Brennt, Bücher, brennt!

Kurzgeschichte zum Thema Abrechnung

von  pentz

Brennt, Bücher, brennt! – eine „Beißende Liebesgeschichte“

Neulich hat mir hier eine Frau geschrieben: „Ist das Deine Spezialität, Liebesgeschichten mit tragischem Ausgang zu schreiben?“ Daneben stand ein frech-grinsenden Smiley.
Ich bin darauf gekommen, dass da etwas dahinterstecken könnte. Denn, warum nicht? Leben und Literatur sind Zwillinge.
Gut, es hat mich getroffen und nachdenklich gestimmt. Ich habe erkannt: ja, es stimmt! Fast alle meine Stories handeln davon.
Was war da zu tun?
Leben und Literatur sind bei mir eins. Ich lese sehr viel.
Das ist das eine. Das andere ist aber der unbändige Wunsch, endlich einmal eine richtig lange gute Beziehung zu haben.
Wie konnte ich dies erreichen?
Es klang so einfach: einfach den Grund meiner Niederlagen das Wasser abgraben, dann würde es klappen. Nur wie konnte dies getan werden?
Ich konnte doch nicht mit dem Lesen aufhören. Anderseits, vielleicht undsoweiter...
Ich kam zu keinem Schluss, verlor wieder dieses Problem aus den Augen, wurde vom Alltag mitgerissen...
Aber mein Innerstes ließ offenbar nicht locker.

Hinter meinem Haus steht ein Grill. Daneben liegt altes Holzgerümpel, dass ich zum Brennen verwende. Zum Anzünden, zum Entfachen, damit es so richtig schön lichterloh aufflammt und die ganze Chose Feuer fängt, braucht man Papier oder Streu, Späne und kleine Steckchen. Darauf werden die Holzscheite gelegt. Bringt man den Haufen nicht zum Brennen, wird nichts aus dem Großen Scheiterhaufen. Das sind die wichtigsten Regeln.
Anstatt Streu verwende ich nur Papier. Welches Papier?
Mit leichtem Schreck-Freude-Gefühl habe ich es plötzlich festgestellt. Da ich meine Bücher, alt zudem, weil ohnehin keiner mehr lesen will, eins ums andere verbrenne, stellte ich fest, dass es sich ausschließlich um Liebesromane handelt, die ich unbewusst aus meinen von Büchern platzenden Regal entwende.
Das ist doch bemerkenswert, finden Sie nicht auch?
Erschreckt hat mich dabei in diesem Zusammenhang die Aussage von Heinrich Heine, zurecht und was historisch immer wieder verifiziert wurde: wo Bücher brennen, brennen auch bald Menschen.
Heißt dies in meinem Fall, ich werde bald meine Freundinnen und Partnerinnen mit Benzin übergießen und in lichterlohen Feuer opfern, insbesondere, sobald sie mich wieder einmal verlassen wollen? Dabei ist bekanntermaßen Verbrennung eines der schmerzhaftesten Tode!
Nun soweit ist es nicht gekommen, aber...

Heute stehe ich, nein knie ich also wieder vor meinem freudig lichterloh brennenden Liebesromane-Grill, als ich plötzlich hinter mir eine Kommandostimme höre. Eine weibliche wohlgemerkt: die Nachbarin.
„Herr Sowieso...“ Schon mal eine kleine Frechheit, denn wir sind uns seit Kindesbeinen, meinen nämlich, bekannt.
„Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass ich mich auf fremden Eigentum befinde, aber...“ Diese Frau weiß, was sie sagt.
Dann fordert sie mich auf, dass ich das Lagerfeuer beende. Ihre Enkelkinder würden zu Besuch sein und: „Ich setze mich dafür ein, dass diese nicht giftigen Rauch einatmen müssen!“ Eigentlich rührig, diese Aussage. Eine wahre Umweltaktivistin für einen guten Zweck.
Ich antworte nichts.
„Ich habe mich erkundigt, beim Hausbesitzerschutzbund...“
Ich lass sie reden.
Ich schaue abwechselnd auf mein Feuerchen und dann wieder auf sie.
Allmählich dämmert mir hier ein Zusammenhang.
Die gute alte Matrone war Bibliothekarin in unserer Stadt. Wer also hat mich mit diesen Liebesbüchern versorgt?
Ein Zufall, ein Zeichen?
Gerade schlägt sie versöhnlich vor, dass ich wenigstens das Feuerchen an anderer Stelle meines Grundstückes platzieren könnte, an der Ecke dort, wo einsam und von allen näheren Menschenbehausungen der Misthaufen steht. Eine sehr gute Idee im Grunde genommen.
Ich bin ein Mensch, der durchaus zu Konzessionen fähig ist, wirklich. Aber diesem Fall.
Allmählich wird es dem Eindringling ungemütlich, merke ich, denn sie verschwindet so schnell wieder wie sie gekommen ist.
Das Lagerfeuer brennt weiter, der Rauch davon zieht in die Zimmer der Nachbarin, in denen sich ihre Enkelkinder befinden, die davon natürlich geschädigt werden. Ich entschließe mich, mein Feuerchen auszumachen, ich bin kein Unhold.
Aber ich werde ein wachsames Auge auf des Nachbarin Haus werfen und sobald ich merke, dass ihr Besuch verschwunden ist, werde ich weitermachen mit dem Verbrennen von Liebesromanen. Denn ich bin mir darüber bewusst, dass es nicht die Falsche trifft.
pentzw.homepage.t-online.de/literatur.htm

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