reimereien rund ums denken die den blick auf manches lenken

Gedicht zum Thema Gedanken

von  harzgebirgler

die crux bei „denk“anstössen ist
daß selbst ihr anstosser vergisst
der sich ungern am riemen reisst
zu fragen erst was denken heisst -

ein denker frug's und kam zum schluss
daß es der mensch noch lernen muss *
was selbstverständlich kaum wer glaubt
dem einbildung die einsicht raubt

und sich für irre denkend hält
als hätt' die weisheit er der welt
mit schaufeln schier gefressen -
kann man getrost vergessen!...

* Martin Heidegger, Was heißt Denken?
(„Das Bedenklichste in unserer bedenklichen Zeit ist,
daß wir noch nicht denken.“)

Hier der Link zum handsignierten Exemplar des Autors für Hannah (Arendt):
https://www.bard.edu/library/arendt/pdfs/Heidegger-WasHeisstDenken.pdf


*


WAS HABEN DIE DREI STERN'DEUTENDEN' WEISEN/R AUS DEM MORGENLAND MIT DEN 'DEUTSCHEN', DEM DICHTEN UND HÖLDERLIN ZU TUN? Ein etymologischer Denkanstoß


Herkunft von „deuten“:
mittelhochdeutsch und althochdeutsch diuten, um das Jahr 1000 thiuten,
ursprünglich im Sinn „dem Volk verständlich machen“, verwandt mit deutsch

„uns gebührt es, unter Gottes Gewittern,
Ihr Dichter! mit entblößtem Haupte zu stehen,
Des Vaters Strahl, ihn selbst, mit eigner Hand
Zu fassen und dem Volk ins Lied
Gehüllt die himmlische Gabe zu reichen
.“
(Hölderlin, Wie wenn am Feiertage)

„der Vater aber liebt,
Der über allen waltet,
Am meisten, daß gepfleget werde
Der feste Buchstab, und Bestehendes gut
Gedeutet. Dem folgt deutscher Gesang.
(Hölderlin, Patmos)

„was bleibet aber, stiften die Dichter“
(Hölderlin, Andenken)

*

konkurrenzneid ODER zwei denkmäler unter sich


zu nietzsches denkmal sprach jüngst das von kant:
„ich denke mal dass ich hier bereits stand
da war dein typ noch lange nicht geboren!“
„das finde ich schon reichlich unverfroren“

fuhr nietzsche seins ihm prompt über den mund
„denn weit bereits vor deinem ging's recht rund
zum beispiel durch den leibniz dessen bild
in stein rechts von dir steht ganz unverhüllt!“...

Friedrich Wilhelm Nietzsche ( * 15. Oktober 1844 in Röcken; † 25. August 1900 in Weimar)
Immanuel Kant (* 22. April 1724 in Königsberg, Preußen; † 12. Februar 1804 ebenda)
Gottfried Wilhelm Leibniz (* 21. Juni/ 1. Juli 1646 in Leipzig; † 14. November 1716 in Hannover)

*


denk' ich an deutschland denk' ich schlecht
zugleich an russland wo das recht
doch recht bizarre wege geht
und gern der macht zur seite steht
dem großen geld natürlich auch

ansonsten ist's mehr schall und rauch
was wer am eig'nen leib schnell spürt
der wie nawalny opponiert -
doch das war jetzt nur 'n kleiner schwenk
bevor ich gleich an deutschland denk'...


*


gedenken das mit dank sich paart
für wegweisender gegenwart
die lang zurückliegt doch bestimmt
wie mensch bis heut' was ist wahrnimmt

erscheint mir nötiger denn je
wenn ich so wichtigtuer seh'
denen an nichts mehr liegt als sich -
zumindest amüsiert es mich...


*


so köpfe gibt's die taugen nicht zum denken
wie beispielsweise ein zylinderkopf
der kann sich seinen selten auch verrenken
und trägt insgleichen sicher kaum je zopf

doch fällt selbst köpfen die gern hüte tragen
nebst zöpfen durchaus denken eher schwer
weil sie sich einfach ungern sozusagen
den kopf zerbrechen - oft wirkt der eh leer

ein kopfzerbrechen ist aber geboten
zum denken von gedanken deren gang
sich aufmacht wesensgründe auszuloten

was ohne bislang niemandem gelang
nein ohne sind die niemals zu erhellen
da kann wer quasi auf den kopf sich stellen...


*


cogito ergo sum


einst kam rené descartes ja auf den trichter
“ich denke also bin ich” und war dichter
dadurch am spruch von parmenides dran -
der sah denken und sein als selbig an

ein denken allerdings jemals des seins
an sich geschah indes bei beiden keins
was heidegger erst sehr viel später tat
und wegweisendes neuland mit betrat...

*

kant & und die klugscheißer


wenn könige bau'n haben kärrner zu tun *
es läßt sie der könige bauen nicht ruh'n
nein ruft auf den plan prompt ihr „kritisch“ geplärr
denn selbst so zu bauen gelingt ihnen schwer

drum mäkeln und meckern sie gern dran herum
und machen um sich bei ein brimborium
als würden sie dadurch auch königlich baun -
so kärrner sind eben stets leicht zu durchschaun!

*  "Wie doch ein einziger Reicher so viele Bettler in Nahrung setzt! Wenn die Könige baun, haben die Kärrner zu tun"
(Schiller über Kant in den "Xenien")

*

vernunft ist einfach nur erst mal "vernehmen"
und was der mensch vernimmt ist allerhand
führt seit jeher ja auch zu manch problemen

wie seinerzeit herr kant kritisch befand
für den es reine gab und nicht so reine
vernunft im hinblick stets auf sein und scheine...

*

kant nahm sich einst den gegenstand
mannhaft zur brust weil er längst fand
es geht doch an mitnichten
sich stets nach dem zu richten

er drehte drum glatt um den spieß *
was mächtig spuren hinterließ
im denken von der ganzen welt
selbst wenn ihr das ins aug’ kaum fällt...

* „Wenn die Anschauung sich nach der Beschaffenheit der Gegenstände richten müßte, so sehe ich nicht ein, wie man a priori von ihr etwas wissen könne; richtet sich aber der Gegenstand (als Objekt der Sinne) nach der Beschaffenheit unseres Anschauungsvermögens, so kann ich mir diese Möglichkeit ganz wohl vorstellen.“ (Kant, Kritik der reinen Vernunft, Vorrede zur 2. Auflage)

*

das tollste sind am denken die gedanken
die macht der mensch sich so etwas von gern
und selbst wenn die bisweil’n an schwachsinn kranken:
sie nicht zu machen sich liegt ihm voll fern...
 
...derweil singt franz "o waldeslust
dass du mich stets so packen musst
die bäume schlagen aus wie wild
es ist ein sagenhaftes bild

und auch bei mir schlägt getz was aus
am besten geh ich stracks nach haus
dann kann elfriede kontrollier’n
wohin so leibsausschläge führ’n!"...

*

es gibt das denken und es gibt gedanken
die nehmen dieses geben und geschick
von diesem ES - das gleichsam ohne schranken
sich nie verausgabt - staunend in den blick
und andachtsvoll angesichts seiner gaben
dank derer wir erst „welt“ genanntes haben...

*

> der denker <


welt des bloßen scheins entkleiden
mögen DENKER durchaus leiden
doch entblößen sich selbst selten
um als denkende zu gelten -

ganz anders in RODINien
da wachsen viel rosinien
die machen sich in köpfen breit
bis „cogito sum“ jede/r schreit..

*

der kakadu & kant


der kakadu der kakadu
der kakelt wirklich immerzu
und labert alle vögel voll
obwohl er das nach kant kaum soll
getreu dem leitsatz „was du nicht...
darauf leist’ selber auch verzicht!“

dem kakadu ist der nur fremd -
er kakelt weiter ungehemmt
des lebens froh im piepmatzland
wo eh kant gänzlich unbekannt -
bei ihm hat’s ihr gesang geschafft
in die „kritik der urteilskraft“*...

* „..der Gesang der Vögel, den wir unter keine musikalische Regel bringen können, scheint mehr Freiheit und darum mehr für den Geschmack zu enthalten als selbst ein menschlicher Gesang, der nach allen Regeln der Tonkunst geführt wird; weil man des letztern, wenn er oft und lange Zeit wiederholt wird, weit eher überdrüssig wird. Allein hier vertauschen wir vermutlich unsere Teilnehmung an der Lustigkeit eines kleinen beliebten Tierchens mit der Schönheit seines Gesanges, der, wenn er vom Menschen (wie es mit dem Schlagen der Nachtigall bisweilen geschieht) ganz genau nachgeahmt wird, unserem Ohre ganz geschmacklos zu sein dünkt.“

(Kant, Kritik der Urteilskraft)

***



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Kommentare zu diesem Text


 Tula (29.08.23, 20:49)
Hallo harzgebirgler
Schwere Kost, über all das mal richtig nachzudenken ...

Wie heißt es im Volkslied des 21. Jahrhunderts?

Durchs Netz quillt der Brei:
Jeder Schwachsinn ist frei!

Gedankenlose Grüße
Tula

 harzgebirgler meinte dazu am 30.08.23 um 10:46:
hallo Tula,

den kopf sich zu zerbrechen kann nicht schaden
weil wir längst schon gedachtes nur ausbaden
ohne im je auf den grund zu gehen
und darin noch kein verhängnis sehen.

kritische dankesgrüße
harzgebirgler
Agnete (66)
(29.08.23, 21:27)
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 harzgebirgler antwortete darauf am 30.08.23 um 11:06:
...es liegt auch wahrlich nicht so auf der hand
wie volkes unmut längst im deutschen vaterland.

lg mit herzlichem dank vom harzer
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