Nun auch noch ein Bildungspaket beantragen, zu all den anderen Anträgen in denen das bedürftige Hartz IV-Kind seine Bedürftigkeit noch einmal explizite nachzuweisen hat. Sind in einer Familie mehrere Kinder berechtigt, artet die Beantragung wohl in eine Art Dauerkampf mit dem Amt aus. Was, wenn dem einen Kind der Fußballverein bezuschusst wird und dem anderen Kind der Ballet- Unterricht nicht? Vielleicht ist einfach auch nur das Fässchen „Bürokratische Hürde“ voll oder man hat das Bildungspaket zu hoch gebildet aufgehängt und manches Hartz IV Elternteil kann dieses neue Warenkörbchen gar nicht mehr erreichen.

Warum schickt man den betroffenen Kindern (und die 2,5 Mio. sind den Ämtern doch bekannt) nicht einfach ihre Berechtigung auf Bildung zu? Diese Karte öffnet dann unbürokratisch die Türen der Vereine und finanziert den Nachhilfeunterricht über die Schulen usw. Das wäre doch eine ehrliche Sache oder muss jeder kleine Schwimmkurs wieder im Rahmen des Bildungspaketes beantragt werden mit Kostennachweis und Durchführungsbestätigung, amtlich anerkannten Gesundheitsnachweis für das Kind und amtlicher Anerkennung des Schwimmlehrers?
Dass da die Freude auf Bildung im Nachweisberg förmlich verschüttet wird, wird wohl jedem klar, der sich jährlich für ein paar Cent vom Staat die Haken ablaufen muss. Nur in diesem Fall geht es um das tägliche Überleben um das Essen im Kühlschrank um das Heizöl im Winter oder den Strom für den Herd. Wer ab Monatsmitte an der Tafel essen muss, weil das verfügbare Einkommen aufgebraucht ist, für den ist Urlaub, Bildung, ein Gebiss, eine passende Brille oder gar Hobbys etwas sehr Utopisches. Das interessiert gar nicht, weil es nicht erreichbar ist.
Jetzt wäre zumindest etwas Bildung erreichbar. Der Preis: Kleinliche Anträge, wieder Kontrolle und Bevormundung und zusätzliche Diskriminierung durch eine Chipkarte, die vermutlich nur Abbuchungen zulässt, die vorher alle Ämterhürden genommen haben. Nachhilfe also nicht dann, wenn sie dringend benötigt wird, sondern dann wenn sie genehmigt ist. Was wenn nun ein Kind solch einen beantragten Kurs schwänzt? Kürzung von Hartz IV für die Eltern?
Ernsthaft: Darauf ist doch gepfiffen! Vielleicht ist das auch der ganze Sinn vom Bildungspaket.

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