die betonung

Text

von  redangel

lag auf diesem gewöhnlichen unscheinbaren kleinen wort und machte ihren job.sie nahm es sich heraus, hob etwas hervor, ließ es mit ein paar kleinen handstrichen langsam größer werden. und das wort wurde unter dieser behandlung härter. es wurde fordernder, bestimmender und plötzlich stand es mitten im satz. es stand da, niemand konnte es übersehen. das wort wollte von der betonung vollste aufmerksamkeit. es suchte beachtung und es wollte in den mund genommen werden. das wort glaubte der betonung alles, was sie zu ihm sagte. die betonung war eine schöne worthure, grell geschminkt aufreizend angezogen, provozierend stand sie jeden tag an der ecke und bot sich an. sie bot sich jedem wort an, das vorrüber kam. dabei trug sie gerne etwas zu stark auf. sie sagte den worten, es wäre ihr gutes recht, mehr spass zu haben und groß dazustehen. sie schmeichelte ihnen mit heißen komplimenten. lobte die große aussagekraft der worte und ihre stärke. kurz und gut, die betonung hatte viel erfahrung, was worte anbetraf. sie drehte und wendete sich solange vor ihnen, bis sie schwach wurden und ihr folgten. sie wußte genau bescheid über die bestimmten worttypen und wie sie behandelt werden mußten. die betonung kannte ihre worte und wenn sie eines in den mund nahm, ob es nun ein schlimmes, schlechtes oder gutes wort war, die worte waren nach ihrer behandlung anders als vorher. kleine worte kamen groß heraus. große worte wurden kleingemacht, je nach dem was die betonung mit ihnen anstellte, wenn sie sich auf ihnen niederlies. die betonung hatte eine kurze zeitlang die macht über die worte, aber nur solange, wie sie sich mit ihr einließen. die betonung tat ungeniert, trug dazu bei, daß ein wort groß herauskam. was aus aus dem wort dann danach wurde
interessierte die betonung nicht mehr. da stand sie schon wieder unten und wartete auf den nächsten gewöhnlichen kleinen worttypen. die betonung war eine provokation für worte.
kein wort kam auf dauer an ihr vorbei. sie präsentierte sich derart aufreizend, daß die worte bei ihr reihenweise schwach wurden. hinterher bereuten sie es manchmal. dann wußten sie wie eine betonung ein wort verderben konnte. nehmen wir einmal einen ganz normalen satz ohne betonung. nehmen wir einen, nehmen wir dieses:
es war schon immer sehr schön mit dir.
der betonung gefiel auf anhieb das kleine schon. das schon erniedrigte gerne, machte andere klein. es war schon schön, aber nicht besonders schön dachte sich die betonung und lächelte geringschätzig. das gefiel ihm diesem wörtchen schon. doch nicht schon fertig, sagte die betonung und nahm das schon kurz einmal aus dem mund. es stört dich doch nicht, wenn ich mich gleichzeitig noch auf das immer setze, oder schon? während dessen lege ich hand an das sehr. schon immer sehr........., die betonung arbeitete eifrig und schön stand da und wußte nicht was es aus verlegenheit machen sollte. diese betonung, diese worthure verdarb gerade fast einen ganzen satz. das schön mit dir kam dabei zu kurz. die letzteren drei worte kamen sich immer schon viel zu sehr wichtig vor. schön mit dir, sagte die betonung und
betonte alle drei gleich. das klang irgendwie gleichgültig, fast lakonisch. plötzlich lachte die betonung böse auf. sie hatte gerade entdeckt, was sie mit diesem satz noch anstellen konnte. sie konnte ihn mit einem kleinen wörtchen so fertigmachen, daß es keine zweideutigen schlussfolgerungen mehr gab. die betonung legte sich mit voller kraft auf das wort war. es war genug für die betonung war es genug. sie machte nur ihre arbeit. das war stand groß da, kam groß heraus und dann war auf einmal schluss mit dem satz. die betonung hatte einen schlußsatz aus ihm gemacht. sie liebte ihre worte nicht, sie machte nur ihren job. wer hier wen ausnutzte, war die frage.ohne die betonung wären die worte alle gleichgültig,alle gleichwertig und die sätze eintönig und langweilig. deshalb wurde sie auch gebraucht von worten gebraucht, die betonung.

(c) redangel


Anmerkung von redangel:

die betonung ist wichtig

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