Die Alte Welt - in rhapsodischer Tonart gegen die Vernunft

Text

von  Georg Maria Wilke

Die Poesie ist meine Sprache,
der Garten, in dem die Blume spross,
war vor dem Acker, der mit Saat bestellt.

Das Lied erklang, bevor das Wort zur Schrift geworden,
Gesang ertönte aus dem Garten
und bildhaft sprach das Gleichnis,
bevor der kluge Kopf den Schluss schon trug
in sein täglich Wahrheitsleben
und dieses Logik nannte.

Der Tausch, er machte Menschen frei,
um zu erwerben, was er brauchte;
er tauschte dieses und allerlei,
bevor der Handel Beutel stopfte
mit Talern, die aus Gold.

Der tiefe Schlaf erfüllte all die Seelen
der nun vergessnen Zeit und erst
das traumlos Zitterspiel der Seele
hat tiefen Schlummer doch geraubt.

Der Tanz war Taumel,
ein Fest die reinste Freude gar
und sieben Tage schwieg der Mensch,
ganz still – er sinnte nach, was Leben will
und es bedeuten soll.

Ja, mit erstaunen saßen sie, die Alten,
auf goldnen Kissen und ihr Gewissen
war so rein wie die Natur
und als sie dann den Mund auftaten
sprachen geflügelte Sprüche
aus ihrem Herzen nur.


Anmerkung von Georg Maria Wilke:

Dies soll ein Dithyrambus sein (Beiwort oder Beiname für Dionysus) – ist ein
überschwänglich lobender Hymnus, auch ein Reigenlied.

Dieses Gedicht basiert auf der sogenannten „Aesthetica in nuce“,
„Ästhetik in der Nussschale“ von Johann Georg Hamann, Lehrer und Freund von Herder und ein Gegner von Kant. Er schrieb diese
Rhapsodie in kabbalistischer Prosa so gegen 1759, der Beginn der romantischen Epoche, die gegen die Vernunftkriterien der bürgerlichen Welt protestierte.
Es ist von Johann Georg Hamann ein Briefwechsel zu Kant vorhanden
und er schrieb auch eine 16seitige Schrift unter dem Namen
„Metakritik über den Purismum der Vernunft unter dem Motto
„ Sunt lacrumae rerum – o quantum est in rebus inane“. Diese Schrift
steht der „Kritik der reinen Vernunft“ von Kant entgegen, eine Schrift,
die ca. 500 Seiten umfasste.

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Kommentare zu diesem Text


 franky (14.10.11)
Hi lieber Georg,
Bei dir kann man ruhigen Gewissens eintreten, ohne fürchten zu müssen, dass man unangenehm angerempelt wird. Dieses rhapsodische „Dithyrambus“ scheint mir ein Meisterstück zu sein. Mir jedenfalls gefällt es sehr sehr gut.

Liebe Grüße

Franky

 AZU20 (14.10.11)
Interessant in Form und Inhalt. LG
Emmanuel. (20)
(14.10.11)
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