andi(e)stirnschlag

Kleinlichkeiten


Eine archivierte Kolumne von  AndreasG

Mittwoch, 16. November 2005, 18:19
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Boa ey

Letzten Samstag war ich wegen einer Schlange unterwegs. Aber nicht, um Schlange zu stehen, wie das an diesem Wochentag so gerne geschieht, sondern zu einer Schlange hin. Zu meiner Schlange sogar, - nein, nicht “meine“; ich bezahle nur das Futter für ein Jahr. Hmmm... – Auch nicht korrekt, denn das wurde in meinem Namen von Freunden gemacht.
Ach je ist das schwer, es ohne das Wort Tierpatenschaftsgeschenk auszudrücken.
Auf jeden Fall war am Samstag Patentag im Zoo. Mit Führung zu den Tieren und einem Sektempfang (hört sich doll an, ist aber mit Tetra-Pack-Orangensaft und Plastikbechern nicht sehr heimelig). Die Tierpflegerinnen gaben sich Mühe, so dass mir das Amazonas-Haus nicht so auf den Senkel ging wie sonst (tropische Temperaturen und Andreas gehören einfach nicht zusammen). Leider erfuhr ich aber nicht, für welche der drei Abgottschlangen (Boa constrictor) in meinem Namen Kopfsalat und Möhren gekauft werden (glaubt das jetzt wer?). Aber Kakao durfte gestreichelt werden. Schon einmal Kakao gestreichelt?
Wo ich bei Namen bin... Tolle Namen gibt es da, geradezu genial! – Wie wird wohl die durchsetzungskräftigste und aggressivste Schlange im Gehege heißen? – Na? – Natürlich “Schnuffel“. Wie auch sonst?
Noch besser gefällt mir die Verbindung von Paten zu “ihrer“ Tierart. Welches Tier wohl von Herrn Falke oder von Frau Schneegans ausgesucht wurde. Oder von der Familie Erdmann? – Und ob Frau Fleischer wirklich selber das Schwein gewählt hat?
Noch besser gefällt mir die Kombination von Berufen mit “bezeichnenden“ Tieren. Eine Firma für Kältetechnik etwa, die eine Kleinkolonie Pinguine sponsert oder eine Hebammenpraxis (welches Tier kommt wohl beim Thema Kinderkriegen in Frage?.). – Aber gerade hier fallen mir noch viele ungenutzte Möglichkeiten ein. Gürteltiere für Sattler, Baumkletterer für Gartenbauer, Piranhas für eine Versicherung, Kakadus für einen Sanitärausstatter, Flamingos für eine Flamenco-Schule...

Jetzt kommt bestimmt die Frage auf: warum Geld für Tiere ausgeben, wenn es so vielen Menschen schlecht geht? – Klar. Gute Frage.
Es liegt am System der Patenschaft, an dem Persönlichen daran. Nicht einfach nur in einen großen Topf spenden, sondern einen Bezug haben. Das wird bei Menschen bestimmt auch noch kommen, wenn unsere Politik so weiter macht. Keine Patenschaft für Kinder in Afrika, sondern hier in Deutschland. Den Kita-Platz für Käthe Müller bezahlen, die Heizkostennachzahlung für Peter Schmidt, die Medikamentenrechnung für Oma Schulz...
Dann werden auch kleine Messingschilder unter den Klingelschildern angebracht. So wie: “Im Jahr 2010 wurden die Tomaten für Herrn Hinz durch den Gemüsemarkt Kunz ermöglicht“.
Patentage gibt es dann bestimmt auch; mit Führung durch die Wohnung, Sektempfang und... na ja, bestimmt auch ANFASSEN. Man will ja einen persönlichen Bezug zu seinen Patenmenschen aufbauen, den Kontakt “begreifen“ und vielleicht auch “vertiefen“. Ein wenig Dankbarkeit kann man doch wohl erwarten, oder?

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 leorenita (17.11.05)
Hallo Andreas, es gibt bereits derartige Patenschaftsprojekte, auch für Kinder hier, nur auf die Idee mit den Schildchen haben sie bislang verzichtet. By the way, so eine Schlange fühlt sich, finde ich sehr gut an. Liebe Grüße, Regine

 Triton (18.11.05)
Hmm, ich übernehme eine Patenschaft für einen Schwarm Haie, und ich weiß auch schon wen ich als erstes verfüttere. Und genug , die als Nachschub geeignet sind. LG Triton
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