9.2016 – 2.2018

Einakter zum Thema Midlife Crisis

von  Terminator

Hochsommerhitze im September und Jörg Friedrichs "Der Brand". Ende des Monats nach Wien. Erstmal eine Landtmann-Kugel im Café Landtmann. Die lange Nacht der Museen. Die Woche in Wien mit meinem besten Freund war schön aber zu wenig. Wenigstens die Innenstadt haben wir erkundet, darüber hinaus blieb keine Zeit. Das Naturhistorische Museum, das Stadtmuseum am Karlsplatz. Immer wieder Sacher. Natürlich auch Demel und Central. Nach drei Tagen hatten wir unseren Italiener. Manchmal zweimal täglich dort gespeist. Aber natürlich auch das originellste Original Wiener Schnitzel bei Figlmüller. Am 4. Oktober am Grab von Otto Weininger. Es regnete, wie es am Todestag auch sein soll. Wir legten einen Kranz nieder.


Im März 2009, etwa um die Zeit herum, als "es" in Winnenden "passiert" ist, stieß ich auf einige Artikel und Dökü, die mir die Vermutung nahelegten, ich könnte das Asperger-Syndrom haben. Aber ich war schon 26, was hätte das schon geändert? Eine Diagnose in der Schulzeit, um zu wissen, was mit mir "nicht stimmt", wäre rechtzeitig gewesen, aber nach der Schule ist das (interessante, relevante, bedeutende) soziale Leben eh schon vorbei. Im Herbst 2016 ließ ich mich an der Charité in Berlin auf Autismus testen, um endlich Gewissheit zu haben (es hätte ja sonstwas sein können, ich hatte sogar eine narzisszische Persönlichkeitsstörung vermutet, so hart ich zu mir selbst immer bin). Es bestätigte sich: mittelschweres Aspergersyndrom. Ich bin tatsächlich Autist.


Es war ein Spätherbst der edlen Melancholie. Letzte Bewerbungen an die Universitäten als Doktorand, letzte Absagen. Ende des Jahres stellte (s)ich mir die Frage: Jetzt, wo Trump doch tatsächlich gewonnen hat, willst du immer noch in die Academia? Warum nicht einen radikalen Schnitt mit der ultradekadenten Gesellschaft machen? Aber er war noch nicht Präsident. Ich hatte ein schlechtes Gefühl bis zum 20.1. Ich befürchtete, seine Präsidentschaft würde doch noch verhindert werden. Doch es gab keinen Putsch, nur ein paar Tausend pinke Pussies.


Aprocontra Pussies: Ende Februar in Neukölln sah ich eine Mieze, die zumindest schön genug war, um mich zum Lesen von Sloterdijks "Du musst dein Leben ändern" zu zwingen. Die letzten Monate des Äons der Langen Depression verstrichen. Der umgekehrte 6.11.1998 kam am 11. Mai.



Miezenstadt Mainz, seit März 2017. Im Juni 2021 ein Zweitgutachten. Erfüllung der Miezenstadt-Kriterien: mindestens eine stadttypische Mieze sehen. Gesehen.


Der 11.5.2017 fühlte sich wie der umgekehrte 6.11.1998 an, mit dem 7.2.2008 als zeitliche Halbzeit und 25.6.2001 – 16.2.2004 als punktemäßiger Tiefpunkt. Wieder Normalnull erreicht. 


Gute Tage im August, 20 Jahre 1.9.1997 im September. Jogging durch den Volkspark Prenzlauer Berg. Zuweiter Hin- und Rückweg, viele Nebenjogger und Spazierengänger.


Better Call Saul Staffel 3: Chucks Ende als Warnung an mich selbst, den Leistungsasketen. Wie schafft man es, ein nicht-selbstgerechter Kantianer zu sein? Insbesondere, wenn das ganze Konzept von Kants Moralphilosophie einen trostlos anödet, und heimlich und unheimlich auf einen baldigen Tod hoffen lässt, um endlich der Glückseligkeit teilhaftig zu werden? Aber ist sie dann auch verdient, wenn man sie mehr erhofft als man seine lieblose Pflicht liebt?


Im November erst Union Jack dann Offside entdeckt, die besten Whisky-Bars in Berlin. Der 37-jährige, älteste originalabgefüllte Linkwood, schmeckte vorzüglich. Die erste Staffel Punisher wurde zum Bingewatchen released und war ziemlich gut.


Ansonsten hatte ich keinen Plan, wozu ich noch 35 werden sollte. Otto Weininger starb mit 23, Alexander mit 33. Gut, Puschkin mit 37, und Hegel wurde 60. Kant wurde noch älter und überlebte sich selbst, das will ich auf keinen Fall. Auch Gerd Müller hat zu lange gelebt und am Ende unnötig gelitten.


Trump-Kater. Eine lahme Ente, die den Deep State gegen sich hatte. Das Establishment ließ den Populisten unpopuläre Entscheidungen durchsetzen, die die selbsternannten Guten heimlich unterstützten und öffentlich kritisierten.


Die Hysterie erreichte mit dem Weinstein-Skandal Dimensionen kollektiven Wahnsinns. Ja, jede Frau ist Opfer! Ja, jeder Mann ist Täter! Was, Notallmen? Doch, Yesallwomen! Die politisch motivierte Vergiftung des Privaten. Der geile Bock, der aus talentlosen Nutten für Sex Schauspielerinnen machte, hatte nicht die Notlage, sondern die Habgier, die Würdelosigkeit und den Narzissmus von Frauen ausgenutzt.



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