Hans-Jürgen

Prosagedicht

von  Redux

 

Immer in den Schulferien kam Hans-Jürgen.
Wir spielten zu viert oder fünft.
Meistens zu dritt.
Und ich war der Dritte.

Im Wald stand ein alter verrosteter VW- Käfer
im August 72. Wir rauchten
Zigarettenstummel, die Hans-Jürgen
seinem Onkel geklemmt hatte.
Wir waren acht und neun und zehn, pafften
uns die Unschuld weg
und der rostige Käfer
schützte uns wie der Bauch eines Fisches
und war unwirklich
wie ein Gemälde
aus einem versunkenen Jahr.

Immer in den Schulferien danach
kam Hans-Jürgen
und erpresste mich. Drohte damit,
meinen Eltern unser Geheimnis
zu erzählen, immer in den Schulferien,
immer Hans-Jürgen, mehrere Jahre hintereinander.
Und außerdem hatte er nen längeren Schwanz.

Manchmal noch
steht Hans-Jürgen im August 72
wie der kleine Bruder
aus dem Gedicht von Rimbaud,
drüben, im Sonnenuntergang,
auf einem Anger aus Nelken,
und lacht und wartet darauf,
dass ich ihm eins in die Fresse gebe.



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Kommentare zu diesem Text


 mannemvorne (17.06.23, 14:48)
.

Mein damaliger „Todfeind“ hies Hans-Peter,
diese Zecken hat wohl jeder mal an der Backe gehabt.
In der Schule gings dann erst richtig zur Sache, 
und später dann noch heftiger…
Fressen und gefressen werden.

Gruß dazu 
mv

°

 Redux meinte dazu am 19.06.23 um 08:26:
Ich sehe, die Hans Jürgens dieser Welt waren wohl überall....lieben gruß
Agnete (66)
(19.06.23, 19:47)
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 Redux antwortete darauf am 20.06.23 um 17:07:
Das klingt nach einer äußerst lebendigen Agnete....meine Hochachtung
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