Himmel über Dublin

Text zum Thema Abschied

von  doppelÜ

Weißt du noch, erinnerst du dich, wie wir zwei dort oben standen – erinnerst du dich an das Rauschen der Brandung, an unser Grinsen, weil sich dieses wilde Meer so sehr nach Freiheit anhörte, so sehr nach uns?“

 

 


Noch einmal wandere ich durch die einsamen Straßen dieser Stadt. Dieser Nacht in Dublin und voller Gedanken und Erinnerungen an dich, an uns. Auch jetzt rasen diese Fragen wieder durch meinen Kopf, auf die ich wohl niemals mehr eine Antwort bekommen werde, niemals mehr, weil du nicht mehr antworten kannst.

 

Ich weiß, und trotzdem.

 

Ich bin noch einmal zurückgekommen, an diesen Ort, in diese Stadt. Auf diese Insel, die so rau und so zärtlich ist, so wie du und ich und so, wie wir mal waren. Ich bin hierher zurückgekommen, obwohl ich weiß, dass ich dich hier nicht mehr finden werde, hier nicht und an keinem anderen Ort dieser Welt. Niemals mehr und weil es nicht mehr deine ist. Diese Welt. So sehr ich das auch hoffte, dass irgendetwas von dir geblieben ist, dass ich dich hier spüren würde. Dass ich uns spüren würde, uns und wie das damals war, als wir wenigstens für ein paar Wochen, für einen Augenblick frei und glücklich waren.

 

You and i.

 

Wolken verdecken den Himmel über Dublin.

 

So, als wollte er sich verstecken. Als wollte er mir nicht wehtun, als wollte er mir verschweigen, dass nichts von dir übriggeblieben, nichts von uns übriggeblieben ist. Als wollte er mir nicht sagen, dass deine Spuren von damals längst verwischt sind, genauso wie dein Lachen und die Unbeschwertheit des Augenblicks. Damals und hier in Dublin. Wo ist es geblieben? Dieses neugierige Schlagen deines Herzens, wo ist sie geblieben, diese Sehnsucht und die Hoffnung? Dieses sehnsüchtige Hoffen, dieses Gefühl von Liebe, dieses Du und Ich. Dieses hoffende Gefühl, dass uns nichts trennen kann, dass es immer ein Wir geben wird.

 

Sie ist kalt, diese Nacht in Dublin.

 

So kalt und so gewiss wie die Erkenntnis, dass nichts mehr von dir geblieben ist, nichts von unserer Liebe und von dieser Nähe zwischen uns. Nichts mehr von unserem Lachen, nichts mehr von dieser Leichtigkeit unseres Tanzes, damals im Sommer und dort unten an den Ufern des Flusses dieser Stadt.

 

Nichts.

 

Nein, ich könnte endlos durch die Straßen dieser Stadt wandern, auf der Suche nach mir, auf der Suche nach dir. Nach uns. Ich werde nichts finden, nichts mehr von dir, nichts mehr von uns.

 

Weißt du noch, die Cliffs of Moher? Erinnerst du dich, wie wir zwei dort oben standen – erinnerst du dich an das Rauschen der Brandung, an unser Grinsen, weil sich dieses wilde Meer so sehr nach Freiheit anhörte, so sehr nach uns? Weißt du noch, wie wir uns damals angesehen haben, wie wir damals stundenlang dort oben saßen, ohne ein Wort und doch so voller wortloser Zärtlichkeit unserer tiefen Verbundenheit? Weißt du noch, wie wir dort oben saßen, wir zwei und mit dem schmerzlichen Wissen, dass es das letzte Mal sein würde, ein letztes Mal diese Wärme, diese Vertrautheit und dieses „Wir“ zwischen uns, weißt du noch?

 

So kalt und so dunkel, unter diesem Himmel.

 

Er wird mir auch nicht sagen, ob du angekommen bist. Ob du jetzt glücklich bist und ob du so etwas wie Frieden und Freiheit gefunden hast. Dieser Himmel über Dublin wird mir dein letztes Lächeln nicht zeigen, nichts von deinen Tränen und nichts von deinem letzten Blick, damals, als du deine Arme ausgebreitet hast, damals und dort oben auf den Klippen von Moher.

 

Noch ein einziges Mal wandere ich durch die einsamen Straßen dieser Stadt. Dieser Nacht in Dublin und voller Gedanken und Erinnerungen an dich. Und an uns und an das, was mal war. Noch ein letztes Mal schaue ich hinauf in die Weiten des Himmels über Dublin, noch ein Mal und mit der Erkenntnis, dass alles von dir in meinem Herzen, in meiner Seele bewahrt und verborgen ist und dass das die einzige Antwort auf all meine Fragen ist. Noch ein letztes Mal und mit der zarten Gewissheit, dass wir für immer miteinander tanzen werden, dort unten am Ufer des Flusses.

 

Unter dem Himmel über Dublin.



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